Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite


Der Bluhmen-Topf.
Jm Winter.
Mein Gärtner schickt', im Januar,
Wie alles noch gefroren war,
Mir einen Topf mit schönen Bluhmen, an
welchen ich mich recht erquickte:

Jndem ich Hyacinthen, Crocos, theils weiß, theils Pur-
pur, drinn erblickte,

Auch manche Schnee-Bluhm'; überall mit jungem fri-
schem Laub umgeben.

Er hatte, bey den selbst gewachsnen, um ihre Pracht
noch zu erheben,

Levcojen, Nelken und Violen, nebst rothem Pfeffer,
eingesteckt;

Wovon der Farben bunte Menge, dem Blick, so manche
Lust erweckt,

Der sie bald all, bald einzeln, sah. Sie hatten mich
am Tag' ergetzet:

Nicht weniger zur Abend-Zeit, wie ich sie nah ans Licht
gesetzet;

Woselbst ich, so wie ich gewohnt, das Licht mit meiner
Hand bedeckt,

Und dadurch, mit gestärkten Augen, da sie dem Schein
des Lichts so nah,

Derselben Farben, Glanz und Gluht verdoppelt und
vervielfacht sah.
Allein,
S 3


Der Bluhmen-Topf.
Jm Winter.
Mein Gaͤrtner ſchickt’, im Januar,
Wie alles noch gefroren war,
Mir einen Topf mit ſchoͤnen Bluhmen, an
welchen ich mich recht erquickte:

Jndem ich Hyacinthen, Crocos, theils weiß, theils Pur-
pur, drinn erblickte,

Auch manche Schnee-Bluhm’; uͤberall mit jungem fri-
ſchem Laub umgeben.

Er hatte, bey den ſelbſt gewachſnen, um ihre Pracht
noch zu erheben,

Levcojen, Nelken und Violen, nebſt rothem Pfeffer,
eingeſteckt;

Wovon der Farben bunte Menge, dem Blick, ſo manche
Luſt erweckt,

Der ſie bald all, bald einzeln, ſah. Sie hatten mich
am Tag’ ergetzet:

Nicht weniger zur Abend-Zeit, wie ich ſie nah ans Licht
geſetzet;

Woſelbſt ich, ſo wie ich gewohnt, das Licht mit meiner
Hand bedeckt,

Und dadurch, mit geſtaͤrkten Augen, da ſie dem Schein
des Lichts ſo nah,

Derſelben Farben, Glanz und Gluht verdoppelt und
vervielfacht ſah.
Allein,
S 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0291" n="[277]"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Der Bluhmen-Topf.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <head> <hi rendition="#b">Jm Winter.</hi> </head><lb/>
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">M</hi>ein Ga&#x0364;rtner &#x017F;chickt&#x2019;, im Januar,</l><lb/>
                <l>Wie alles noch gefroren war,</l><lb/>
                <l>Mir einen Topf mit &#x017F;cho&#x0364;nen Bluhmen, an<lb/><hi rendition="#et">welchen ich mich recht erquickte:</hi></l><lb/>
                <l>Jndem ich Hyacinthen, Crocos, theils weiß, theils Pur-<lb/><hi rendition="#et">pur, drinn erblickte,</hi></l><lb/>
                <l>Auch manche Schnee-Bluhm&#x2019;; u&#x0364;berall mit jungem fri-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chem Laub umgeben.</hi></l><lb/>
                <l>Er hatte, bey den &#x017F;elb&#x017F;t gewach&#x017F;nen, um ihre Pracht<lb/><hi rendition="#et">noch zu erheben,</hi></l><lb/>
                <l>Levcojen, Nelken und Violen, neb&#x017F;t rothem Pfeffer,<lb/><hi rendition="#et">einge&#x017F;teckt;</hi></l><lb/>
                <l>Wovon der Farben bunte Menge, dem Blick, &#x017F;o manche<lb/><hi rendition="#et">Lu&#x017F;t erweckt,</hi></l><lb/>
                <l>Der &#x017F;ie bald all, bald einzeln, &#x017F;ah. Sie hatten mich<lb/><hi rendition="#et">am Tag&#x2019; ergetzet:</hi></l><lb/>
                <l>Nicht weniger zur Abend-Zeit, wie ich &#x017F;ie nah ans Licht<lb/><hi rendition="#et">ge&#x017F;etzet;</hi></l><lb/>
                <l>Wo&#x017F;elb&#x017F;t ich, &#x017F;o wie ich gewohnt, das Licht mit meiner<lb/><hi rendition="#et">Hand bedeckt,</hi></l><lb/>
                <l>Und dadurch, mit ge&#x017F;ta&#x0364;rkten Augen, da &#x017F;ie dem Schein<lb/><hi rendition="#et">des Lichts &#x017F;o nah,</hi></l><lb/>
                <l>Der&#x017F;elben Farben, Glanz und Gluht verdoppelt und<lb/><hi rendition="#et">vervielfacht &#x017F;ah.</hi></l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">S 3</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Allein,</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[277]/0291] Der Bluhmen-Topf. Jm Winter. Mein Gaͤrtner ſchickt’, im Januar, Wie alles noch gefroren war, Mir einen Topf mit ſchoͤnen Bluhmen, an welchen ich mich recht erquickte: Jndem ich Hyacinthen, Crocos, theils weiß, theils Pur- pur, drinn erblickte, Auch manche Schnee-Bluhm’; uͤberall mit jungem fri- ſchem Laub umgeben. Er hatte, bey den ſelbſt gewachſnen, um ihre Pracht noch zu erheben, Levcojen, Nelken und Violen, nebſt rothem Pfeffer, eingeſteckt; Wovon der Farben bunte Menge, dem Blick, ſo manche Luſt erweckt, Der ſie bald all, bald einzeln, ſah. Sie hatten mich am Tag’ ergetzet: Nicht weniger zur Abend-Zeit, wie ich ſie nah ans Licht geſetzet; Woſelbſt ich, ſo wie ich gewohnt, das Licht mit meiner Hand bedeckt, Und dadurch, mit geſtaͤrkten Augen, da ſie dem Schein des Lichts ſo nah, Derſelben Farben, Glanz und Gluht verdoppelt und vervielfacht ſah. Allein, S 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/291
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. [277]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/291>, abgerufen am 22.11.2024.