Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Herbst-Gedanken.
Ein sanftes dunkel Gelb, ein sanftes dunkel Braun,
Ein sanftes dunkel Roth, ein sanftes dunkel Grün,
Sieht man licht-gelb-, licht-braun-, licht-roth-, licht-
grüne Stellen,

Wohin man sieht, erheben und erhellen;
So, daß kein Ort fast zu erblicken,
Den nicht verschiedne Farben schmücken,
Die, vor im Sommer, auch zwar schön,
Doch bloß allein im grünen Schmuck, zu sehn.
Da denn zugleich, bey mehr entlaubten Zweigen,
Und durch der Farben Unterscheid,
Jn noch vermehrter Deutlichkeit,
Sich tausend vormals nie gesehne Weiten zeigen.
Von gelb- und rothem Laub, von lieblich grünem Mooß
Jst, in den Wäldern, jetzt der Ueberfluß so groß,
Daß es nicht möglich zu beschreiben;
Wer es nicht selbst gesehn, kann es unmöglich gläuben.
Das Gelbe, das man hie und dort im ganzen Wald'
erblickt,

Läßt, als ob lauter Sonnen-Schein den ganzen Wald
erfüllt und schmückt.

Ja, wie wird jetzt im Herbste nicht
So manch- gefärbter Glanz, so manches bunte Licht,
Das überall die Luft jetzt zieret,
Jm tausendfach gefärbten Obst verspühret!
Schau! wie die Obst-Bäum' und die Reben
Sich in die Wette fast bestreben,
Dir, nebst dem Nutzen, auch ein' Augen-Lust zu geben.
Bewun-
Herbſt-Gedanken.
Ein ſanftes dunkel Gelb, ein ſanftes dunkel Braun,
Ein ſanftes dunkel Roth, ein ſanftes dunkel Gruͤn,
Sieht man licht-gelb-, licht-braun-, licht-roth-, licht-
gruͤne Stellen,

Wohin man ſieht, erheben und erhellen;
So, daß kein Ort faſt zu erblicken,
Den nicht verſchiedne Farben ſchmuͤcken,
Die, vor im Sommer, auch zwar ſchoͤn,
Doch bloß allein im gruͤnen Schmuck, zu ſehn.
Da denn zugleich, bey mehr entlaubten Zweigen,
Und durch der Farben Unterſcheid,
Jn noch vermehrter Deutlichkeit,
Sich tauſend vormals nie geſehne Weiten zeigen.
Von gelb- und rothem Laub, von lieblich gruͤnem Mooß
Jſt, in den Waͤldern, jetzt der Ueberfluß ſo groß,
Daß es nicht moͤglich zu beſchreiben;
Wer es nicht ſelbſt geſehn, kann es unmoͤglich glaͤuben.
Das Gelbe, das man hie und dort im ganzen Wald’
erblickt,

Laͤßt, als ob lauter Sonnen-Schein den ganzen Wald
erfuͤllt und ſchmuͤckt.

Ja, wie wird jetzt im Herbſte nicht
So manch- gefaͤrbter Glanz, ſo manches bunte Licht,
Das uͤberall die Luft jetzt zieret,
Jm tauſendfach gefaͤrbten Obſt verſpuͤhret!
Schau! wie die Obſt-Baͤum’ und die Reben
Sich in die Wette faſt beſtreben,
Dir, nebſt dem Nutzen, auch ein’ Augen-Luſt zu geben.
Bewun-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0249" n="235"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Herb&#x017F;t-Gedanken.</hi> </fw><lb/>
              <lg n="4">
                <l>Ein &#x017F;anftes dunkel Gelb, ein &#x017F;anftes dunkel Braun,</l><lb/>
                <l>Ein &#x017F;anftes dunkel Roth, ein &#x017F;anftes dunkel Gru&#x0364;n,</l><lb/>
                <l>Sieht man licht-gelb-, licht-braun-, licht-roth-, licht-<lb/><hi rendition="#et">gru&#x0364;ne Stellen,</hi></l><lb/>
                <l>Wohin man &#x017F;ieht, erheben und erhellen;</l><lb/>
                <l>So, daß kein Ort fa&#x017F;t zu erblicken,</l><lb/>
                <l>Den nicht ver&#x017F;chiedne Farben &#x017F;chmu&#x0364;cken,</l><lb/>
                <l>Die, vor im Sommer, auch zwar &#x017F;cho&#x0364;n,</l><lb/>
                <l>Doch bloß allein im gru&#x0364;nen Schmuck, zu &#x017F;ehn.</l><lb/>
                <l>Da denn zugleich, bey mehr entlaubten Zweigen,</l><lb/>
                <l>Und durch der Farben Unter&#x017F;cheid,</l><lb/>
                <l>Jn noch vermehrter Deutlichkeit,</l><lb/>
                <l>Sich tau&#x017F;end vormals nie ge&#x017F;ehne Weiten zeigen.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="5">
                <l>Von gelb- und rothem Laub, von lieblich gru&#x0364;nem Mooß</l><lb/>
                <l>J&#x017F;t, in den Wa&#x0364;ldern, jetzt der Ueberfluß &#x017F;o groß,</l><lb/>
                <l>Daß es nicht mo&#x0364;glich zu be&#x017F;chreiben;</l><lb/>
                <l>Wer es nicht &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;ehn, kann es unmo&#x0364;glich gla&#x0364;uben.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="6">
                <l>Das Gelbe, das man hie und dort im ganzen Wald&#x2019;<lb/><hi rendition="#et">erblickt,</hi></l><lb/>
                <l>La&#x0364;ßt, als ob lauter Sonnen-Schein den ganzen Wald<lb/><hi rendition="#et">erfu&#x0364;llt und &#x017F;chmu&#x0364;ckt.</hi></l><lb/>
                <l>Ja, wie wird jetzt im Herb&#x017F;te nicht</l><lb/>
                <l>So manch- gefa&#x0364;rbter Glanz, &#x017F;o manches bunte Licht,</l><lb/>
                <l>Das u&#x0364;berall die Luft jetzt zieret,</l><lb/>
                <l>Jm tau&#x017F;endfach gefa&#x0364;rbten Ob&#x017F;t ver&#x017F;pu&#x0364;hret!</l><lb/>
                <l>Schau! wie die Ob&#x017F;t-Ba&#x0364;um&#x2019; und die Reben</l><lb/>
                <l>Sich in die Wette fa&#x017F;t be&#x017F;treben,</l><lb/>
                <l>Dir, neb&#x017F;t dem Nutzen, auch ein&#x2019; Augen-Lu&#x017F;t zu geben.</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Bewun-</hi> </fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[235/0249] Herbſt-Gedanken. Ein ſanftes dunkel Gelb, ein ſanftes dunkel Braun, Ein ſanftes dunkel Roth, ein ſanftes dunkel Gruͤn, Sieht man licht-gelb-, licht-braun-, licht-roth-, licht- gruͤne Stellen, Wohin man ſieht, erheben und erhellen; So, daß kein Ort faſt zu erblicken, Den nicht verſchiedne Farben ſchmuͤcken, Die, vor im Sommer, auch zwar ſchoͤn, Doch bloß allein im gruͤnen Schmuck, zu ſehn. Da denn zugleich, bey mehr entlaubten Zweigen, Und durch der Farben Unterſcheid, Jn noch vermehrter Deutlichkeit, Sich tauſend vormals nie geſehne Weiten zeigen. Von gelb- und rothem Laub, von lieblich gruͤnem Mooß Jſt, in den Waͤldern, jetzt der Ueberfluß ſo groß, Daß es nicht moͤglich zu beſchreiben; Wer es nicht ſelbſt geſehn, kann es unmoͤglich glaͤuben. Das Gelbe, das man hie und dort im ganzen Wald’ erblickt, Laͤßt, als ob lauter Sonnen-Schein den ganzen Wald erfuͤllt und ſchmuͤckt. Ja, wie wird jetzt im Herbſte nicht So manch- gefaͤrbter Glanz, ſo manches bunte Licht, Das uͤberall die Luft jetzt zieret, Jm tauſendfach gefaͤrbten Obſt verſpuͤhret! Schau! wie die Obſt-Baͤum’ und die Reben Sich in die Wette faſt beſtreben, Dir, nebſt dem Nutzen, auch ein’ Augen-Luſt zu geben. Bewun-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/249
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/249>, abgerufen am 21.11.2024.