Ein Wunderwerk, das nimmer gnug zu achten, zu bewun- dern ist, Und worinn man des Schöpfers Weisheit am überschweng- lichsten ermißt, Jst unsers Leibes und der Seele nie zu erforschender Ver- band; Je mehr man ihm sucht nachzuforschen, je mehr bleibt er uns unbekannt.
Ein jeder Theil, für sich betrachtet, hat nichts von allen Eigenschaften, Von keiner Wirkung, keiner Handlung, die an dem andern Theile haften, Und doch, da sie vereinet sind, wird, durch ein' unbekannte Macht, Die Wirkung, welche jeder fehlte, verwunderlich hervor- gebracht. Der Cörper reget und bewegt sich, so ist er von Natur bereitet, Und dennoch reget er sich nicht, wenn ihn die Seele nicht begleitet, Die sich doch nicht bewegen kann. Die Seele hat Empfindungen, so für Vergnüglichkeit als Pein, Die, sonder unsers Cörpers Beytrag, doch nicht von ihr empfunden seyn, Und doch besitzet sie kein Cörper. Die Seele sieht den Cörper an,
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Betrachtung der Seele.
Ein Wunderwerk, das nimmer gnug zu achten, zu bewun- dern iſt, Und worinn man des Schoͤpfers Weisheit am uͤberſchweng- lichſten ermißt, Jſt unſers Leibes und der Seele nie zu erforſchender Ver- band; Je mehr man ihm ſucht nachzuforſchen, je mehr bleibt er uns unbekannt.
Ein jeder Theil, fuͤr ſich betrachtet, hat nichts von allen Eigenſchaften, Von keiner Wirkung, keiner Handlung, die an dem andern Theile haften, Und doch, da ſie vereinet ſind, wird, durch ein’ unbekannte Macht, Die Wirkung, welche jeder fehlte, verwunderlich hervor- gebracht. Der Coͤrper reget und bewegt ſich, ſo iſt er von Natur bereitet, Und dennoch reget er ſich nicht, wenn ihn die Seele nicht begleitet, Die ſich doch nicht bewegen kann. Die Seele hat Empfindungen, ſo fuͤr Vergnuͤglichkeit als Pein, Die, ſonder unſers Coͤrpers Beytrag, doch nicht von ihr empfunden ſeyn, Und doch beſitzet ſie kein Coͤrper. Die Seele ſieht den Coͤrper an,
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Betrachtung der Seele.
Ein Wunderwerk, das nimmer gnug zu achten, zu bewun-
dern iſt,
Und worinn man des Schoͤpfers Weisheit am uͤberſchweng-
lichſten ermißt,
Jſt unſers Leibes und der Seele nie zu erforſchender Ver-
band;
Je mehr man ihm ſucht nachzuforſchen, je mehr bleibt er uns
unbekannt.
Ein jeder Theil, fuͤr ſich betrachtet, hat nichts von allen
Eigenſchaften,
Von keiner Wirkung, keiner Handlung, die an dem andern
Theile haften,
Und doch, da ſie vereinet ſind, wird, durch ein’ unbekannte
Macht,
Die Wirkung, welche jeder fehlte, verwunderlich hervor-
gebracht.
Der Coͤrper reget und bewegt ſich, ſo iſt er von Natur
bereitet,
Und dennoch reget er ſich nicht, wenn ihn die Seele nicht
begleitet,
Die ſich doch nicht bewegen kann.
Die Seele hat Empfindungen, ſo fuͤr Vergnuͤglichkeit
als Pein,
Die, ſonder unſers Coͤrpers Beytrag, doch nicht von ihr
empfunden ſeyn,
Und doch beſitzet ſie kein Coͤrper. Die Seele ſieht den Coͤrper
an,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/167>, abgerufen am 24.11.2024.
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