Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.Bewundernswerthe Nahrung der Pflanzen. Zwar nicht von uns bewundert wird; das aber an sich selber wehrt, Daß mans bemerket, und darinn die Weisheit des Er- finders ehrt, Samt Seiner Lieb' und Seiner Macht. Es ziehen, aus der tiefen See, Durch der beflammten Sonne Kraft, sich Feuchtigkeiten in die Höh, Versammlen sich, formieren Wolken, und werden, als im Schlauch gefaßt, Von Winden hin und her getrieben, bis sie zuletzt, durch eigne Last, Sich wieder abwärts senken müssen: da, wenn sie nun herunter eilen, Die ihnen widerstehnde Lüfte sie sanfte von einander theilen, Daß sie nur tröpflend fallen können; wodurch, recht wie ein Gärtner gießt, Der Trank der Blätter und der Pflanzen, nur mählig, auf dieselben fließt, Sie netzet, kühlt, erfrischt und tränkt: da sie sich, durch die hohlen Röhren, Nachher annoch, von unten auf, durch ein besonders Triebwerk, nähren; So noch ein neues Wunderwerk. Ein Thier bemerket dieses nicht, Und sieht in dem, was, in dem Regen, Bewunderns- würdiges geschicht, Kein' Absicht, keine Weisheit, Ordnung, noch Frucht- barkeit, noch Nutz, noch Segen. Allein, die kluge Creatur, der Mensch, wird dieß oft überlegen, Jn
Bewundernswerthe Nahrung der Pflanzen. Zwar nicht von uns bewundert wird; das aber an ſich ſelber wehrt, Daß mans bemerket, und darinn die Weisheit des Er- finders ehrt, Samt Seiner Lieb’ und Seiner Macht. Es ziehen, aus der tiefen See, Durch der beflammten Sonne Kraft, ſich Feuchtigkeiten in die Hoͤh, Verſammlen ſich, formieren Wolken, und werden, als im Schlauch gefaßt, Von Winden hin und her getrieben, bis ſie zuletzt, durch eigne Laſt, Sich wieder abwaͤrts ſenken muͤſſen: da, wenn ſie nun herunter eilen, Die ihnen widerſtehnde Luͤfte ſie ſanfte von einander theilen, Daß ſie nur troͤpflend fallen koͤnnen; wodurch, recht wie ein Gaͤrtner gießt, Der Trank der Blaͤtter und der Pflanzen, nur maͤhlig, auf dieſelben fließt, Sie netzet, kuͤhlt, erfriſcht und traͤnkt: da ſie ſich, durch die hohlen Roͤhren, Nachher annoch, von unten auf, durch ein beſonders Triebwerk, naͤhren; So noch ein neues Wunderwerk. Ein Thier bemerket dieſes nicht, Und ſieht in dem, was, in dem Regen, Bewunderns- wuͤrdiges geſchicht, Kein’ Abſicht, keine Weisheit, Ordnung, noch Frucht- barkeit, noch Nutz, noch Segen. Allein, die kluge Creatur, der Menſch, wird dieß oft uͤberlegen, Jn
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Bewundernswerthe Nahrung der Pflanzen.
Zwar nicht von uns bewundert wird; das aber an ſich
ſelber wehrt,
Daß mans bemerket, und darinn die Weisheit des Er-
finders ehrt,
Samt Seiner Lieb’ und Seiner Macht. Es ziehen,
aus der tiefen See,
Durch der beflammten Sonne Kraft, ſich Feuchtigkeiten
in die Hoͤh,
Verſammlen ſich, formieren Wolken, und werden, als
im Schlauch gefaßt,
Von Winden hin und her getrieben, bis ſie zuletzt, durch
eigne Laſt,
Sich wieder abwaͤrts ſenken muͤſſen: da, wenn ſie nun
herunter eilen,
Die ihnen widerſtehnde Luͤfte ſie ſanfte von einander
theilen,
Daß ſie nur troͤpflend fallen koͤnnen; wodurch, recht
wie ein Gaͤrtner gießt,
Der Trank der Blaͤtter und der Pflanzen, nur maͤhlig,
auf dieſelben fließt,
Sie netzet, kuͤhlt, erfriſcht und traͤnkt: da ſie ſich, durch
die hohlen Roͤhren,
Nachher annoch, von unten auf, durch ein beſonders
Triebwerk, naͤhren;
So noch ein neues Wunderwerk. Ein Thier bemerket
dieſes nicht,
Und ſieht in dem, was, in dem Regen, Bewunderns-
wuͤrdiges geſchicht,
Kein’ Abſicht, keine Weisheit, Ordnung, noch Frucht-
barkeit, noch Nutz, noch Segen.
Allein, die kluge Creatur, der Menſch, wird dieß oft
uͤberlegen,
Jn
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