Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.Eine neue Betrachtung Daß die Verwandelung, wie man vermeynt, nicht Statt Bey unsern Raupen hat, Nein, daß der Dattel-Kern schon in der Raupe stecke, Auch daß der Dattel-Kern den Sommer-Vogel decke, So, daß wir Dattel-Kern und Raupe können Vom Sommer-Vögelchen, mit Recht, zwo Masken nennen. Was er geschrieben hat, ist überzeuglich klar, Erweislich, deutlich, offenbar. Jch stimmte, überzeugt, desselben Schlüssen bey, Und fügte noch dazu, daß dergestalt das Ey Das erste Futteral, darauf der Raupen Haut Das andere, und die Schaal', so man am Püpchen schaut, Vom Sommer-Vögelchen, das dritte sey. Zuletzt hab' ich bey ihm die Meynung noch geseh'n, Daß Schmetterling', eh' sie entsteh'n, Gar dreymahl erst gebohren werden müssen. Man findet gar in seinen klugen Schlüssen, Daß auch die Raupe selbst, als wie ein' Art von Ey, Nicht ohne Grund, zu nehmen sey, Jn welchem, weil sein Ey selbst lebt, Das Thierchen sich zu mehrer Kraft erhebt, Und vollenkommner wird, wie denn der Schmetterling, Noch eh' er aus dem Kerker ging, Schon seine Gröss' erreicht, zu welcher er bestimmt. Um diesem Satz gemählich nah' zu kommen, Hat er an Eyerchen der Ameis' wahrgenommen, Daß sie gewisse Werkzeug' hegen, Und mit den Jungen stets zu wachsen pflegen. Fehlt' einem solchen Ey es nicht nur bloß an Füssen, So würde man sie selbst für Raupen nehmen müssen. Jch
Eine neue Betrachtung Daß die Verwandelung, wie man vermeynt, nicht Statt Bey unſern Raupen hat, Nein, daß der Dattel-Kern ſchon in der Raupe ſtecke, Auch daß der Dattel-Kern den Sommer-Vogel decke, So, daß wir Dattel-Kern und Raupe koͤnnen Vom Sommer-Voͤgelchen, mit Recht, zwo Masken nennen. Was er geſchrieben hat, iſt uͤberzeuglich klar, Erweislich, deutlich, offenbar. Jch ſtimmte, uͤberzeugt, deſſelben Schluͤſſen bey, Und fuͤgte noch dazu, daß dergeſtalt das Ey Das erſte Futteral, darauf der Raupen Haut Das andere, und die Schaal’, ſo man am Puͤpchen ſchaut, Vom Sommer-Voͤgelchen, das dritte ſey. Zuletzt hab’ ich bey ihm die Meynung noch geſeh’n, Daß Schmetterling’, eh’ ſie entſteh’n, Gar dreymahl erſt gebohren werden muͤſſen. Man findet gar in ſeinen klugen Schluͤſſen, Daß auch die Raupe ſelbſt, als wie ein’ Art von Ey, Nicht ohne Grund, zu nehmen ſey, Jn welchem, weil ſein Ey ſelbſt lebt, Das Thierchen ſich zu mehrer Kraft erhebt, Und vollenkommner wird, wie denn der Schmetterling, Noch eh’ er aus dem Kerker ging, Schon ſeine Groͤſſ’ erreicht, zu welcher er beſtimmt. Um dieſem Satz gemaͤhlich nah’ zu kommen, Hat er an Eyerchen der Ameiſ’ wahrgenommen, Daß ſie gewiſſe Werkzeug’ hegen, Und mit den Jungen ſtets zu wachſen pflegen. Fehlt’ einem ſolchen Ey es nicht nur bloß an Fuͤſſen, So wuͤrde man ſie ſelbſt fuͤr Raupen nehmen muͤſſen. Jch
