Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Ueber die Veränderung der Raupen.
Scheinet ihr, an Symmetrie, Schmuck der Farben,
und Figur,

Ein durchaus verherrlicht Wesen, eine neue Creatur.
Es bringt eurer schlechten Formen prächtige Verän-
derung,

Eurer Kräft' und ganzen Wesens gänzliche Verwandelung,
Dem, Der euch, und alles, schuff, nicht Bewundrung
nur, und Ehre;

Sondern, sie erweckt in uns die Geheimniß-volle Lehre:
"Daß, und wie, auch unser Wesen, einer Aenderung
nicht nur;

"Einer herrlichen Verbeßrung und Verklärung, fähig
sey.

Denn es ist unwidersprechlich, daß die Wege der Natur,
Nach des Schöpfers weiser Ordnung, Macht und Liebe,
mancherley.
Bleibt nun gleich der Zweifel übrig, daß, wie sie bey
euch geschehen,

Unsere Verändrungen, nicht zu fühlen, nicht zu sehen;
Heben unsrer Sinnen Schwächen doch die Möglichkeit
nicht auf.

Da wir ja den großen Körper unsrer Luft nicht sehen
können,

Der doch, unverneinlich, da; da wir des Geblütes Lauf,
Sein unwidersprechlichs Zirkeln, und sein unaufhörlichs
Rennen,

Nicht vermögend seyn, zu fühlen: sind sie, darum,
zu verneinen?

Dieses würde der Erfahrung und Vernunft zuwider
scheinen.
So
Ueber die Veraͤnderung der Raupen.
Scheinet ihr, an Symmetrie, Schmuck der Farben,
und Figur,

Ein durchaus verherrlicht Weſen, eine neue Creatur.
Es bringt eurer ſchlechten Formen praͤchtige Veraͤn-
derung,

Eurer Kraͤft’ und ganzen Weſens gaͤnzliche Verwandelung,
Dem, Der euch, und alles, ſchuff, nicht Bewundrung
nur, und Ehre;

Sondern, ſie erweckt in uns die Geheimniß-volle Lehre:
“Daß, und wie, auch unſer Weſen, einer Aenderung
nicht nur;

“Einer herrlichen Verbeßrung und Verklaͤrung, faͤhig
ſey.

Denn es iſt unwiderſprechlich, daß die Wege der Natur,
Nach des Schoͤpfers weiſer Ordnung, Macht und Liebe,
mancherley.
Bleibt nun gleich der Zweifel uͤbrig, daß, wie ſie bey
euch geſchehen,

Unſere Veraͤndrungen, nicht zu fuͤhlen, nicht zu ſehen;
Heben unſrer Sinnen Schwaͤchen doch die Moͤglichkeit
nicht auf.

Da wir ja den großen Koͤrper unſrer Luft nicht ſehen
koͤnnen,

Der doch, unverneinlich, da; da wir des Gebluͤtes Lauf,
Sein unwiderſprechlichs Zirkeln, und ſein unaufhoͤrlichs
Rennen,

Nicht vermoͤgend ſeyn, zu fuͤhlen: ſind ſie, darum,
zu verneinen?

