Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.Lehren der Creaturen, absonderlich der Bluhmen. Was giebt uns nicht das Buch der Welt von unsers Schöpfers Wunder-Wesen Für überzeuglich-klare Lehren, wie manchen schönen Text, zu lesen? Die Welt scheint eine große Schule, wo alle Creaturen Lehrer, Auch ohne Witz und Klugheit, sind. Die Lehre läßt sich fühlen, sehn, Zumal in den so schönen Bluhmen. Ein jeglicher ver- nünftger Hörer Kann, durch Betrachtung, ihren Jnhalt und eigentlichen Sinn verstehn. Sie rufen all', in sanftem Ton: Es ist ein Gott! Die Ordnung, Pracht, Licht, Farb', und Absicht, die wir haben, sind nicht durch uns, in uns, gemacht: Wir sind zu dumm, uns selbst zu bilden. So muß dann Anmuth, Pracht und Schein, Die ihr in unserm Wesen findet, von einem andern Wesen seyn, Das weiser ist, als wir und ihr. Dieß sagen sie Jahr aus, Jahr ein. Doch ihre Sprache fassen nur die Geister, welche, durch Betrachten, Nicht nur die schöne Schrift allein, den Jnhalt auch darinn, beachten. Der C 2
Lehren der Creaturen, abſonderlich der Bluhmen. Was giebt uns nicht das Buch der Welt von unſers Schoͤpfers Wunder-Weſen Fuͤr uͤberzeuglich-klare Lehren, wie manchen ſchoͤnen Text, zu leſen? Die Welt ſcheint eine große Schule, wo alle Creaturen Lehrer, Auch ohne Witz und Klugheit, ſind. Die Lehre laͤßt ſich fuͤhlen, ſehn, Zumal in den ſo ſchoͤnen Bluhmen. Ein jeglicher ver- nuͤnftger Hoͤrer Kann, durch Betrachtung, ihren Jnhalt und eigentlichen Sinn verſtehn. Sie rufen all’, in ſanftem Ton: Es iſt ein Gott! Die Ordnung, Pracht, Licht, Farb’, und Abſicht, die wir haben, ſind nicht durch uns, in uns, gemacht: Wir ſind zu dumm, uns ſelbſt zu bilden. So muß dann Anmuth, Pracht und Schein, Die ihr in unſerm Weſen findet, von einem andern Weſen ſeyn, Das weiſer iſt, als wir und ihr. Dieß ſagen ſie Jahr aus, Jahr ein. Doch ihre Sprache faſſen nur die Geiſter, welche, durch Betrachten, Nicht nur die ſchoͤne Schrift allein, den Jnhalt auch darinn, beachten. Der C 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0049" n="35"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Lehren der Creaturen, abſonderlich<lb/> der Bluhmen.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">W</hi>as giebt uns nicht das Buch der Welt von unſers<lb/><hi rendition="#et">Schoͤpfers Wunder-Weſen</hi></l><lb/> <l>Fuͤr uͤberzeuglich-klare Lehren, wie manchen ſchoͤnen<lb/><hi rendition="#et">Text, zu leſen?</hi></l><lb/> <l>Die Welt ſcheint eine große Schule, wo alle Creaturen<lb/><hi rendition="#et">Lehrer,</hi></l><lb/> <l>Auch ohne Witz und Klugheit, ſind. Die Lehre laͤßt ſich<lb/><hi rendition="#et">fuͤhlen, ſehn,</hi></l><lb/> <l>Zumal in den ſo ſchoͤnen Bluhmen. Ein jeglicher ver-<lb/><hi rendition="#et">nuͤnftger Hoͤrer</hi></l><lb/> <l>Kann, durch Betrachtung, ihren Jnhalt und eigentlichen<lb/><hi rendition="#et">Sinn verſtehn.</hi></l><lb/> <l>Sie rufen all’, in ſanftem Ton: <hi rendition="#fr">Es iſt ein Gott!</hi></l><lb/> <l><hi rendition="#fr"><hi rendition="#et">Die Ordnung, Pracht,</hi></hi><lb/><hi rendition="#et">Licht, Farb’, und Abſicht, die wir haben, ſind nicht<lb/><hi rendition="#et">durch uns, in uns, gemacht:</hi><lb/> Wir ſind zu dumm, uns ſelbſt zu bilden. So muß<lb/><hi rendition="#et">dann Anmuth, Pracht und Schein,</hi><lb/> Die ihr in unſerm Weſen findet, von einem<lb/><hi rendition="#et">andern Weſen ſeyn,</hi><lb/> Das weiſer iſt, als wir und ihr.</hi> Dieß ſagen ſie<lb/><hi rendition="#et">Jahr aus, Jahr ein.</hi></l><lb/> <l>Doch ihre Sprache faſſen nur die Geiſter, welche,<lb/><hi rendition="#et">durch Betrachten,</hi></l><lb/> <l>Nicht nur die ſchoͤne Schrift allein, den Jnhalt auch<lb/><hi rendition="#et">darinn, beachten.</hi></l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">C 2</fw> <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [35/0049]
Lehren der Creaturen, abſonderlich
der Bluhmen.
Was giebt uns nicht das Buch der Welt von unſers
Schoͤpfers Wunder-Weſen
Fuͤr uͤberzeuglich-klare Lehren, wie manchen ſchoͤnen
Text, zu leſen?
Die Welt ſcheint eine große Schule, wo alle Creaturen
Lehrer,
Auch ohne Witz und Klugheit, ſind. Die Lehre laͤßt ſich
fuͤhlen, ſehn,
Zumal in den ſo ſchoͤnen Bluhmen. Ein jeglicher ver-
nuͤnftger Hoͤrer
Kann, durch Betrachtung, ihren Jnhalt und eigentlichen
Sinn verſtehn.
Sie rufen all’, in ſanftem Ton: Es iſt ein Gott!
Die Ordnung, Pracht,
Licht, Farb’, und Abſicht, die wir haben, ſind nicht
durch uns, in uns, gemacht:
Wir ſind zu dumm, uns ſelbſt zu bilden. So muß
dann Anmuth, Pracht und Schein,
Die ihr in unſerm Weſen findet, von einem
andern Weſen ſeyn,
Das weiſer iſt, als wir und ihr. Dieß ſagen ſie
Jahr aus, Jahr ein.
Doch ihre Sprache faſſen nur die Geiſter, welche,
durch Betrachten,
Nicht nur die ſchoͤne Schrift allein, den Jnhalt auch
darinn, beachten.
Der
C 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |