Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.Erbauliche Gedanken über Hn. Rösels Aber in der dunklen Schwermuth, strahlt' ein helles Freuden-Licht, Das die Nacht des Grams besiegte, unverhofft mir ins Gesicht. Dein bewundernswürdigs Werk, das bis zur Natur fast steiget, Edler Rösel, wurde mir, von Jnsecten, vorgezeiget. Jch erstaunt', und mich befiel, bey dem reinsten Wol- lust-Strahl, Freud, Ergetzen, Ueberlegung und Bewundrung auf einmal. Meine Seele ward, durchs Auge, ganz, und inniglich ge- rühret, Ja zugleich, durch Ueberlegung, zu der Wahrheit hin- geführet, Die vorher bey mir versteckt, unterdrückt, begraben, schien: Wie so sehr der Menschen Geist, einem Thier, sey vorzuziehn. Deine Fähigkeit, die Wunder unsers Schöpfers, in den Werken, Nicht durch Strich' allein zu bilden, sondern durch ein weises Mischen Kleiner Theile schlechten Staubes, Geist und Auge zu erfrischen, Da fast gar kein Unterscheid zwischen der Natur zu merken, Und den Bildern deiner Hand; zeigt uns überzeuglich an, Da kein einziges Geschöpf, bloß ein Mensch, so wirken kann; Was ein Mensch, vor allen Thieren, für ein' auserlesne Gabe, Folglich, welchen großen Vorzug er, vor ihnen, wirklich habe. Deine
Erbauliche Gedanken uͤber Hn. Roͤſels Aber in der dunklen Schwermuth, ſtrahlt’ ein helles Freuden-Licht, Das die Nacht des Grams beſiegte, unverhofft mir ins Geſicht. Dein bewundernswuͤrdigs Werk, das bis zur Natur faſt ſteiget, Edler Roͤſel, wurde mir, von Jnſecten, vorgezeiget. Jch erſtaunt’, und mich befiel, bey dem reinſten Wol- luſt-Strahl, Freud, Ergetzen, Ueberlegung und Bewundrung auf einmal. Meine Seele ward, durchs Auge, ganz, und inniglich ge- ruͤhret, Ja zugleich, durch Ueberlegung, zu der Wahrheit hin- gefuͤhret, Die vorher bey mir verſteckt, unterdruͤckt, begraben, ſchien: Wie ſo ſehr der Menſchen Geiſt, einem Thier, ſey vorzuziehn. Deine Faͤhigkeit, die Wunder unſers Schoͤpfers, in den Werken, Nicht durch Strich’ allein zu bilden, ſondern durch ein weiſes Miſchen Kleiner Theile ſchlechten Staubes, Geiſt und Auge zu erfriſchen, Da faſt gar kein Unterſcheid zwiſchen der Natur zu merken, Und den Bildern deiner Hand; zeigt uns uͤberzeuglich an, Da kein einziges Geſchoͤpf, bloß ein Menſch, ſo wirken kann; Was ein Menſch, vor allen Thieren, fuͤr ein’ auserleſne Gabe, Folglich, welchen großen Vorzug er, vor ihnen, wirklich habe. Deine
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Erbauliche Gedanken uͤber Hn. Roͤſels
Aber in der dunklen Schwermuth, ſtrahlt’ ein helles
Freuden-Licht,
Das die Nacht des Grams beſiegte, unverhofft mir ins
Geſicht.
Dein bewundernswuͤrdigs Werk, das bis zur Natur faſt
ſteiget,
Edler Roͤſel, wurde mir, von Jnſecten, vorgezeiget.
Jch erſtaunt’, und mich befiel, bey dem reinſten Wol-
luſt-Strahl,
Freud, Ergetzen, Ueberlegung und Bewundrung auf einmal.
Meine Seele ward, durchs Auge, ganz, und inniglich ge-
ruͤhret,
Ja zugleich, durch Ueberlegung, zu der Wahrheit hin-
gefuͤhret,
Die vorher bey mir verſteckt, unterdruͤckt, begraben, ſchien:
Wie ſo ſehr der Menſchen Geiſt, einem Thier, ſey
vorzuziehn.
Deine Faͤhigkeit, die Wunder unſers Schoͤpfers, in den
Werken,
Nicht durch Strich’ allein zu bilden, ſondern durch ein
weiſes Miſchen
Kleiner Theile ſchlechten Staubes, Geiſt und Auge zu
erfriſchen,
Da faſt gar kein Unterſcheid zwiſchen der Natur zu merken,
Und den Bildern deiner Hand; zeigt uns uͤberzeuglich an,
Da kein einziges Geſchoͤpf, bloß ein Menſch, ſo wirken
kann;
Was ein Menſch, vor allen Thieren, fuͤr ein’ auserleſne
Gabe,
Folglich, welchen großen Vorzug er, vor ihnen, wirklich
habe.
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