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0356" n="338"/> <fw place="top" type="header">Eine neue Betrachtung</fw><lb/> <lg n="12"> <l>Daß die Verwandelung, wie man vermeynt, nicht Statt</l><lb/> <l>Bey unſern Raupen hat,</l><lb/> <l>Nein, daß der Dattel-Kern ſchon in der Raupe ſtecke,</l><lb/> <l>Auch daß der Dattel-Kern den Sommer-Vogel decke,</l><lb/> <l>So, daß wir <hi rendition="#fr">Dattel-Kern</hi> und <hi rendition="#fr">Raupe</hi> koͤnnen</l><lb/> <l>Vom <hi rendition="#fr">Sommer-Voͤgelchen,</hi> mit Recht, zwo Masken</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">nennen.</hi> </l><lb/> <l>Was er geſchrieben hat, iſt uͤberzeuglich klar,</l><lb/> <l>Erweislich, deutlich, offenbar.</l><lb/> <l>Jch ſtimmte, uͤberzeugt, deſſelben Schluͤſſen bey,</l><lb/> <l>Und fuͤgte noch dazu, daß dergeſtalt das Ey</l><lb/> <l>Das erſte Futteral, darauf der Raupen Haut</l><lb/> <l>Das andere, und die Schaal’, ſo man am Puͤpchen ſchaut,</l><lb/> <l>Vom Sommer-Voͤgelchen, das dritte ſey.</l><lb/> <l>Zuletzt hab’ ich bey ihm die Meynung noch geſeh’n,</l><lb/> <l>Daß Schmetterling’, eh’ ſie entſteh’n,</l><lb/> <l>Gar dreymahl erſt gebohren werden muͤſſen.</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>Man findet gar in ſeinen klugen Schluͤſſen,</l><lb/> <l>Daß auch die Raupe ſelbſt, als wie ein’ Art von Ey,</l><lb/> <l>Nicht ohne Grund, zu nehmen ſey,</l><lb/> <l>Jn welchem, weil ſein Ey ſelbſt lebt,</l><lb/> <l>Das Thierchen ſich zu mehrer Kraft erhebt,</l><lb/> <l>Und vollenkommner wird, wie denn der Schmetterling,</l><lb/> <l>Noch eh’ er aus dem Kerker ging,</l><lb/> <l>Schon ſeine Groͤſſ’ erreicht, zu welcher er beſtimmt.</l> </lg><lb/> <lg n="14"> <l>Um dieſem Satz gemaͤhlich nah’ zu kommen,</l><lb/> <l>Hat er an Eyerchen der Ameiſ’ wahrgenommen,</l><lb/> <l>Daß ſie gewiſſe Werkzeug’ hegen,</l><lb/> <l>Und mit den Jungen ſtets zu wachſen pflegen.</l><lb/> <l>Fehlt’ einem ſolchen Ey es nicht nur bloß an Fuͤſſen,</l><lb/> <l>So wuͤrde man ſie ſelbſt fuͤr Raupen nehmen muͤſſen.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [338/0356]
Eine neue Betrachtung
Daß die Verwandelung, wie man vermeynt, nicht Statt
Bey unſern Raupen hat,
Nein, daß der Dattel-Kern ſchon in der Raupe ſtecke,
Auch daß der Dattel-Kern den Sommer-Vogel decke,
So, daß wir Dattel-Kern und Raupe koͤnnen
Vom Sommer-Voͤgelchen, mit Recht, zwo Masken
nennen.
Was er geſchrieben hat, iſt uͤberzeuglich klar,
Erweislich, deutlich, offenbar.
Jch ſtimmte, uͤberzeugt, deſſelben Schluͤſſen bey,
Und fuͤgte noch dazu, daß dergeſtalt das Ey
Das erſte Futteral, darauf der Raupen Haut
Das andere, und die Schaal’, ſo man am Puͤpchen ſchaut,
Vom Sommer-Voͤgelchen, das dritte ſey.
Zuletzt hab’ ich bey ihm die Meynung noch geſeh’n,
Daß Schmetterling’, eh’ ſie entſteh’n,
Gar dreymahl erſt gebohren werden muͤſſen.
Man findet gar in ſeinen klugen Schluͤſſen,
Daß auch die Raupe ſelbſt, als wie ein’ Art von Ey,
Nicht ohne Grund, zu nehmen ſey,
Jn welchem, weil ſein Ey ſelbſt lebt,
Das Thierchen ſich zu mehrer Kraft erhebt,
Und vollenkommner wird, wie denn der Schmetterling,
Noch eh’ er aus dem Kerker ging,
Schon ſeine Groͤſſ’ erreicht, zu welcher er beſtimmt.
Um dieſem Satz gemaͤhlich nah’ zu kommen,
Hat er an Eyerchen der Ameiſ’ wahrgenommen,
Daß ſie gewiſſe Werkzeug’ hegen,
Und mit den Jungen ſtets zu wachſen pflegen.
Fehlt’ einem ſolchen Ey es nicht nur bloß an Fuͤſſen,
So wuͤrde man ſie ſelbſt fuͤr Raupen nehmen muͤſſen.
Jch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |