Und dich, da du besonders schön, Auch, mit besonderm Fleiß, besehn.
So lange sie geschlossen stehn, Sind nur drey Blätter dran zu sehn, Jn einer Form, fast Tulpen gleich: Doch ist sie noch an dreyen reich, So bald sie von einander gehen. Da ich sie, wenn sie offen, bald Den wilden Rosen an Gestalt, Jn einer angenehmen Ründe, Jn hohlen Blättern, ähnlich finde. Jn ihrer Mitte sehen wir, Jn ausserordentlicher Zier, Um neun vereinten rohten Spitzen, Auf kleinen Silber-weissen Stangen Zu Anfangs güldne Kölbchen prangen, So erstlich Trauben formig sitzen. Die aber doch nicht dergestalt Jn ihrer Lage lange bleiben, Da sie sich von dem Centro bald Zurücke ziehn, sich abwerts treiben, Und eine neue Form empfangen. Wodurch sich denn, zu gleicher Zeit, Die zierliche Vollkommenheit Des Mittelpuncts dem Blick entdecket, Der bis dahero ganz verstecket, An dem sich die Bewundrung häuft.
Die Theil', aus welchen er bestehet, Sind, da sich jeder biegt und drehet, Als eine Vase ausgeschweift,
Die,
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Nieſewurz-Bluhme im Winter.
Und dich, da du beſonders ſchoͤn, Auch, mit beſonderm Fleiß, beſehn.
So lange ſie geſchloſſen ſtehn, Sind nur drey Blaͤtter dran zu ſehn, Jn einer Form, faſt Tulpen gleich: Doch iſt ſie noch an dreyen reich, So bald ſie von einander gehen. Da ich ſie, wenn ſie offen, bald Den wilden Roſen an Geſtalt, Jn einer angenehmen Ruͤnde, Jn hohlen Blaͤttern, aͤhnlich finde. Jn ihrer Mitte ſehen wir, Jn auſſerordentlicher Zier, Um neun vereinten rohten Spitzen, Auf kleinen Silber-weiſſen Stangen Zu Anfangs guͤldne Koͤlbchen prangen, So erſtlich Trauben formig ſitzen. Die aber doch nicht dergeſtalt Jn ihrer Lage lange bleiben, Da ſie ſich von dem Centro bald Zuruͤcke ziehn, ſich abwerts treiben, Und eine neue Form empfangen. Wodurch ſich denn, zu gleicher Zeit, Die zierliche Vollkommenheit Des Mittelpuncts dem Blick entdecket, Der bis dahero ganz verſtecket, An dem ſich die Bewundrung haͤuft.
Die Theil’, aus welchen er beſtehet, Sind, da ſich jeder biegt und drehet, Als eine Vaſe ausgeſchweift,
Die,
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Nieſewurz-Bluhme im Winter.
Und dich, da du beſonders ſchoͤn,
Auch, mit beſonderm Fleiß, beſehn.
So lange ſie geſchloſſen ſtehn,
Sind nur drey Blaͤtter dran zu ſehn,
Jn einer Form, faſt Tulpen gleich:
Doch iſt ſie noch an dreyen reich,
So bald ſie von einander gehen.
Da ich ſie, wenn ſie offen, bald
Den wilden Roſen an Geſtalt,
Jn einer angenehmen Ruͤnde,
Jn hohlen Blaͤttern, aͤhnlich finde.
Jn ihrer Mitte ſehen wir,
Jn auſſerordentlicher Zier,
Um neun vereinten rohten Spitzen,
Auf kleinen Silber-weiſſen Stangen
Zu Anfangs guͤldne Koͤlbchen prangen,
So erſtlich Trauben formig ſitzen.
Die aber doch nicht dergeſtalt
Jn ihrer Lage lange bleiben,
Da ſie ſich von dem Centro bald
Zuruͤcke ziehn, ſich abwerts treiben,
Und eine neue Form empfangen.
Wodurch ſich denn, zu gleicher Zeit,
Die zierliche Vollkommenheit
Des Mittelpuncts dem Blick entdecket,
Der bis dahero ganz verſtecket,
An dem ſich die Bewundrung haͤuft.
Die Theil’, aus welchen er beſtehet,
Sind, da ſich jeder biegt und drehet,
Als eine Vaſe ausgeſchweift,
Die,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 595. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/613>, abgerufen am 22.11.2024.
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