Komm, Seele, brauche deine Kräfte zu deines Schöpfers Preis und Ehre! Erwege, was dazu gehöre! Damit, zu unserer Erhaltung, Lust und Freude, Das uns ernährende, vergnügende Getrayde Geraht' und brauchbar sey.
Wie viel, wie viel, wie vielerley An Witterung, an Segen und an Fleiß, So, daß kein Menschen-Witz es zu ergrübeln weiß, Gehört dazu! Ach, laßt es uns betrachten, Und in der Gabe Größ' und Wehrt Die Grösse Deß, Der sie beschehrt, Mit Dank und mit Bewundrung achten!
Wenn dir zu deinem Unterhalt das allernöhtigste gebräche, Und jemand dir sodann verspräche, Er wolle dich die ganze Lebens-Zeit Mit Ueberfluß, Bequemlichkeit Und mannigfacher Lust ernähren; Würd' einen solchen nicht dein Geist, Nach allen Kräften, loben, ehren, Und ihm den schuld'gen Dank gewähren? Wie kommt es denn, daß Gott nicht wird gepreist, Der dich wahrhaftig in der That, So wie Er dich bisher gespeiset hat, Dich im Getrayde stetig speiset. Sprich nicht: Will ich Getrayde haben, Muß ich mirs saur gnug, aus meinem Land' ergraben. Sprich gleichfalls nicht: Die Frucht vom Felde Bezahl' ich ja mit meinem Gelde, Und so wird mir ja nichts geschenkt. Ach nein! unglücklich irrt, wer also denkt.
Du
Sommer-Betrachtungen.
Komm, Seele, brauche deine Kraͤfte zu deines Schoͤpfers Preis und Ehre! Erwege, was dazu gehoͤre! Damit, zu unſerer Erhaltung, Luſt und Freude, Das uns ernaͤhrende, vergnuͤgende Getrayde Geraht’ und brauchbar ſey.
Wie viel, wie viel, wie vielerley An Witterung, an Segen und an Fleiß, So, daß kein Menſchen-Witz es zu ergruͤbeln weiß, Gehoͤrt dazu! Ach, laßt es uns betrachten, Und in der Gabe Groͤß’ und Wehrt Die Groͤſſe Deß, Der ſie beſchehrt, Mit Dank und mit Bewundrung achten!
Wenn dir zu deinem Unterhalt das allernoͤhtigſte gebraͤche, Und jemand dir ſodann verſpraͤche, Er wolle dich die ganze Lebens-Zeit Mit Ueberfluß, Bequemlichkeit Und mannigfacher Luſt ernaͤhren; Wuͤrd’ einen ſolchen nicht dein Geiſt, Nach allen Kraͤften, loben, ehren, Und ihm den ſchuld’gen Dank gewaͤhren? Wie kommt es denn, daß Gott nicht wird gepreiſt, Der dich wahrhaftig in der That, So wie Er dich bisher geſpeiſet hat, Dich im Getrayde ſtetig ſpeiſet. Sprich nicht: Will ich Getrayde haben, Muß ich mirs ſaur gnug, aus meinem Land’ ergraben. Sprich gleichfalls nicht: Die Frucht vom Felde Bezahl’ ich ja mit meinem Gelde, Und ſo wird mir ja nichts geſchenkt. Ach nein! ungluͤcklich irrt, wer alſo denkt.
Du
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Sommer-Betrachtungen.
Komm, Seele, brauche deine Kraͤfte zu deines Schoͤpfers
Preis und Ehre!
Erwege, was dazu gehoͤre!
Damit, zu unſerer Erhaltung, Luſt und Freude,
Das uns ernaͤhrende, vergnuͤgende Getrayde
Geraht’ und brauchbar ſey.
Wie viel, wie viel, wie vielerley
An Witterung, an Segen und an Fleiß,
So, daß kein Menſchen-Witz es zu ergruͤbeln weiß,
Gehoͤrt dazu! Ach, laßt es uns betrachten,
Und in der Gabe Groͤß’ und Wehrt
Die Groͤſſe Deß, Der ſie beſchehrt,
Mit Dank und mit Bewundrung achten!
Wenn dir zu deinem Unterhalt das allernoͤhtigſte gebraͤche,
Und jemand dir ſodann verſpraͤche,
Er wolle dich die ganze Lebens-Zeit
Mit Ueberfluß, Bequemlichkeit
Und mannigfacher Luſt ernaͤhren;
Wuͤrd’ einen ſolchen nicht dein Geiſt,
Nach allen Kraͤften, loben, ehren,
Und ihm den ſchuld’gen Dank gewaͤhren?
Wie kommt es denn, daß Gott nicht wird gepreiſt,
Der dich wahrhaftig in der That,
So wie Er dich bisher geſpeiſet hat,
Dich im Getrayde ſtetig ſpeiſet.
Sprich nicht: Will ich Getrayde haben,
Muß ich mirs ſaur gnug, aus meinem Land’ ergraben.
Sprich gleichfalls nicht: Die Frucht vom Felde
Bezahl’ ich ja mit meinem Gelde,
Und ſo wird mir ja nichts geſchenkt.
Ach nein! ungluͤcklich irrt, wer alſo denkt.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/288>, abgerufen am 24.11.2024.
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