Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.Ueber die Anmuth der Wälder. Die den, der sie betrachtet, rühren. Die Spitzen wer- den, von der Last Der Blätter, sanft herabgezogen; Und machen, dadurch, jeden Ast Zu einem grün gewölbten Bogen: Die, wenn man weislich denken wollte, Man Ehren-Bogen nennen sollte, Für Den, Der sie, für uns, gemacht. Aus dieser Bogen Meng' entsteht, an jedem Wipfel, eine Ründe; Wovon ich, in dem runden Stamm, die Ursach und den Grund befinde. Mit welcher Lust senkt sich der Blick, zumal im hellen Sonnenschein, Jn die mit Licht vermischten Schatten der Blätter-reichen Bäum' hinein! Man sieht, beym linden West, an ihnen, ein lieblichs Licht- und Schatten-Spiel, Von an- und durchgestrahlten Blättern, und ein behäg- liches Gewühl. Die obern Zweige lassen oft, zumal, wenn sie, beweget, wallen, Auf die bestrahlten untern Zweige, ihr Bild, in Schat- ten-Zweigen, fallen: Durch deren dunkel-grüne Schönheit sie, die bestrahlten lichten Stellen, Nicht nur mit Schatten-Blättern mahlen, noch durch den Gegensatz, erhellen; Die Formen von den Schatten-Blättern, auch ihre dunkle Farb', erhöhn Des angestrahlten wahren Laubes Geweb', und machens doppelt schön. Wie L 5
Ueber die Anmuth der Waͤlder. Die den, der ſie betrachtet, ruͤhren. Die Spitzen wer- den, von der Laſt Der Blaͤtter, ſanft herabgezogen; Und machen, dadurch, jeden Aſt Zu einem gruͤn gewoͤlbten Bogen: Die, wenn man weislich denken wollte, Man Ehren-Bogen nennen ſollte, Fuͤr Den, Der ſie, fuͤr uns, gemacht. Aus dieſer Bogen Meng’ entſteht, an jedem Wipfel, eine Ruͤnde; Wovon ich, in dem runden Stamm, die Urſach und den Grund befinde. Mit welcher Luſt ſenkt ſich der Blick, zumal im hellen Sonnenſchein, Jn die mit Licht vermiſchten Schatten der Blaͤtter-reichen Baͤum’ hinein! Man ſieht, beym linden Weſt, an ihnen, ein lieblichs Licht- und Schatten-Spiel, Von an- und durchgeſtrahlten Blaͤttern, und ein behaͤg- liches Gewuͤhl. Die obern Zweige laſſen oft, zumal, wenn ſie, beweget, wallen, Auf die beſtrahlten untern Zweige, ihr Bild, in Schat- ten-Zweigen, fallen: Durch deren dunkel-gruͤne Schoͤnheit ſie, die beſtrahlten lichten Stellen, Nicht nur mit Schatten-Blaͤttern mahlen, noch durch den Gegenſatz, erhellen; Die Formen von den Schatten-Blaͤttern, auch ihre dunkle Farb’, erhoͤhn Des angeſtrahlten wahren Laubes Geweb’, und machens doppelt ſchoͤn. Wie L 5
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Ueber die Anmuth der Waͤlder.
Die den, der ſie betrachtet, ruͤhren. Die Spitzen wer-
den, von der Laſt
Der Blaͤtter, ſanft herabgezogen;
Und machen, dadurch, jeden Aſt
Zu einem gruͤn gewoͤlbten Bogen:
Die, wenn man weislich denken wollte,
Man Ehren-Bogen nennen ſollte,
Fuͤr Den, Der ſie, fuͤr uns, gemacht.
Aus dieſer Bogen Meng’ entſteht, an jedem Wipfel,
eine Ruͤnde;
Wovon ich, in dem runden Stamm, die Urſach und
den Grund befinde.
Mit welcher Luſt ſenkt ſich der Blick, zumal im hellen
Sonnenſchein,
Jn die mit Licht vermiſchten Schatten der Blaͤtter-reichen
Baͤum’ hinein!
Man ſieht, beym linden Weſt, an ihnen, ein lieblichs
Licht- und Schatten-Spiel,
Von an- und durchgeſtrahlten Blaͤttern, und ein behaͤg-
liches Gewuͤhl.
Die obern Zweige laſſen oft, zumal, wenn ſie, beweget, wallen,
Auf die beſtrahlten untern Zweige, ihr Bild, in Schat-
ten-Zweigen, fallen:
Durch deren dunkel-gruͤne Schoͤnheit ſie, die beſtrahlten
lichten Stellen,
Nicht nur mit Schatten-Blaͤttern mahlen, noch durch
den Gegenſatz, erhellen;
Die Formen von den Schatten-Blaͤttern, auch ihre
dunkle Farb’, erhoͤhn
Des angeſtrahlten wahren Laubes Geweb’, und machens
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