Hier beugt sich einer, wenn sich dort ein andrer Zweig hin- gegen hebt. Wie geht dieß zu? Jst denn der Baum Bewegung fähig, und belebt? Ach nein. Der Klang, ein zwitschernd Gurgeln, von Tönen ein gepreßt Gedränge, Entdeckt die Quelle der Bewegung, verräht die Ursach: Eine Menge Verliebter Vögel füllt den Baum. Springt einer hier von seinem Zweige, So hebt der Zweig, den er entlastet, sich in die Höh. Ein andrer biegt Sich plötzlich abwerts, wenn auf ihn der kleine muntre Vogel fliegt. Ja, wenn auf einigen zuweilen, voll süssen Feuers, manches Paar Der holden Liebe Triebe folgt; wird man ein schütterndes Bewegen, Auch wenn verschiedne scherzend kämpfen, ein auch nicht minder heftigs Regen, So, daß die zarten Blätter zittern, fast selbst dadurch bewegt, gewahr.
An aller Pracht der zierlichen und holden Bäume, die so schön, Verwandt ich ernstlich Blick und Denken. Wie ich sie lange nun gesehn, Und ihren Wuchs und Schmuck bewundert; empfand ich einen regen Trieb, Die Schönheit andern auch zu zeigen. Da ich denn folgends niederschrieb:
Der
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Betrachtungen uͤber Baͤume im Fruͤhling.
Hier beugt ſich einer, wenn ſich dort ein andrer Zweig hin- gegen hebt. Wie geht dieß zu? Jſt denn der Baum Bewegung faͤhig, und belebt? Ach nein. Der Klang, ein zwitſchernd Gurgeln, von Toͤnen ein gepreßt Gedraͤnge, Entdeckt die Quelle der Bewegung, verraͤht die Urſach: Eine Menge Verliebter Voͤgel fuͤllt den Baum. Springt einer hier von ſeinem Zweige, So hebt der Zweig, den er entlaſtet, ſich in die Hoͤh. Ein andrer biegt Sich ploͤtzlich abwerts, wenn auf ihn der kleine muntre Vogel fliegt. Ja, wenn auf einigen zuweilen, voll ſuͤſſen Feuers, manches Paar Der holden Liebe Triebe folgt; wird man ein ſchuͤtterndes Bewegen, Auch wenn verſchiedne ſcherzend kaͤmpfen, ein auch nicht minder heftigs Regen, So, daß die zarten Blaͤtter zittern, faſt ſelbſt dadurch bewegt, gewahr.
An aller Pracht der zierlichen und holden Baͤume, die ſo ſchoͤn, Verwandt ich ernſtlich Blick und Denken. Wie ich ſie lange nun geſehn, Und ihren Wuchs und Schmuck bewundert; empfand ich einen regen Trieb, Die Schoͤnheit andern auch zu zeigen. Da ich denn folgends niederſchrieb:
Der
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Betrachtungen uͤber Baͤume im Fruͤhling.
Hier beugt ſich einer, wenn ſich dort ein andrer Zweig hin-
gegen hebt.
Wie geht dieß zu? Jſt denn der Baum Bewegung faͤhig, und
belebt?
Ach nein. Der Klang, ein zwitſchernd Gurgeln, von Toͤnen
ein gepreßt Gedraͤnge,
Entdeckt die Quelle der Bewegung, verraͤht die Urſach:
Eine Menge
Verliebter Voͤgel fuͤllt den Baum. Springt einer hier von
ſeinem Zweige,
So hebt der Zweig, den er entlaſtet, ſich in die Hoͤh. Ein
andrer biegt
Sich ploͤtzlich abwerts, wenn auf ihn der kleine muntre Vogel
fliegt.
Ja, wenn auf einigen zuweilen, voll ſuͤſſen Feuers, manches
Paar
Der holden Liebe Triebe folgt; wird man ein ſchuͤtterndes
Bewegen,
Auch wenn verſchiedne ſcherzend kaͤmpfen, ein auch nicht
minder heftigs Regen,
So, daß die zarten Blaͤtter zittern, faſt ſelbſt dadurch bewegt,
gewahr.
An aller Pracht der zierlichen und holden Baͤume, die ſo
ſchoͤn,
Verwandt ich ernſtlich Blick und Denken. Wie ich ſie lange
nun geſehn,
Und ihren Wuchs und Schmuck bewundert; empfand ich
einen regen Trieb,
Die Schoͤnheit andern auch zu zeigen. Da ich denn folgends
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/213>, abgerufen am 24.11.2024.
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