Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Geistige Copie der Welt.
Mein GOtt! da ich hier ganz allein (die Augen auf
die Welt gekehrt,
Die jetzt der Lenz beblühmet) sitze, auf alle Schönheit
Achtung gebe,
Die Himmel, Erd' und Wasser zeigen, worinn Dich alles
zeigt und ehrt,
Dich, HErr, bewundre, mich vergnüge, in meiner Lust
Dein Lob erhebe;
So deucht mich, daß nur diese Zeit die wahre Zeit sey,
die ich lebe.
Jch fühle Dich in meiner Lust, ich finde, daß ich Dich
entdecke
Jn allem, was ich höre, sehe, betracht', empfinde,
riech' und schmecke.
Jch finde, da sich meine Sinnen auf Dich, in Deinen
Werken, richten,
Da sich mein Geist, von andern Dingen entfernet, nur
mit Dir befaßt,
Jn einer Unschuld-vollen Stille, in einer rechten Seelen-
Rast,
Sich Dein, in Deinen Wundern, freuet; daß dieß die wah-
ren Menschen-Pflichten,
Zu welchen wir erschaffen, scheinen. HErr, laß, was mir
von dieser Welt,
Wenn ich sie als Dein Werk betrachte, so unausdrücklich
wohl gefällt,
Dir auch aus Gnaden wohl gefallen! So oft als sich in
meinem Geist
Dein grosses Werk verkleinert, weis't,
Als
Geiſtige Copie der Welt.
Mein GOtt! da ich hier ganz allein (die Augen auf
die Welt gekehrt,
Die jetzt der Lenz bebluͤhmet) ſitze, auf alle Schoͤnheit
Achtung gebe,
Die Himmel, Erd’ und Waſſer zeigen, worinn Dich alles
zeigt und ehrt,
Dich, HErr, bewundre, mich vergnuͤge, in meiner Luſt
Dein Lob erhebe;
So deucht mich, daß nur dieſe Zeit die wahre Zeit ſey,
die ich lebe.
Jch fuͤhle Dich in meiner Luſt, ich finde, daß ich Dich
entdecke
Jn allem, was ich hoͤre, ſehe, betracht’, empfinde,
riech’ und ſchmecke.
Jch finde, da ſich meine Sinnen auf Dich, in Deinen
Werken, richten,
Da ſich mein Geiſt, von andern Dingen entfernet, nur
mit Dir befaßt,
Jn einer Unſchuld-vollen Stille, in einer rechten Seelen-
Raſt,
Sich Dein, in Deinen Wundern, freuet; daß dieß die wah-
ren Menſchen-Pflichten,
Zu welchen wir erſchaffen, ſcheinen. HErr, laß, was mir
von dieſer Welt,
Wenn ich ſie als Dein Werk betrachte, ſo unausdruͤcklich
wohl gefaͤllt,
Dir auch aus Gnaden wohl gefallen! So oft als ſich in
meinem Geiſt
Dein groſſes Werk verkleinert, weiſ’t,
Als
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0210" n="192"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Gei&#x017F;tige Copie der Welt.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">M</hi>ein GOtt! da ich hier ganz allein (die Augen auf</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">die Welt gekehrt,</hi> </l><lb/>
                <l>Die jetzt der Lenz beblu&#x0364;hmet) &#x017F;itze, auf alle Scho&#x0364;nheit</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Achtung gebe,</hi> </l><lb/>
                <l>Die Himmel, Erd&#x2019; und Wa&#x017F;&#x017F;er zeigen, worinn Dich alles</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">zeigt und ehrt,</hi> </l><lb/>
                <l>Dich, HErr, bewundre, mich vergnu&#x0364;ge, in meiner Lu&#x017F;t</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Dein Lob erhebe;</hi> </l><lb/>
                <l>So deucht mich, daß nur die&#x017F;e Zeit die wahre Zeit &#x017F;ey,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">die ich lebe.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Jch fu&#x0364;hle Dich in meiner Lu&#x017F;t, ich finde, daß ich Dich</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">entdecke</hi> </l><lb/>
                <l>Jn allem, was ich <hi rendition="#fr">ho&#x0364;re, &#x017F;ehe, betracht&#x2019;, empfinde,</hi></l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">riech&#x2019;</hi> und <hi rendition="#fr">&#x017F;chmecke.</hi></hi> </l><lb/>
                <l>Jch finde, da &#x017F;ich meine Sinnen auf Dich, in Deinen</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Werken, richten,</hi> </l><lb/>
                <l>Da &#x017F;ich mein Gei&#x017F;t, von andern Dingen entfernet, nur</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">mit Dir befaßt,</hi> </l><lb/>
                <l>Jn einer Un&#x017F;chuld-vollen Stille, in einer rechten Seelen-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Ra&#x017F;t,</hi> </l><lb/>
                <l>Sich Dein, in Deinen Wundern, freuet; daß dieß die wah-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">ren Men&#x017F;chen-Pflichten,</hi> </l><lb/>
                <l>Zu welchen wir er&#x017F;chaffen, &#x017F;cheinen. HErr, laß, was mir</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">von die&#x017F;er Welt,</hi> </l><lb/>
                <l>Wenn ich &#x017F;ie als Dein Werk betrachte, &#x017F;o unausdru&#x0364;cklich</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">wohl gefa&#x0364;llt,</hi> </l><lb/>
                <l>Dir auch aus Gnaden wohl gefallen! So oft als &#x017F;ich in</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">meinem Gei&#x017F;t</hi> </l><lb/>
                <l>Dein gro&#x017F;&#x017F;es Werk verkleinert, wei&#x017F;&#x2019;t,</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Als</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0210] Geiſtige Copie der Welt. Mein GOtt! da ich hier ganz allein (die Augen auf die Welt gekehrt, Die jetzt der Lenz bebluͤhmet) ſitze, auf alle Schoͤnheit Achtung gebe, Die Himmel, Erd’ und Waſſer zeigen, worinn Dich alles zeigt und ehrt, Dich, HErr, bewundre, mich vergnuͤge, in meiner Luſt Dein Lob erhebe; So deucht mich, daß nur dieſe Zeit die wahre Zeit ſey, die ich lebe. Jch fuͤhle Dich in meiner Luſt, ich finde, daß ich Dich entdecke Jn allem, was ich hoͤre, ſehe, betracht’, empfinde, riech’ und ſchmecke. Jch finde, da ſich meine Sinnen auf Dich, in Deinen Werken, richten, Da ſich mein Geiſt, von andern Dingen entfernet, nur mit Dir befaßt, Jn einer Unſchuld-vollen Stille, in einer rechten Seelen- Raſt, Sich Dein, in Deinen Wundern, freuet; daß dieß die wah- ren Menſchen-Pflichten, Zu welchen wir erſchaffen, ſcheinen. HErr, laß, was mir von dieſer Welt, Wenn ich ſie als Dein Werk betrachte, ſo unausdruͤcklich wohl gefaͤllt, Dir auch aus Gnaden wohl gefallen! So oft als ſich in meinem Geiſt Dein groſſes Werk verkleinert, weiſ’t, Als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/210
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/210>, abgerufen am 24.11.2024.