Der neue Wald. Sacer est lucis vastisque recessibus horror.
Zur angenehmen Frühlings-Zeit, Wo man Lust, Anmuht, Lieblichkeit, Fast mit dem Gras und mit der Blüht, An jedem Ort, entspriessen sieht, Begab ich mich in einen kleinen Wald, Der dick verwachsen, ungebraucht, und, wegen seiner Lage, gar Jm Lande keinem fast bekannt gewesen war, Den ich, in andern Stand, und andere Gestalt, Zu meinem und des Lands Ergetzen, Jm Winter mich bemüht, zu setzen, Und ihn, der bis daher nur bloß zum Aufenthalt Den Füchsen, Dachsen, Schlangen, Und niemand sonst, gedient, zu zieren angefangen. Jch hatte durch so wild verworrne Hecken (Die nur zuvor ein stilles Schrecken, Unaufgeklärte Nacht und ungestörtes Grauen Bewohnet) nur bisher zween Wege lassen hauen, Die in gerader Läng', in ihrer Mitten, Sich Regel-recht durchschnitten, Wovon, in einem hell und klar, Mein fernes Schloß der Aug-Punct war. Die Ecken wurden ausgeründet, Wodurch man, in des Waldes Mitte, itzt einen grossen Cir- kel findet, Mit Bänken ausgesetzt, daß jedermann Sich setzen und vergnügen kann.
Jch
Der neue Wald. Sacer eſt lucis vaſtisque receſſibus horror.
Zur angenehmen Fruͤhlings-Zeit, Wo man Luſt, Anmuht, Lieblichkeit, Faſt mit dem Gras und mit der Bluͤht, An jedem Ort, entſprieſſen ſieht, Begab ich mich in einen kleinen Wald, Der dick verwachſen, ungebraucht, und, wegen ſeiner Lage, gar Jm Lande keinem faſt bekannt geweſen war, Den ich, in andern Stand, und andere Geſtalt, Zu meinem und des Lands Ergetzen, Jm Winter mich bemuͤht, zu ſetzen, Und ihn, der bis daher nur bloß zum Aufenthalt Den Fuͤchſen, Dachſen, Schlangen, Und niemand ſonſt, gedient, zu zieren angefangen. Jch hatte durch ſo wild verworrne Hecken (Die nur zuvor ein ſtilles Schrecken, Unaufgeklaͤrte Nacht und ungeſtoͤrtes Grauen Bewohnet) nur bisher zween Wege laſſen hauen, Die in gerader Laͤng’, in ihrer Mitten, Sich Regel-recht durchſchnitten, Wovon, in einem hell und klar, Mein fernes Schloß der Aug-Punct war. Die Ecken wurden ausgeruͤndet, Wodurch man, in des Waldes Mitte, itzt einen groſſen Cir- kel findet, Mit Baͤnken ausgeſetzt, daß jedermann Sich ſetzen und vergnuͤgen kann.
Jch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0084"n="66"/><divn="3"><head><hirendition="#b">Der neue Wald.</hi><lb/><hirendition="#aq">Sacer eſt lucis vaſtisque receſſibus horror.</hi></head><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l><hirendition="#in">Z</hi>ur angenehmen Fruͤhlings-Zeit,</l><lb/><l>Wo man Luſt, Anmuht, Lieblichkeit,</l><lb/><l>Faſt mit dem Gras und mit der Bluͤht,</l><lb/><l>An jedem Ort, entſprieſſen ſieht,</l><lb/><l>Begab ich mich in einen kleinen Wald,</l><lb/><l>Der dick verwachſen, ungebraucht, und, wegen ſeiner Lage,</l><lb/><l><hirendition="#et">gar</hi></l><lb/><l>Jm Lande keinem faſt bekannt geweſen war,</l><lb/><l>Den ich, in andern Stand, und andere Geſtalt,</l><lb/><l>Zu meinem und des Lands Ergetzen,</l><lb/><l>Jm Winter mich bemuͤht, zu ſetzen,</l><lb/><l>Und ihn, der bis daher nur bloß zum Aufenthalt</l><lb/><l>Den Fuͤchſen, Dachſen, Schlangen,</l><lb/><l>Und niemand ſonſt, gedient, zu zieren angefangen.</l><lb/><l>Jch hatte durch ſo wild verworrne Hecken</l><lb/><l>(Die nur zuvor ein ſtilles Schrecken,</l><lb/><l>Unaufgeklaͤrte Nacht und ungeſtoͤrtes Grauen</l><lb/><l>Bewohnet) nur bisher zween Wege laſſen hauen,</l><lb/><l>Die in gerader Laͤng’, in ihrer Mitten,</l><lb/><l>Sich Regel-recht durchſchnitten,</l><lb/><l>Wovon, in einem hell und klar,</l><lb/><l>Mein fernes Schloß der Aug-Punct war.</l><lb/><l>Die Ecken wurden ausgeruͤndet,</l><lb/><l>Wodurch man, in des Waldes Mitte, itzt einen groſſen Cir-</l><lb/><l><hirendition="#et">kel findet,</hi></l><lb/><l>Mit Baͤnken ausgeſetzt, daß jedermann</l><lb/><l>Sich ſetzen und vergnuͤgen kann.</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Jch</fw><lb/></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[66/0084]
Der neue Wald.
Sacer eſt lucis vaſtisque receſſibus horror.
Zur angenehmen Fruͤhlings-Zeit,
Wo man Luſt, Anmuht, Lieblichkeit,
Faſt mit dem Gras und mit der Bluͤht,
An jedem Ort, entſprieſſen ſieht,
Begab ich mich in einen kleinen Wald,
Der dick verwachſen, ungebraucht, und, wegen ſeiner Lage,
gar
Jm Lande keinem faſt bekannt geweſen war,
Den ich, in andern Stand, und andere Geſtalt,
Zu meinem und des Lands Ergetzen,
Jm Winter mich bemuͤht, zu ſetzen,
Und ihn, der bis daher nur bloß zum Aufenthalt
Den Fuͤchſen, Dachſen, Schlangen,
Und niemand ſonſt, gedient, zu zieren angefangen.
Jch hatte durch ſo wild verworrne Hecken
(Die nur zuvor ein ſtilles Schrecken,
Unaufgeklaͤrte Nacht und ungeſtoͤrtes Grauen
Bewohnet) nur bisher zween Wege laſſen hauen,
Die in gerader Laͤng’, in ihrer Mitten,
Sich Regel-recht durchſchnitten,
Wovon, in einem hell und klar,
Mein fernes Schloß der Aug-Punct war.
Die Ecken wurden ausgeruͤndet,
Wodurch man, in des Waldes Mitte, itzt einen groſſen Cir-
kel findet,
Mit Baͤnken ausgeſetzt, daß jedermann
Sich ſetzen und vergnuͤgen kann.
Jch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/84>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.