Wann nun auch der größte Geist, die durchdringensten Gedanken, Jn der Dinge Grund nicht dringen, denn der Geist hat seine Schranken, Ueber die sein schwaches Licht nicht vermögend weg zu scheinen; Also zeigt sein eigner Strahl, daß wir, auf der Welt, nur meynen, Und nicht weiter gehen können. Selbst der Glaube zeigt dieß an: (Welcher eine feste Meynung) daß man hier nicht wissen kann.
Dannenher ist unsre Pflicht, uns allhier, in allen Fällen, So weit unsre Kräfte gehn, stets das Beste vorzustellen, Unsere Vernunft zu brauchen, auch beym Glauben; denn nur dieß Setzet unsern Glauben fest, macht die Zuversicht gewiß.
Wir schränken unsre Meynung dann in diesen wichtgen Lehr-Satz ein: Des Glaubens Anfang muß Vernunft, ihr End' und Schluß der Glaube, seyn.
Unglücklicher
Vernunft und Glaube.
Wann nun auch der groͤßte Geiſt, die durchdringenſten Gedanken, Jn der Dinge Grund nicht dringen, denn der Geiſt hat ſeine Schranken, Ueber die ſein ſchwaches Licht nicht vermoͤgend weg zu ſcheinen; Alſo zeigt ſein eigner Strahl, daß wir, auf der Welt, nur meynen, Und nicht weiter gehen koͤnnen. Selbſt der Glaube zeigt dieß an: (Welcher eine feſte Meynung) daß man hier nicht wiſſen kann.
Dannenher iſt unſre Pflicht, uns allhier, in allen Faͤllen, So weit unſre Kraͤfte gehn, ſtets das Beſte vorzuſtellen, Unſere Vernunft zu brauchen, auch beym Glauben; denn nur dieß Setzet unſern Glauben feſt, macht die Zuverſicht gewiß.
Wir ſchraͤnken unſre Meynung dann in dieſen wichtgen Lehr-Satz ein: Des Glaubens Anfang muß Vernunft, ihr End’ und Schluß der Glaube, ſeyn.
Ungluͤcklicher
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0598"n="584"/><fwplace="top"type="header">Vernunft und Glaube.</fw><lb/><lgn="4"><l>Wann nun auch der groͤßte Geiſt, die durchdringenſten<lb/><hirendition="#et">Gedanken,</hi></l><lb/><l>Jn der Dinge Grund nicht dringen, denn der Geiſt hat<lb/><hirendition="#et">ſeine Schranken,</hi></l><lb/><l>Ueber die ſein ſchwaches Licht nicht vermoͤgend weg zu<lb/><hirendition="#et">ſcheinen;</hi></l><lb/><l>Alſo zeigt ſein eigner Strahl, daß wir, auf der Welt,<lb/><hirendition="#et">nur meynen,</hi></l><lb/><l>Und nicht weiter gehen koͤnnen. Selbſt der Glaube zeigt<lb/><hirendition="#et">dieß an:</hi></l><lb/><l>(Welcher eine feſte Meynung) daß man hier nicht wiſſen<lb/><hirendition="#et">kann.</hi></l></lg><lb/><lgn="5"><l>Dannenher iſt unſre Pflicht, uns allhier, in allen Faͤllen,</l><lb/><l>So weit unſre Kraͤfte gehn, ſtets das Beſte vorzuſtellen,</l><lb/><l>Unſere Vernunft zu brauchen, auch beym Glauben; denn<lb/><hirendition="#et">nur dieß</hi></l><lb/><l>Setzet unſern Glauben feſt, macht die Zuverſicht gewiß.</l></lg><lb/><lgn="6"><l>Wir ſchraͤnken unſre Meynung dann in dieſen wichtgen<lb/><hirendition="#et">Lehr-Satz ein:</hi></l><lb/><l><hirendition="#fr">Des Glaubens Anfang muß Vernunft, ihr End’ und</hi></l><lb/><l><hirendition="#fr"><hirendition="#et">Schluß der Glaube, ſeyn.</hi></hi></l></lg></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Ungluͤcklicher</hi></fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[584/0598]
Vernunft und Glaube.
Wann nun auch der groͤßte Geiſt, die durchdringenſten
Gedanken,
Jn der Dinge Grund nicht dringen, denn der Geiſt hat
ſeine Schranken,
Ueber die ſein ſchwaches Licht nicht vermoͤgend weg zu
ſcheinen;
Alſo zeigt ſein eigner Strahl, daß wir, auf der Welt,
nur meynen,
Und nicht weiter gehen koͤnnen. Selbſt der Glaube zeigt
dieß an:
(Welcher eine feſte Meynung) daß man hier nicht wiſſen
kann.
Dannenher iſt unſre Pflicht, uns allhier, in allen Faͤllen,
So weit unſre Kraͤfte gehn, ſtets das Beſte vorzuſtellen,
Unſere Vernunft zu brauchen, auch beym Glauben; denn
nur dieß
Setzet unſern Glauben feſt, macht die Zuverſicht gewiß.
Wir ſchraͤnken unſre Meynung dann in dieſen wichtgen
Lehr-Satz ein:
Des Glaubens Anfang muß Vernunft, ihr End’ und
Schluß der Glaube, ſeyn.
Ungluͤcklicher
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 584. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/598>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.