Doch immer als derselbige bestehe. Doch deucht mich auch dabey, Daß, wie es eigentlich geschehe, Uns doch nicht recht begreiflich sey. Thun es die Stamina für sich allein; So find' ich, daß sie mir doch dunkel seyn. Thut es denn unsre Seele; So fass' ich nicht, wie sie Sich mit des Körpers Stoff vermähle. Jst es denn noch ein' andre Kraft; So ist mir (ich gesteh's) auch deren Eigenschaft, Trotz aller meiner Müh' und Sorgen, Dennoch verborgen.
Wir werden denn auch hier, mit unserm Denken, Gezwungen, uns von uns zu lenken, Und in des Schöpfers Weisheit, Macht und Lieb' uns einzig zu versenken. Jndem wir, wenn wir redlich denken, dieß offenbar gestehen müssen: Daß, ob wir gleich die Weis' und Art von unsrer Aen- derung nicht wissen, Man darum doch ganz überzeuglich spühre, Daß Ordnung, Absicht, Macht, darinn zu finden sey; Auch, daß ein weiser Geist, so viel und mancherley, Auf eine weise Art, unmöglich ein Ungefehr, darinn regiere; Nicht minder, daß es uns zugleich von unserm Nichts, Und von der Herrlichkeit und Weisheit Seines Lichts, Unwidersprechlich überführe.
O glück-
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Beſtaͤndige Veraͤnderung unſerer Koͤrper.
Doch immer als derſelbige beſtehe. Doch deucht mich auch dabey, Daß, wie es eigentlich geſchehe, Uns doch nicht recht begreiflich ſey. Thun es die Stamina fuͤr ſich allein; So find’ ich, daß ſie mir doch dunkel ſeyn. Thut es denn unſre Seele; So faſſ’ ich nicht, wie ſie Sich mit des Koͤrpers Stoff vermaͤhle. Jſt es denn noch ein’ andre Kraft; So iſt mir (ich geſteh’s) auch deren Eigenſchaft, Trotz aller meiner Muͤh’ und Sorgen, Dennoch verborgen.
Wir werden denn auch hier, mit unſerm Denken, Gezwungen, uns von uns zu lenken, Und in des Schoͤpfers Weisheit, Macht und Lieb’ uns einzig zu verſenken. Jndem wir, wenn wir redlich denken, dieß offenbar geſtehen muͤſſen: Daß, ob wir gleich die Weiſ’ und Art von unſrer Aen- derung nicht wiſſen, Man darum doch ganz uͤberzeuglich ſpuͤhre, Daß Ordnung, Abſicht, Macht, darinn zu finden ſey; Auch, daß ein weiſer Geiſt, ſo viel und mancherley, Auf eine weiſe Art, unmoͤglich ein Ungefehr, darinn regiere; Nicht minder, daß es uns zugleich von unſerm Nichts, Und von der Herrlichkeit und Weisheit Seines Lichts, Unwiderſprechlich uͤberfuͤhre.
O gluͤck-
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Beſtaͤndige Veraͤnderung unſerer Koͤrper.
Doch immer als derſelbige beſtehe.
Doch deucht mich auch dabey,
Daß, wie es eigentlich geſchehe,
Uns doch nicht recht begreiflich ſey.
Thun es die Stamina fuͤr ſich allein;
So find’ ich, daß ſie mir doch dunkel ſeyn.
Thut es denn unſre Seele;
So faſſ’ ich nicht, wie ſie
Sich mit des Koͤrpers Stoff vermaͤhle.
Jſt es denn noch ein’ andre Kraft;
So iſt mir (ich geſteh’s) auch deren Eigenſchaft,
Trotz aller meiner Muͤh’ und Sorgen,
Dennoch verborgen.
Wir werden denn auch hier, mit unſerm Denken,
Gezwungen, uns von uns zu lenken,
Und in des Schoͤpfers Weisheit, Macht und Lieb’ uns
einzig zu verſenken.
Jndem wir, wenn wir redlich denken, dieß offenbar
geſtehen muͤſſen:
Daß, ob wir gleich die Weiſ’ und Art von unſrer Aen-
derung nicht wiſſen,
Man darum doch ganz uͤberzeuglich ſpuͤhre,
Daß Ordnung, Abſicht, Macht, darinn zu finden ſey;
Auch, daß ein weiſer Geiſt, ſo viel und mancherley,
Auf eine weiſe Art, unmoͤglich ein Ungefehr, darinn
regiere;
Nicht minder, daß es uns zugleich von unſerm Nichts,
Und von der Herrlichkeit und Weisheit Seines Lichts,
Unwiderſprechlich uͤberfuͤhre.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 595. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/609>, abgerufen am 26.06.2024.
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