Wiederholt hinaufzudringen, Schnell, vor innigem Vergnügen, Lächerlich den Rücken biegen, Und auf allen Vieren springen.
Wie glänzt, zu unsrer Augen Weide, Das jetzt den Frost besiegende Getrayde! Wie breitet es sich aus! Man kann es gleichsam sehn, Wie Blätter, Halmen und das Kraut So in die Höh, als aus einander, gehn, Es wird ohn Anmuht nicht geschaut, Wenn sich die langen Blätter biegen, Da sie so glatt, wie kleine Blitze, Auf ihren glatten Bögen liegen; Wozwischen denn so manche Spitze, Die annoch aufwerts steht und steiget, Nicht minder angenehm sich zeiget. Wenn man die Saat im Strahl der Sonnen sieht, So läßt es einem achtsamen Gemüht, Als stünd' es hie und da voll weisser Blüht, Es schien dadurch mit heller Lieblichkeit Der Felder grün Gewand mit Silber überstreut, Und gleichsam reich durchwirkt, wodurch es anzusehn, Als wie ein Drap d'Argent so schön. Jetzt brauset recht die frische Saat, Die, wie ein grüner Sammt, das Feld bedecket hat; Doch nein, es kann kein Sammt der grünen Schönheit gleichen, Ja selber ein Smaragd muß ihrer Farbe weichen. Dieß Grün'scheint keine Farb', es scheint ein grüner Schein, Und gar kein irdisches, ein himmlisch Grün zu seyn,
Fast
Fruͤhlings-Gedicht.
Wiederholt hinaufzudringen, Schnell, vor innigem Vergnuͤgen, Laͤcherlich den Ruͤcken biegen, Und auf allen Vieren ſpringen.
Wie glaͤnzt, zu unſrer Augen Weide, Das jetzt den Froſt beſiegende Getrayde! Wie breitet es ſich aus! Man kann es gleichſam ſehn, Wie Blaͤtter, Halmen und das Kraut So in die Hoͤh, als aus einander, gehn, Es wird ohn Anmuht nicht geſchaut, Wenn ſich die langen Blaͤtter biegen, Da ſie ſo glatt, wie kleine Blitze, Auf ihren glatten Boͤgen liegen; Wozwiſchen denn ſo manche Spitze, Die annoch aufwerts ſteht und ſteiget, Nicht minder angenehm ſich zeiget. Wenn man die Saat im Strahl der Sonnen ſieht, So laͤßt es einem achtſamen Gemuͤht, Als ſtuͤnd’ es hie und da voll weiſſer Bluͤht, Es ſchien dadurch mit heller Lieblichkeit Der Felder gruͤn Gewand mit Silber uͤberſtreut, Und gleichſam reich durchwirkt, wodurch es anzuſehn, Als wie ein Drap d’Argent ſo ſchoͤn. Jetzt brauſet recht die friſche Saat, Die, wie ein gruͤner Sammt, das Feld bedecket hat; Doch nein, es kann kein Sammt der gruͤnen Schoͤnheit gleichen, Ja ſelber ein Smaragd muß ihrer Farbe weichen. Dieß Gruͤn’ſcheint keine Farb’, es ſcheint ein gruͤner Schein, Und gar kein irdiſches, ein himmliſch Gruͤn zu ſeyn,
Faſt
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Fruͤhlings-Gedicht.
Wiederholt hinaufzudringen,
Schnell, vor innigem Vergnuͤgen,
Laͤcherlich den Ruͤcken biegen,
Und auf allen Vieren ſpringen.
Wie glaͤnzt, zu unſrer Augen Weide,
Das jetzt den Froſt beſiegende Getrayde!
Wie breitet es ſich aus! Man kann es gleichſam ſehn,
Wie Blaͤtter, Halmen und das Kraut
So in die Hoͤh, als aus einander, gehn,
Es wird ohn Anmuht nicht geſchaut,
Wenn ſich die langen Blaͤtter biegen,
Da ſie ſo glatt, wie kleine Blitze,
Auf ihren glatten Boͤgen liegen;
Wozwiſchen denn ſo manche Spitze,
Die annoch aufwerts ſteht und ſteiget,
Nicht minder angenehm ſich zeiget.
Wenn man die Saat im Strahl der Sonnen ſieht,
So laͤßt es einem achtſamen Gemuͤht,
Als ſtuͤnd’ es hie und da voll weiſſer Bluͤht,
Es ſchien dadurch mit heller Lieblichkeit
Der Felder gruͤn Gewand mit Silber uͤberſtreut,
Und gleichſam reich durchwirkt, wodurch es anzuſehn,
Als wie ein Drap d’Argent ſo ſchoͤn.
Jetzt brauſet recht die friſche Saat,
Die, wie ein gruͤner Sammt, das Feld bedecket hat;
Doch nein, es kann kein Sammt der gruͤnen Schoͤnheit
gleichen,
Ja ſelber ein Smaragd muß ihrer Farbe weichen.
Dieß Gruͤn’ſcheint keine Farb’, es ſcheint ein gruͤner Schein,
Und gar kein irdiſches, ein himmliſch Gruͤn zu ſeyn,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/49>, abgerufen am 21.11.2024.
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