Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Hartes Betragen der Menschen
gegen einander.
Jndem ich jüngst, in meinem Zimmer, bey einer Erden-
Kugel steh,

Und, auf derselben, neue Proben vom menschlichen Ver-
stande seh,

Der, (da er etwas, das so groß, bewundrungswürdig,
so verkleinet)

Recht unbegreiflich die Natur, zusamt der Kunst, in sich
vereinet;

Bewundert' ich Natur und Kunst, von beyden inniglich
gerührt:

Doch ward ich, eh ichs mich versah, auf eine neue Bahn
geführt.
Jch sahe, mit geschärftem Blick, die Stellen an, wo
Christen wohnen,

Jm Gegenhalt mit andern Oertern verschiedener Reli-
gionen,

Und stutzte, da ich die Verhältniß so klein, so gar aus-
nehmend klein,

An Weite, Meng' und Länge fand, daß, nicht nur nach
dem Augenschein,

Auch in der That fast kein Verhältniß von uns zu ihnen
sich befindet,

Zumal, wenn sich mit diesen allen noch eine Schwierigkeit
verbindet,

Da
Hartes Betragen der Menſchen
gegen einander.
Jndem ich juͤngſt, in meinem Zimmer, bey einer Erden-
Kugel ſteh,

Und, auf derſelben, neue Proben vom menſchlichen Ver-
ſtande ſeh,

Der, (da er etwas, das ſo groß, bewundrungswuͤrdig,
ſo verkleinet)

Recht unbegreiflich die Natur, zuſamt der Kunſt, in ſich
vereinet;

Bewundert’ ich Natur und Kunſt, von beyden inniglich
geruͤhrt:

Doch ward ich, eh ichs mich verſah, auf eine neue Bahn
gefuͤhrt.
Jch ſahe, mit geſchaͤrftem Blick, die Stellen an, wo
Chriſten wohnen,

Jm Gegenhalt mit andern Oertern verſchiedener Reli-
gionen,

Und ſtutzte, da ich die Verhaͤltniß ſo klein, ſo gar aus-
nehmend klein,

An Weite, Meng’ und Laͤnge fand, daß, nicht nur nach
dem Augenſchein,

Auch in der That faſt kein Verhaͤltniß von uns zu ihnen
ſich befindet,

Zumal, wenn ſich mit dieſen allen noch eine Schwierigkeit
verbindet,

Da
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0542" n="528"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Hartes Betragen der Men&#x017F;chen<lb/>
gegen einander.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">J</hi>ndem ich ju&#x0364;ng&#x017F;t, in meinem Zimmer, bey einer Erden-<lb/><hi rendition="#et">Kugel &#x017F;teh,</hi></l><lb/>
                <l>Und, auf der&#x017F;elben, neue Proben vom men&#x017F;chlichen Ver-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;tande &#x017F;eh,</hi></l><lb/>
                <l>Der, (da er etwas, das &#x017F;o groß, bewundrungswu&#x0364;rdig,<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;o verkleinet)</hi></l><lb/>
                <l>Recht unbegreiflich die Natur, zu&#x017F;amt der Kun&#x017F;t, in &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#et">vereinet;</hi></l><lb/>
                <l>Bewundert&#x2019; ich Natur und Kun&#x017F;t, von beyden inniglich<lb/><hi rendition="#et">geru&#x0364;hrt:</hi></l><lb/>
                <l>Doch ward ich, eh ichs mich ver&#x017F;ah, auf eine neue Bahn<lb/><hi rendition="#et">gefu&#x0364;hrt.</hi></l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Jch &#x017F;ahe, mit ge&#x017F;cha&#x0364;rftem Blick, die Stellen an, wo<lb/><hi rendition="#et">Chri&#x017F;ten wohnen,</hi></l><lb/>
                <l>Jm Gegenhalt mit andern Oertern ver&#x017F;chiedener Reli-<lb/><hi rendition="#et">gionen,</hi></l><lb/>
                <l>Und &#x017F;tutzte, da ich die Verha&#x0364;ltniß &#x017F;o klein, &#x017F;o gar aus-<lb/><hi rendition="#et">nehmend klein,</hi></l><lb/>
                <l>An Weite, Meng&#x2019; und La&#x0364;nge fand, daß, nicht nur nach<lb/><hi rendition="#et">dem Augen&#x017F;chein,</hi></l><lb/>
                <l>Auch in der That fa&#x017F;t kein Verha&#x0364;ltniß von uns zu ihnen<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ich befindet,</hi></l><lb/>
                <l>Zumal, wenn &#x017F;ich mit die&#x017F;en allen noch eine Schwierigkeit<lb/><hi rendition="#et">verbindet,</hi></l><lb/>
                <fw place="bottom" type="catch">Da</fw><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[528/0542] Hartes Betragen der Menſchen gegen einander. Jndem ich juͤngſt, in meinem Zimmer, bey einer Erden- Kugel ſteh, Und, auf derſelben, neue Proben vom menſchlichen Ver- ſtande ſeh, Der, (da er etwas, das ſo groß, bewundrungswuͤrdig, ſo verkleinet) Recht unbegreiflich die Natur, zuſamt der Kunſt, in ſich vereinet; Bewundert’ ich Natur und Kunſt, von beyden inniglich geruͤhrt: Doch ward ich, eh ichs mich verſah, auf eine neue Bahn gefuͤhrt. Jch ſahe, mit geſchaͤrftem Blick, die Stellen an, wo Chriſten wohnen, Jm Gegenhalt mit andern Oertern verſchiedener Reli- gionen, Und ſtutzte, da ich die Verhaͤltniß ſo klein, ſo gar aus- nehmend klein, An Weite, Meng’ und Laͤnge fand, daß, nicht nur nach dem Augenſchein, Auch in der That faſt kein Verhaͤltniß von uns zu ihnen ſich befindet, Zumal, wenn ſich mit dieſen allen noch eine Schwierigkeit verbindet, Da

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/542
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 528. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/542>, abgerufen am 22.11.2024.