Dieſes wuͤrde der Erfahrung und Vernunft zuwider
ſcheinen.
So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0189" n="175"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Ueber die Vera&#x0364;nderung der Raupen.</hi> </fw><lb/>
              <lg n="4">
                <l>Scheinet ihr, an Symmetrie, Schmuck der Farben,<lb/><hi rendition="#et">und Figur,</hi></l><lb/>
                <l>Ein durchaus verherrlicht We&#x017F;en, eine neue Creatur.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="5">
                <l>Es bringt eurer &#x017F;chlechten Formen pra&#x0364;chtige Vera&#x0364;n-<lb/><hi rendition="#et">derung,</hi></l><lb/>
                <l>Eurer Kra&#x0364;ft&#x2019; und ganzen We&#x017F;ens ga&#x0364;nzliche Verwandelung,</l><lb/>
                <l>Dem, Der euch, und alles, &#x017F;chuff, nicht Bewundrung<lb/><hi rendition="#et">nur, und Ehre;</hi></l><lb/>
                <l>Sondern, &#x017F;ie erweckt in uns die Geheimniß-volle Lehre:</l><lb/>
                <l>&#x201C;Daß, und wie, auch un&#x017F;er We&#x017F;en, einer Aenderung<lb/><hi rendition="#et">nicht nur;</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;Einer herrlichen Verbeßrung und Verkla&#x0364;rung, fa&#x0364;hig<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ey.</hi></l><lb/>
                <l>Denn es i&#x017F;t unwider&#x017F;prechlich, daß die Wege der Natur,</l><lb/>
                <l>Nach des Scho&#x0364;pfers wei&#x017F;er Ordnung, Macht und Liebe,<lb/><hi rendition="#et">mancherley.</hi></l>
              </lg><lb/>
              <lg n="6">
                <l>Bleibt nun gleich der Zweifel u&#x0364;brig, daß, wie &#x017F;ie bey<lb/><hi rendition="#et">euch ge&#x017F;chehen,</hi></l><lb/>
                <l>Un&#x017F;ere Vera&#x0364;ndrungen, nicht zu fu&#x0364;hlen, nicht zu &#x017F;ehen;</l><lb/>
                <l>Heben un&#x017F;rer Sinnen Schwa&#x0364;chen doch die Mo&#x0364;glichkeit<lb/><hi rendition="#et">nicht auf.</hi></l><lb/>
                <l>Da wir ja den großen Ko&#x0364;rper un&#x017F;rer Luft nicht &#x017F;ehen<lb/><hi rendition="#et">ko&#x0364;nnen,</hi></l><lb/>
                <l>Der doch, unverneinlich, da; da wir des Geblu&#x0364;tes Lauf,</l><lb/>
                <l>Sein unwider&#x017F;prechlichs Zirkeln, und &#x017F;ein unaufho&#x0364;rlichs<lb/><hi rendition="#et">Rennen,</hi></l><lb/>
                <l>Nicht vermo&#x0364;gend &#x017F;eyn, zu fu&#x0364;hlen: &#x017F;ind &#x017F;ie, darum,<lb/><hi rendition="#et">zu verneinen?</hi></l><lb/>
                <l>Die&#x017F;es wu&#x0364;rde der Erfahrung und Vernunft zuwider<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;cheinen.</hi></l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0189] Ueber die Veraͤnderung der Raupen. Scheinet ihr, an Symmetrie, Schmuck der Farben, und Figur, Ein durchaus verherrlicht Weſen, eine neue Creatur. Es bringt eurer ſchlechten Formen praͤchtige Veraͤn- derung, Eurer Kraͤft’ und ganzen Weſens gaͤnzliche Verwandelung, Dem, Der euch, und alles, ſchuff, nicht Bewundrung nur, und Ehre; Sondern, ſie erweckt in uns die Geheimniß-volle Lehre: “Daß, und wie, auch unſer Weſen, einer Aenderung nicht nur; “Einer herrlichen Verbeßrung und Verklaͤrung, faͤhig ſey. Denn es iſt unwiderſprechlich, daß die Wege der Natur, Nach des Schoͤpfers weiſer Ordnung, Macht und Liebe, mancherley. Bleibt nun gleich der Zweifel uͤbrig, daß, wie ſie bey euch geſchehen, Unſere Veraͤndrungen, nicht zu fuͤhlen, nicht zu ſehen; Heben unſrer Sinnen Schwaͤchen doch die Moͤglichkeit nicht auf. Da wir ja den großen Koͤrper unſrer Luft nicht ſehen koͤnnen, Der doch, unverneinlich, da; da wir des Gebluͤtes Lauf, Sein unwiderſprechlichs Zirkeln, und ſein unaufhoͤrlichs Rennen, Nicht vermoͤgend ſeyn, zu fuͤhlen: ſind ſie, darum, zu verneinen? Dieſes wuͤrde der Erfahrung und Vernunft zuwider ſcheinen. So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/189
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/189>, abgerufen am 21.11.2024.