Da auf dem strengen Elbe-Strohm ich nicht, wie vor, sein schönes Blau, Nein, von der itzo dunklen Luft gefärbt, sein recht verdü- stert Grau, So weit mein scharfes Auge träget, Schon hie und dort mit Eis beleget, Jm weissen Ufer fliessen schau, Seh ich zugleich (bedeckt, erfüllt mit Schnee und Eis) Den Himmel schwarz, die Erde weiß. Es deckt die Welt ein weiss- ein allgemeines Licht, Nur daß es hier ein Dach, ein Baum dort, unterbricht, Durch deren schwarze Dunkelheit Des weissen Schnees Heiterkeit Noch weisser wird, noch mehr erhöht. Die Bäume, sonderlich die so erhaben stehn, Jndem ein luckrer Reif sie decket, Und Aest' und Zweige ganz verstecket, Sind, gegen dunkler Luft zumahl, Wie weisse Wolken anzusehn. Wodurch denn hier und dort, Wo ihrer viel an manchem Ort, Aus Schwarz und Weiß, ein' Art von Dämmerung ent- stehet, Die nicht unangenehm, Besonders, wenn es still und wenn die Luft bequehm. Man muß hiebey, wenn mans erwegt, gestehn, Daß auch die Welt im Winter schön. Zumahl für den, dem Gott zu dieser Zeit Die nöhtige Bequehmlichkeit,
Durch
Zum Winter.
Da auf dem ſtrengen Elbe-Strohm ich nicht, wie vor, ſein ſchoͤnes Blau, Nein, von der itzo dunklen Luft gefaͤrbt, ſein recht verduͤ- ſtert Grau, So weit mein ſcharfes Auge traͤget, Schon hie und dort mit Eis beleget, Jm weiſſen Ufer flieſſen ſchau, Seh ich zugleich (bedeckt, erfuͤllt mit Schnee und Eis) Den Himmel ſchwarz, die Erde weiß. Es deckt die Welt ein weiſſ- ein allgemeines Licht, Nur daß es hier ein Dach, ein Baum dort, unterbricht, Durch deren ſchwarze Dunkelheit Des weiſſen Schnees Heiterkeit Noch weiſſer wird, noch mehr erhoͤht. Die Baͤume, ſonderlich die ſo erhaben ſtehn, Jndem ein luckrer Reif ſie decket, Und Aeſt’ und Zweige ganz verſtecket, Sind, gegen dunkler Luft zumahl, Wie weiſſe Wolken anzuſehn. Wodurch denn hier und dort, Wo ihrer viel an manchem Ort, Aus Schwarz und Weiß, ein’ Art von Daͤmmerung ent- ſtehet, Die nicht unangenehm, Beſonders, wenn es ſtill und wenn die Luft bequehm. Man muß hiebey, wenn mans erwegt, geſtehn, Daß auch die Welt im Winter ſchoͤn. Zumahl fuͤr den, dem Gott zu dieſer Zeit Die noͤhtige Bequehmlichkeit,
Durch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0604"n="586"/><divn="3"><head><hirendition="#b">Zum Winter.</hi></head><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l><hirendition="#in">D</hi>a auf dem ſtrengen Elbe-Strohm ich nicht, wie</l><lb/><l><hirendition="#et">vor, ſein ſchoͤnes Blau,</hi></l><lb/><l>Nein, von der itzo dunklen Luft gefaͤrbt, ſein recht verduͤ-</l><lb/><l><hirendition="#et">ſtert Grau,</hi></l><lb/><l>So weit mein ſcharfes Auge traͤget,</l><lb/><l>Schon hie und dort mit Eis beleget,</l><lb/><l>Jm weiſſen Ufer flieſſen ſchau,</l><lb/><l>Seh ich zugleich (bedeckt, erfuͤllt mit Schnee und Eis)</l><lb/><l>Den Himmel ſchwarz, die Erde weiß.</l><lb/><l>Es deckt die Welt ein weiſſ- ein allgemeines Licht,</l><lb/><l>Nur daß es hier ein Dach, ein Baum dort, unterbricht,</l><lb/><l>Durch deren ſchwarze Dunkelheit</l><lb/><l>Des weiſſen Schnees Heiterkeit</l><lb/><l>Noch weiſſer wird, noch mehr erhoͤht.</l><lb/><l>Die Baͤume, ſonderlich die ſo erhaben ſtehn,</l><lb/><l>Jndem ein luckrer Reif ſie decket,</l><lb/><l>Und Aeſt’ und Zweige ganz verſtecket,</l><lb/><l>Sind, gegen dunkler Luft zumahl,</l><lb/><l>Wie weiſſe Wolken anzuſehn.</l><lb/><l>Wodurch denn hier und dort,</l><lb/><l>Wo ihrer viel an manchem Ort,</l><lb/><l>Aus Schwarz und Weiß, ein’ Art von Daͤmmerung ent-</l><lb/><l><hirendition="#et">ſtehet,</hi></l><lb/><l>Die nicht unangenehm,</l><lb/><l>Beſonders, wenn es ſtill und wenn die Luft bequehm.</l><lb/><l>Man muß hiebey, wenn mans erwegt, geſtehn,</l><lb/><l>Daß auch die Welt im Winter ſchoͤn.</l><lb/><l>Zumahl fuͤr den, dem Gott zu dieſer Zeit</l><lb/><l>Die noͤhtige Bequehmlichkeit,</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Durch</fw><lb/></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[586/0604]
Zum Winter.
Da auf dem ſtrengen Elbe-Strohm ich nicht, wie
vor, ſein ſchoͤnes Blau,
Nein, von der itzo dunklen Luft gefaͤrbt, ſein recht verduͤ-
ſtert Grau,
So weit mein ſcharfes Auge traͤget,
Schon hie und dort mit Eis beleget,
Jm weiſſen Ufer flieſſen ſchau,
Seh ich zugleich (bedeckt, erfuͤllt mit Schnee und Eis)
Den Himmel ſchwarz, die Erde weiß.
Es deckt die Welt ein weiſſ- ein allgemeines Licht,
Nur daß es hier ein Dach, ein Baum dort, unterbricht,
Durch deren ſchwarze Dunkelheit
Des weiſſen Schnees Heiterkeit
Noch weiſſer wird, noch mehr erhoͤht.
Die Baͤume, ſonderlich die ſo erhaben ſtehn,
Jndem ein luckrer Reif ſie decket,
Und Aeſt’ und Zweige ganz verſtecket,
Sind, gegen dunkler Luft zumahl,
Wie weiſſe Wolken anzuſehn.
Wodurch denn hier und dort,
Wo ihrer viel an manchem Ort,
Aus Schwarz und Weiß, ein’ Art von Daͤmmerung ent-
ſtehet,
Die nicht unangenehm,
Beſonders, wenn es ſtill und wenn die Luft bequehm.
Man muß hiebey, wenn mans erwegt, geſtehn,
Daß auch die Welt im Winter ſchoͤn.
Zumahl fuͤr den, dem Gott zu dieſer Zeit
Die noͤhtige Bequehmlichkeit,
Durch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 586. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/604>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.