Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.Großer Trost über unsere Kleinheit. Den Menschen hat Er bloß erwählt, ihm Seine weiseMacht zu weisen; Nur er ists, welchem Gott erlaubt, für alle Wunder Jhn zu preisen. Es kann der Mensch gewiß mit Nutzen sein' ungeheure Kleinheit fühlen; Allein, er muß um desto mehr Verwundrung-voll und dankbar seyn, Zu sehen, daß Gott ihn allein Gewürdigt, mit so vieler Huld und Vorzug nur auf ihn zu zielen, Jhn zum Besitzer der Natur, so ungezählter schönen Sachen, Und zum Betrachter Seiner Werk' und Wunder ihn allein zu machen. Anstatt denn, seine Niedrigkeit mit Gram und Dumm- heit anzusehn, Fühlt er vielmehr sein niedrigs Etwas um desto mehr sich noch erhöhn, Wenn er die edele Bestimmung von seinem Wesen über- denkt, Auch daß sie ihm, ohn sein Verdienst und Würdigkeit umsonst geschenkt. Er kann sich selbst, wenn er vernünftig, die süße Wahr- heit nicht verhehlen, Daß ihn der Schöpfer hier zum Vorwurf von Seiner Liebe wollen wehlen. Ja, sollten auch in andern Sphären, und andern Wel- ten, Millionen Vernünftger Creaturen wohnen, Die L l 2
Großer Troſt uͤber unſere Kleinheit. Den Menſchen hat Er bloß erwaͤhlt, ihm Seine weiſeMacht zu weiſen; Nur er iſts, welchem Gott erlaubt, fuͤr alle Wunder Jhn zu preiſen. Es kann der Menſch gewiß mit Nutzen ſein’ ungeheure Kleinheit fuͤhlen; Allein, er muß um deſto mehr Verwundrung-voll und dankbar ſeyn, Zu ſehen, daß Gott ihn allein Gewuͤrdigt, mit ſo vieler Huld und Vorzug nur auf ihn zu zielen, Jhn zum Beſitzer der Natur, ſo ungezaͤhlter ſchoͤnen Sachen, Und zum Betrachter Seiner Werk’ und Wunder ihn allein zu machen. Anſtatt denn, ſeine Niedrigkeit mit Gram und Dumm- heit anzuſehn, Fuͤhlt er vielmehr ſein niedrigs Etwas um deſto mehr ſich noch erhoͤhn, Wenn er die edele Beſtimmung von ſeinem Weſen uͤber- denkt, Auch daß ſie ihm, ohn ſein Verdienſt und Wuͤrdigkeit umſonſt geſchenkt. Er kann ſich ſelbſt, wenn er vernuͤnftig, die ſuͤße Wahr- heit nicht verhehlen, Daß ihn der Schoͤpfer hier zum Vorwurf von Seiner Liebe wollen wehlen. Ja, ſollten auch in andern Sphaͤren, und andern Wel- ten, Millionen Vernuͤnftger Creaturen wohnen, Die L l 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <lg n="3"> <pb facs="#f0545" n="531"/> <fw place="top" type="header">Großer Troſt uͤber unſere Kleinheit.</fw><lb/> <l>Den Menſchen hat Er bloß erwaͤhlt, ihm Seine weiſe<lb/><hi rendition="#et">Macht zu weiſen;</hi></l><lb/> <l>Nur er iſts, welchem Gott erlaubt, fuͤr alle Wunder Jhn<lb/><hi rendition="#et">zu preiſen.</hi></l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Es kann der Menſch gewiß mit Nutzen ſein’ ungeheure<lb/><hi rendition="#et">Kleinheit fuͤhlen;</hi></l><lb/> <l>Allein, er muß um deſto mehr Verwundrung-voll und<lb/><hi rendition="#et">dankbar ſeyn,</hi></l><lb/> <l>Zu ſehen, daß Gott ihn allein</l><lb/> <l>Gewuͤrdigt, mit ſo vieler Huld und Vorzug nur auf ihn<lb/><hi rendition="#et">zu zielen,</hi></l><lb/> <l>Jhn zum Beſitzer der Natur, ſo ungezaͤhlter ſchoͤnen<lb/><hi rendition="#et">Sachen,</hi></l><lb/> <l>Und zum Betrachter Seiner Werk’ und Wunder ihn allein<lb/><hi rendition="#et">zu machen.</hi></l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Anſtatt denn, ſeine Niedrigkeit mit Gram und Dumm-<lb/><hi rendition="#et">heit anzuſehn,</hi></l><lb/> <l>Fuͤhlt er vielmehr ſein niedrigs Etwas um deſto mehr ſich<lb/><hi rendition="#et">noch erhoͤhn,</hi></l><lb/> <l>Wenn er die edele Beſtimmung von ſeinem Weſen uͤber-<lb/><hi rendition="#et">denkt,</hi></l><lb/> <l>Auch daß ſie ihm, ohn ſein Verdienſt und Wuͤrdigkeit<lb/><hi rendition="#et">umſonſt geſchenkt.</hi></l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Er kann ſich ſelbſt, wenn er vernuͤnftig, die ſuͤße Wahr-<lb/><hi rendition="#et">heit nicht verhehlen,</hi></l><lb/> <l>Daß ihn der Schoͤpfer hier zum Vorwurf von Seiner Liebe<lb/><hi rendition="#et">wollen wehlen.</hi></l><lb/> <l>Ja, ſollten auch in andern Sphaͤren, und andern Wel-<lb/><hi rendition="#et">ten, Millionen</hi></l><lb/> <l>Vernuͤnftger Creaturen wohnen,</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">L l 2</fw> <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [531/0545]
Großer Troſt uͤber unſere Kleinheit.
Den Menſchen hat Er bloß erwaͤhlt, ihm Seine weiſe
Macht zu weiſen;
Nur er iſts, welchem Gott erlaubt, fuͤr alle Wunder Jhn
zu preiſen.
Es kann der Menſch gewiß mit Nutzen ſein’ ungeheure
Kleinheit fuͤhlen;
Allein, er muß um deſto mehr Verwundrung-voll und
dankbar ſeyn,
Zu ſehen, daß Gott ihn allein
Gewuͤrdigt, mit ſo vieler Huld und Vorzug nur auf ihn
zu zielen,
Jhn zum Beſitzer der Natur, ſo ungezaͤhlter ſchoͤnen
Sachen,
Und zum Betrachter Seiner Werk’ und Wunder ihn allein
zu machen.
Anſtatt denn, ſeine Niedrigkeit mit Gram und Dumm-
heit anzuſehn,
Fuͤhlt er vielmehr ſein niedrigs Etwas um deſto mehr ſich
noch erhoͤhn,
Wenn er die edele Beſtimmung von ſeinem Weſen uͤber-
denkt,
Auch daß ſie ihm, ohn ſein Verdienſt und Wuͤrdigkeit
umſonſt geſchenkt.
Er kann ſich ſelbſt, wenn er vernuͤnftig, die ſuͤße Wahr-
heit nicht verhehlen,
Daß ihn der Schoͤpfer hier zum Vorwurf von Seiner Liebe
wollen wehlen.
Ja, ſollten auch in andern Sphaͤren, und andern Wel-
ten, Millionen
Vernuͤnftger Creaturen wohnen,
Die
L l 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |