Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
nebst genauer Betrachtung der Aehren.
Die das Herz durchs Aug ergetzet, wird man bald darin gewahr,
Wie, durchs helle Sonnenlicht, es bald mehr, bald minder klar,
An verschiednen Stellen ist. Mehr und minder schön gemalet
Sind die Blätter, wenn das Licht an sie, oder durch sie stralet.
Erstre lassen Silber-grün; letztere nicht minder schön,
Durch das schon gefärbte Licht, fast ein güldnes Grün uns sehn.
Da denn ein, mit güldnen Fäden, durchgewirktes Stücke Sammt
Kaum in einem holdern Glanz, kaum in schönerm Grünen flammt.
Wann zu solcher Zeit im Korn, das wie grüne Wände stehet,
Man bedachtsam reitet, fährt, oder aus spatziren gehet:
Wird von uns, an einer Seite, da das güldne Sonnenlicht,
Durch der grünen Halm und Blätter zart Gewebe, stralt u. bricht,
Wie ein Grün, mit Gold gemischt, des Gefildes Fläche schmücket,
Und zur andern, Grün und Silber, im gemischten Glanz, er-
blicket;

Weil das Licht, nicht durch die Blätter, sondern an dieselben
stralt.

Hier scheint alles Grün und Silber, dorten Grün und Gold
gemalt.
Wie lieblich wallst du hin und her,
Dem Schöpfer der Natur zur Ehr,
Du sanft bewegtes Aehren-Meer!
Du spielst gelinde hin und wieder;
Du hebst und senkst dich auf und nieder,
Und wirst dadurch vom Segen schwer.

Wenn zumal die dichten Aehren etwan auf erhabnen Höhen,
Gegen die verklärte Luft, als auf hellem Grunde, stehen:
Siud sie, zwar wie Heeresspitzen, doch nicht schrecklich, anzusehen.
Das auf ungezählte Arten hier gebrochne Sonnenlicht,
Rühret billig, Gott zu Ehren, unsre Geister, durchs Gesicht.
Jn der jungen Aehren Spitzen, zeigt sich noch ein andrer Schein,
Denn
E 4
nebſt genauer Betrachtung der Aehren.
Die das Herz durchs Aug ergetzet, wird man bald darin gewahr,
Wie, durchs helle Sonnenlicht, es bald mehr, bald minder klar,
An verſchiednen Stellen iſt. Mehr und minder ſchoͤn gemalet
Sind die Blaͤtter, wenn das Licht an ſie, oder durch ſie ſtralet.
Erſtre laſſen Silber-gruͤn; letztere nicht minder ſchoͤn,
Durch das ſchon gefaͤrbte Licht, faſt ein guͤldnes Gruͤn uns ſehn.
Da denn ein, mit guͤldnen Faͤden, durchgewirktes Stuͤcke Sammt
Kaum in einem holdern Glanz, kaum in ſchoͤnerm Gruͤnen flammt.
Wann zu ſolcher Zeit im Korn, das wie gruͤne Waͤnde ſtehet,
Man bedachtſam reitet, faͤhrt, oder aus ſpatziren gehet:
Wird von uns, an einer Seite, da das guͤldne Sonnenlicht,
Durch der gruͤnen Halm und Blaͤtter zart Gewebe, ſtralt u. bricht,
Wie ein Gruͤn, mit Gold gemiſcht, des Gefildes Flaͤche ſchmuͤcket,
Und zur andern, Gruͤn und Silber, im gemiſchten Glanz, er-
blicket;

Weil das Licht, nicht durch die Blaͤtter, ſondern an dieſelben
ſtralt.

Hier ſcheint alles Gruͤn und Silber, dorten Gruͤn und Gold
gemalt.
Wie lieblich wallſt du hin und her,
Dem Schoͤpfer der Natur zur Ehr,
Du ſanft bewegtes Aehren-Meer!
Du ſpielſt gelinde hin und wieder;
Du hebſt und ſenkſt dich auf und nieder,
Und wirſt dadurch vom Segen ſchwer.

Wenn zumal die dichten Aehren etwan auf erhabnen Hoͤhen,
Gegen die verklaͤrte Luft, als auf hellem Grunde, ſtehen:
Siud ſie, zwar wie Heeresſpitzen, doch nicht ſchrecklich, anzuſehen.
Das auf ungezaͤhlte Arten hier gebrochne Sonnenlicht,
Ruͤhret billig, Gott zu Ehren, unſre Geiſter, durchs Geſicht.
Jn der jungen Aehren Spitzen, zeigt ſich noch ein andrer Schein,
Denn
E 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0095" n="71"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">neb&#x017F;t genauer Betrachtung der Aehren.</hi> </fw><lb/>
            <l>Die das Herz durchs Aug ergetzet, wird man bald darin gewahr,</l><lb/>
            <l>Wie, durchs helle Sonnenlicht, es bald mehr, bald minder klar,</l><lb/>
            <l>An ver&#x017F;chiednen Stellen i&#x017F;t. Mehr und minder &#x017F;cho&#x0364;n gemalet</l><lb/>
            <l>Sind die Bla&#x0364;tter, wenn das Licht an &#x017F;ie, oder durch &#x017F;ie &#x017F;tralet.</l><lb/>
            <l>Er&#x017F;tre la&#x017F;&#x017F;en Silber-gru&#x0364;n; letztere nicht minder &#x017F;cho&#x0364;n,</l><lb/>
            <l>Durch das &#x017F;chon gefa&#x0364;rbte Licht, fa&#x017F;t ein gu&#x0364;ldnes Gru&#x0364;n uns &#x017F;ehn.</l><lb/>
            <l>Da denn ein, mit gu&#x0364;ldnen Fa&#x0364;den, durchgewirktes Stu&#x0364;cke Sammt</l><lb/>
            <l>Kaum in einem holdern Glanz, kaum in &#x017F;cho&#x0364;nerm Gru&#x0364;nen flammt.</l><lb/>
            <l>Wann zu &#x017F;olcher Zeit im Korn, das wie gru&#x0364;ne Wa&#x0364;nde &#x017F;tehet,</l><lb/>
            <l>Man bedacht&#x017F;am reitet, fa&#x0364;hrt, oder aus &#x017F;patziren gehet:</l><lb/>
            <l>Wird von uns, an einer Seite, da das gu&#x0364;ldne Sonnenlicht,</l><lb/>
            <l>Durch der gru&#x0364;nen Halm und Bla&#x0364;tter zart Gewebe, &#x017F;tralt u. bricht,</l><lb/>
            <l>Wie ein Gru&#x0364;n, mit Gold gemi&#x017F;cht, des Gefildes Fla&#x0364;che &#x017F;chmu&#x0364;cket,</l><lb/>
            <l>Und zur andern, Gru&#x0364;n und Silber, im gemi&#x017F;chten Glanz, er-<lb/><hi rendition="#et">blicket;</hi></l><lb/>
            <l>Weil das Licht, nicht durch die Bla&#x0364;tter, &#x017F;ondern an die&#x017F;elben<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;tralt.</hi></l><lb/>
            <l>Hier &#x017F;cheint alles Gru&#x0364;n und Silber, dorten Gru&#x0364;n und Gold<lb/><hi rendition="#et">gemalt.<lb/><hi rendition="#fr">Wie lieblich wall&#x017F;t du hin und her,<lb/>
Dem Scho&#x0364;pfer der Natur zur Ehr,<lb/>
Du &#x017F;anft bewegtes Aehren-Meer!<lb/>
Du &#x017F;piel&#x017F;t gelinde hin und wieder;<lb/>
Du heb&#x017F;t und &#x017F;enk&#x017F;t dich auf und nieder,<lb/>
Und wir&#x017F;t dadurch vom Segen &#x017F;chwer.</hi></hi></l><lb/>
            <l>Wenn zumal die dichten Aehren etwan auf erhabnen Ho&#x0364;hen,</l><lb/>
            <l>Gegen die verkla&#x0364;rte Luft, als auf hellem Grunde, &#x017F;tehen:</l><lb/>
            <l>Siud &#x017F;ie, zwar wie Heeres&#x017F;pitzen, doch nicht &#x017F;chrecklich, anzu&#x017F;ehen.</l><lb/>
            <l>Das auf ungeza&#x0364;hlte Arten hier gebrochne Sonnenlicht,</l><lb/>
            <l>Ru&#x0364;hret billig, Gott zu Ehren, un&#x017F;re Gei&#x017F;ter, durchs Ge&#x017F;icht.</l><lb/>
            <l>Jn der jungen Aehren Spitzen, zeigt &#x017F;ich noch ein andrer Schein,</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">E 4</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Denn</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0095] nebſt genauer Betrachtung der Aehren. Die das Herz durchs Aug ergetzet, wird man bald darin gewahr, Wie, durchs helle Sonnenlicht, es bald mehr, bald minder klar, An verſchiednen Stellen iſt. Mehr und minder ſchoͤn gemalet Sind die Blaͤtter, wenn das Licht an ſie, oder durch ſie ſtralet. Erſtre laſſen Silber-gruͤn; letztere nicht minder ſchoͤn, Durch das ſchon gefaͤrbte Licht, faſt ein guͤldnes Gruͤn uns ſehn. Da denn ein, mit guͤldnen Faͤden, durchgewirktes Stuͤcke Sammt Kaum in einem holdern Glanz, kaum in ſchoͤnerm Gruͤnen flammt. Wann zu ſolcher Zeit im Korn, das wie gruͤne Waͤnde ſtehet, Man bedachtſam reitet, faͤhrt, oder aus ſpatziren gehet: Wird von uns, an einer Seite, da das guͤldne Sonnenlicht, Durch der gruͤnen Halm und Blaͤtter zart Gewebe, ſtralt u. bricht, Wie ein Gruͤn, mit Gold gemiſcht, des Gefildes Flaͤche ſchmuͤcket, Und zur andern, Gruͤn und Silber, im gemiſchten Glanz, er- blicket; Weil das Licht, nicht durch die Blaͤtter, ſondern an dieſelben ſtralt. Hier ſcheint alles Gruͤn und Silber, dorten Gruͤn und Gold gemalt. Wie lieblich wallſt du hin und her, Dem Schoͤpfer der Natur zur Ehr, Du ſanft bewegtes Aehren-Meer! Du ſpielſt gelinde hin und wieder; Du hebſt und ſenkſt dich auf und nieder, Und wirſt dadurch vom Segen ſchwer. Wenn zumal die dichten Aehren etwan auf erhabnen Hoͤhen, Gegen die verklaͤrte Luft, als auf hellem Grunde, ſtehen: Siud ſie, zwar wie Heeresſpitzen, doch nicht ſchrecklich, anzuſehen. Das auf ungezaͤhlte Arten hier gebrochne Sonnenlicht, Ruͤhret billig, Gott zu Ehren, unſre Geiſter, durchs Geſicht. Jn der jungen Aehren Spitzen, zeigt ſich noch ein andrer Schein, Denn E 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/95
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/95>, abgerufen am 23.11.2024.