Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.Rosen-Betrachtung. Jch sah, auf ihren zarten Blättern, sich weisse Stellen, rothe Schatten, Jn einer süßen Harmonie, vermischen, brechen, trennen, gatten, Bald an einander reflectiren, Bald in einander sich verlieren. Ein etwas abgebognes Blatt, Das zart, durchsichtig, weiß und glatt, Ließ, augenscheinlich, selbst das Licht, durch sein subtil Gewebe, strahlen, Und diente, welches kaum begreiflich, die untern Blätter roth zu mahlen; So wie ein weisses Glas zuweilen, wenn es gefüllt mit rothem Wein, Ein weisses Tischtuch färbt und decket mit einem klaren rothen Schein. Man kann demnach von Rosen-Blättern, durch diese Wirkung, deutlich schliessen, Daß, zwischen weißlicht dünnen Häuten, sich auch Canäle finden müssen, Mit einem rothen Saft erfüllt. Trifft es nun, daß ein solches Blatt, Von einem Würmchen angefressen, ein kleines Löchlein in sich hat; Sieht man, mit Lust, wie, auf dem untern, ein schnelles rundes weisses Licht Die rothen Schatten unterbricht. Wer
Roſen-Betrachtung. Jch ſah, auf ihren zarten Blaͤttern, ſich weiſſe Stellen, rothe Schatten, Jn einer ſuͤßen Harmonie, vermiſchen, brechen, trennen, gatten, Bald an einander reflectiren, Bald in einander ſich verlieren. Ein etwas abgebognes Blatt, Das zart, durchſichtig, weiß und glatt, Ließ, augenſcheinlich, ſelbſt das Licht, durch ſein ſubtil Gewebe, ſtrahlen, Und diente, welches kaum begreiflich, die untern Blaͤtter roth zu mahlen; So wie ein weiſſes Glas zuweilen, wenn es gefuͤllt mit rothem Wein, Ein weiſſes Tiſchtuch faͤrbt und decket mit einem klaren rothen Schein. Man kann demnach von Roſen-Blaͤttern, durch dieſe Wirkung, deutlich ſchlieſſen, Daß, zwiſchen weißlicht duͤnnen Haͤuten, ſich auch Canaͤle finden muͤſſen, Mit einem rothen Saft erfuͤllt. Trifft es nun, daß ein ſolches Blatt, Von einem Wuͤrmchen angefreſſen, ein kleines Loͤchlein in ſich hat; Sieht man, mit Luſt, wie, auf dem untern, ein ſchnelles rundes weiſſes Licht Die rothen Schatten unterbricht. Wer
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Roſen-Betrachtung.
Jch ſah, auf ihren zarten Blaͤttern, ſich weiſſe Stellen,
rothe Schatten,
Jn einer ſuͤßen Harmonie, vermiſchen, brechen, trennen,
gatten,
Bald an einander reflectiren,
Bald in einander ſich verlieren.
Ein etwas abgebognes Blatt,
Das zart, durchſichtig, weiß und glatt,
Ließ, augenſcheinlich, ſelbſt das Licht, durch ſein ſubtil
Gewebe, ſtrahlen,
Und diente, welches kaum begreiflich, die untern Blaͤtter
roth zu mahlen;
So wie ein weiſſes Glas zuweilen, wenn es gefuͤllt mit
rothem Wein,
Ein weiſſes Tiſchtuch faͤrbt und decket mit einem klaren
rothen Schein.
Man kann demnach von Roſen-Blaͤttern, durch dieſe
Wirkung, deutlich ſchlieſſen,
Daß, zwiſchen weißlicht duͤnnen Haͤuten, ſich auch Canaͤle
finden muͤſſen,
Mit einem rothen Saft erfuͤllt. Trifft es nun, daß ein
ſolches Blatt,
Von einem Wuͤrmchen angefreſſen, ein kleines Loͤchlein
in ſich hat;
Sieht man, mit Luſt, wie, auf dem untern, ein ſchnelles
rundes weiſſes Licht
Die rothen Schatten unterbricht.
Wer
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