Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.Die Bluhmen-Allee. Erst sah ich Linien, von gleich geformten Töpfen, Jm ganz geraden Strich, bis ganz zu Ende gehn. Das bläulich-grüne Laub, gekrönt mit bunten Knöpfen, Bedeckt' und füllte sie; bis, an geraden Stangen, Von rischen Stecken, sich die Pracht Der Bluhmen selbst, der Nelken, sichtbar macht, Die meist gerade stehn, zum Theil auch abwärts hangen. Hier stutzte Blick und Geist, durch die Verschie- denheit Der tausendfach gefärbten Herrlichkeit, So dieses Heer der Bluhmen zieret, Mit Recht fast ausser sich gesetzt, mit Recht gerühret. Sie waren wunderwürdig schön; Und ist nicht leicht, im Bluhmen-Reich, Ein Schmuck, der diesem Schmucke gleich, Nicht leicht was Lieblichers, zu sehn. Mein Blick, in solcher bunten Zier, Von beyden Seiten, eingeschränket, Stutzt, nebst dem Geist, bald dort bald hier: Der weiß nicht, was er sieht; der weiß nicht, was er denket. Bald stehn, bald eilen sie; und, mitten in dem Eilen, Zwingt sie der Schönheit Ueberfluß, Bald hier bald dorten zu verweilen. Bald schwebt der Blick die eine Seit hinab; Die andre Seite zieht ihn wieder zu mir her: Bald, weil ihm jede Seit' ein neu Vergnügen gab, So überläuft er sie zum öftern, in der Queer, Jn zackigter Bewegung, hin und wieder, Jn Winkelförmiger Verändrung, auf und nieder. Er
Die Bluhmen-Allee. Erſt ſah ich Linien, von gleich geformten Toͤpfen, Jm ganz geraden Strich, bis ganz zu Ende gehn. Das blaͤulich-gruͤne Laub, gekroͤnt mit bunten Knoͤpfen, Bedeckt’ und fuͤllte ſie; bis, an geraden Stangen, Von riſchen Stecken, ſich die Pracht Der Bluhmen ſelbſt, der Nelken, ſichtbar macht, Die meiſt gerade ſtehn, zum Theil auch abwaͤrts hangen. Hier ſtutzte Blick und Geiſt, durch die Verſchie- denheit Der tauſendfach gefaͤrbten Herrlichkeit, So dieſes Heer der Bluhmen zieret, Mit Recht faſt auſſer ſich geſetzt, mit Recht geruͤhret. Sie waren wunderwuͤrdig ſchoͤn; Und iſt nicht leicht, im Bluhmen-Reich, Ein Schmuck, der dieſem Schmucke gleich, Nicht leicht was Lieblichers, zu ſehn. Mein Blick, in ſolcher bunten Zier, Von beyden Seiten, eingeſchraͤnket, Stutzt, nebſt dem Geiſt, bald dort bald hier: Der weiß nicht, was er ſieht; der weiß nicht, was er denket. Bald ſtehn, bald eilen ſie; und, mitten in dem Eilen, Zwingt ſie der Schoͤnheit Ueberfluß, Bald hier bald dorten zu verweilen. Bald ſchwebt der Blick die eine Seit hinab; Die andre Seite zieht ihn wieder zu mir her: Bald, weil ihm jede Seit’ ein neu Vergnuͤgen gab, So uͤberlaͤuft er ſie zum oͤftern, in der Queer, Jn zackigter Bewegung, hin und wieder, Jn Winkelfoͤrmiger Veraͤndrung, auf und nieder. Er
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Die Bluhmen-Allee.
Erſt ſah ich Linien, von gleich geformten Toͤpfen,
Jm ganz geraden Strich, bis ganz zu Ende gehn.
Das blaͤulich-gruͤne Laub, gekroͤnt mit bunten Knoͤpfen,
Bedeckt’ und fuͤllte ſie; bis, an geraden Stangen,
Von riſchen Stecken, ſich die Pracht
Der Bluhmen ſelbſt, der Nelken, ſichtbar macht,
Die meiſt gerade ſtehn, zum Theil auch abwaͤrts hangen.
Hier ſtutzte Blick und Geiſt, durch die Verſchie-
denheit
Der tauſendfach gefaͤrbten Herrlichkeit,
So dieſes Heer der Bluhmen zieret,
Mit Recht faſt auſſer ſich geſetzt, mit Recht geruͤhret.
Sie waren wunderwuͤrdig ſchoͤn;
Und iſt nicht leicht, im Bluhmen-Reich,
Ein Schmuck, der dieſem Schmucke gleich,
Nicht leicht was Lieblichers, zu ſehn.
Mein Blick, in ſolcher bunten Zier,
Von beyden Seiten, eingeſchraͤnket,
Stutzt, nebſt dem Geiſt, bald dort bald hier:
Der weiß nicht, was er ſieht; der weiß nicht, was er
denket.
Bald ſtehn, bald eilen ſie; und, mitten in dem Eilen,
Zwingt ſie der Schoͤnheit Ueberfluß,
Bald hier bald dorten zu verweilen.
Bald ſchwebt der Blick die eine Seit hinab;
Die andre Seite zieht ihn wieder zu mir her:
Bald, weil ihm jede Seit’ ein neu Vergnuͤgen gab,
So uͤberlaͤuft er ſie zum oͤftern, in der Queer,
Jn zackigter Bewegung, hin und wieder,
Jn Winkelfoͤrmiger Veraͤndrung, auf und nieder.
Er
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