Die Wollen-reiche Zucht der Schafe, die uns so speisen als auch kleiden, Sind für die Gaben wohl zufrieden mit dem Genuß von unsern Weiden.
Wer ist, der dieses Wunder faßt, wie nemlich Gras die Thiere nähre, Wie sich sein bitt'rer strenger Saft in Fleisch und süsse Milch verkehre, Und wie es einem muntern Pferde so viele Stärk' und Kraft gewähre? Versuch es jemand und zerquetsche das Gras, filtrire, preß', zerdrücke, Ja koch' und distillir' es gar, ob sichs nur einst zur Suppe schicke, Die eßbar ist, da in den Eitern der Küh' es lieblich zuge- schickt Und wunderbar bereitet wird, daß es uns nähret und erquickt.
Mit diesem Wunder geht es nun so, wie es mit den meisten Werken Des liebreich-weisen Schöpfers geht, Daß wir darauf so wenig merken, Weil es, ohn unsre Sorge, Müh und Fleiß, ganz von sich selbst entsteht, Recht unter unsern Füssen wächst, da doch daran so viel gelegen, Da es ein unvermißlichs Gut und ein so wunderbarer Segen,
Daß,
Anhang zur Wieſe.
Die Wollen-reiche Zucht der Schafe, die uns ſo ſpeiſen als auch kleiden, Sind fuͤr die Gaben wohl zufrieden mit dem Genuß von unſern Weiden.
Wer iſt, der dieſes Wunder faßt, wie nemlich Gras die Thiere naͤhre, Wie ſich ſein bitt’rer ſtrenger Saft in Fleiſch und ſuͤſſe Milch verkehre, Und wie es einem muntern Pferde ſo viele Staͤrk’ und Kraft gewaͤhre? Verſuch es jemand und zerquetſche das Gras, filtrire, preß’, zerdruͤcke, Ja koch’ und diſtillir’ es gar, ob ſichs nur einſt zur Suppe ſchicke, Die eßbar iſt, da in den Eitern der Kuͤh’ es lieblich zuge- ſchickt Und wunderbar bereitet wird, daß es uns naͤhret und erquickt.
Mit dieſem Wunder geht es nun ſo, wie es mit den meiſten Werken Des liebreich-weiſen Schoͤpfers geht, Daß wir darauf ſo wenig merken, Weil es, ohn unſre Sorge, Muͤh und Fleiß, ganz von ſich ſelbſt entſteht, Recht unter unſern Fuͤſſen waͤchſt, da doch daran ſo viel gelegen, Da es ein unvermißlichs Gut und ein ſo wunderbarer Segen,
Daß,
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Anhang zur Wieſe.
Die Wollen-reiche Zucht der Schafe, die uns ſo ſpeiſen
als auch kleiden,
Sind fuͤr die Gaben wohl zufrieden mit dem Genuß von
unſern Weiden.
Wer iſt, der dieſes Wunder faßt, wie nemlich Gras die
Thiere naͤhre,
Wie ſich ſein bitt’rer ſtrenger Saft in Fleiſch und ſuͤſſe
Milch verkehre,
Und wie es einem muntern Pferde ſo viele Staͤrk’ und
Kraft gewaͤhre?
Verſuch es jemand und zerquetſche das Gras, filtrire,
preß’, zerdruͤcke,
Ja koch’ und diſtillir’ es gar, ob ſichs nur einſt zur Suppe
ſchicke,
Die eßbar iſt, da in den Eitern der Kuͤh’ es lieblich zuge-
ſchickt
Und wunderbar bereitet wird, daß es uns naͤhret und
erquickt.
Mit dieſem Wunder geht es nun ſo, wie es mit den
meiſten Werken
Des liebreich-weiſen Schoͤpfers geht,
Daß wir darauf ſo wenig merken,
Weil es, ohn unſre Sorge, Muͤh und Fleiß, ganz von
ſich ſelbſt entſteht,
Recht unter unſern Fuͤſſen waͤchſt, da doch daran ſo viel
gelegen,
Da es ein unvermißlichs Gut und ein ſo wunderbarer
Segen,
Daß,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/196>, abgerufen am 24.11.2024.
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