Wie schön man aber die Natur im selben Augenblick verspührt, Befinden wir uns doch noch mehr, als durch das, was man sieht, gerührt, Durch das, so sie uns hoffen läßt. Man merkt durch das stets stärkre Licht, Daß uns die schöne Morgen-Röhte noch etwas herrlichers verspricht. Sie scheint ein Mittelpunct des Lichts, das, da es Stuffen- weis' sich stärket, Verursacht, daß man einen Ursprung, der noch verbor- gen ist, bemerket. Es fügt ein jeder Augenblick noch etwas dem vergangnen bey; Wir gehn von einem Licht zum andern, und sehn, wie es stets schöner sey.
Wir wünschen, dieses schöne Licht, wovon der Anfang schon so schön, Uns nach der Quelle selber sehnend, in seinem vollen Glanz, zu sehn. Der Anfang dieser Herrlichkeit, wovon wir etwas schon empfangen, Vermehrt, nach ihrem wahren Ursprung, ein gleichsam seufzendes Verlangen. Es ist ein Augenblick gesetzt, zu seinem Regel-rechten Lauf, Der Augenblick ist nicht mehr fern, doch wartet man an- noch darauf.
Nunmehro weis't uns die Natur das Herrlichste, was sie besitzet, Die Sonne selber zeiget sich. Ein Strahl, der auf den Bergen blitzet,
Die
7 Theil. O
Die Morgen-Roͤhte.
Wie ſchoͤn man aber die Natur im ſelben Augenblick verſpuͤhrt, Befinden wir uns doch noch mehr, als durch das, was man ſieht, geruͤhrt, Durch das, ſo ſie uns hoffen laͤßt. Man merkt durch das ſtets ſtaͤrkre Licht, Daß uns die ſchoͤne Morgen-Roͤhte noch etwas herrlichers verſpricht. Sie ſcheint ein Mittelpunct des Lichts, das, da es Stuffen- weiſ’ ſich ſtaͤrket, Verurſacht, daß man einen Urſprung, der noch verbor- gen iſt, bemerket. Es fuͤgt ein jeder Augenblick noch etwas dem vergangnen bey; Wir gehn von einem Licht zum andern, und ſehn, wie es ſtets ſchoͤner ſey.
Wir wuͤnſchen, dieſes ſchoͤne Licht, wovon der Anfang ſchon ſo ſchoͤn, Uns nach der Quelle ſelber ſehnend, in ſeinem vollen Glanz, zu ſehn. Der Anfang dieſer Herrlichkeit, wovon wir etwas ſchon empfangen, Vermehrt, nach ihrem wahren Urſprung, ein gleichſam ſeufzendes Verlangen. Es iſt ein Augenblick geſetzt, zu ſeinem Regel-rechten Lauf, Der Augenblick iſt nicht mehr fern, doch wartet man an- noch darauf.
Nunmehro weiſ’t uns die Natur das Herrlichſte, was ſie beſitzet, Die Sonne ſelber zeiget ſich. Ein Strahl, der auf den Bergen blitzet,
Die
7 Theil. O
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Die Morgen-Roͤhte.
Wie ſchoͤn man aber die Natur im ſelben Augenblick
verſpuͤhrt,
Befinden wir uns doch noch mehr, als durch das, was
man ſieht, geruͤhrt,
Durch das, ſo ſie uns hoffen laͤßt. Man merkt durch
das ſtets ſtaͤrkre Licht,
Daß uns die ſchoͤne Morgen-Roͤhte noch etwas herrlichers
verſpricht.
Sie ſcheint ein Mittelpunct des Lichts, das, da es Stuffen-
weiſ’ ſich ſtaͤrket,
Verurſacht, daß man einen Urſprung, der noch verbor-
gen iſt, bemerket.
Es fuͤgt ein jeder Augenblick noch etwas dem vergangnen
bey;
Wir gehn von einem Licht zum andern, und ſehn, wie es
ſtets ſchoͤner ſey.
Wir wuͤnſchen, dieſes ſchoͤne Licht, wovon der Anfang
ſchon ſo ſchoͤn,
Uns nach der Quelle ſelber ſehnend, in ſeinem vollen Glanz,
zu ſehn.
Der Anfang dieſer Herrlichkeit, wovon wir etwas ſchon
empfangen,
Vermehrt, nach ihrem wahren Urſprung, ein gleichſam
ſeufzendes Verlangen.
Es iſt ein Augenblick geſetzt, zu ſeinem Regel-rechten Lauf,
Der Augenblick iſt nicht mehr fern, doch wartet man an-
noch darauf.
Nunmehro weiſ’t uns die Natur das Herrlichſte, was
ſie beſitzet,
Die Sonne ſelber zeiget ſich. Ein Strahl, der auf den
Bergen blitzet,
Die
7 Theil. O
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/227>, abgerufen am 24.11.2024.
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