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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

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über das Reich der Pflanzen.
Wie viel Adern, Streife, Masern,
Zirkelzüge, Wirbelstrich,
Winkel, klein' und große Fasern
Sieht man, mit Verwundrung, sich
Jn den Stämmen, in den Zweigen,
Sonderlich in Wurzeln, zeigen;
Ein vernünftiges Gesicht
Sieht dieß ohn Vergnügen nicht.
Man erwäge doch und merke,
Wie das Holz so mancherley,
Und an Härte, Farb und Stärke
So gar unterschieden sey.
Jn den Wurzeln, Stamm und Rinden
Kann man manche Schönheit finden,
So an Farben, als Figur,
Man betrachte solches nur.
Ferner sehn wir auf den Zweigen,
Augen.Mit Vergnügen, Augen stehn,

Die so viele Wunder zeigen,
Wenn wir sie genau besehn,
Daß kein Mensch auf Erden lebet,
Der die Weisheit gnug erhebet,
Welche Gott, der alles schenkt,
Jn so kleinen Raum gesenkt.
Kno-
spen.
Diese Augen an den Bäumen
Sind, wie Kinder, anzusehn
Die aus ihren Müttern keimen,
Und im Winter stille stehn.
Da sie dann in vielen Decken,
Vor den Frost beschützet, stecken;
Ja man siehet sie so gar
Eingehüllt in zartem Haar.
Diese
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uͤber das Reich der Pflanzen.
Wie viel Adern, Streife, Maſern,
Zirkelzuͤge, Wirbelſtrich,
Winkel, klein’ und große Faſern
Sieht man, mit Verwundrung, ſich
Jn den Staͤmmen, in den Zweigen,
Sonderlich in Wurzeln, zeigen;
Ein vernuͤnftiges Geſicht
Sieht dieß ohn Vergnuͤgen nicht.
Man erwaͤge doch und merke,
Wie das Holz ſo mancherley,
Und an Haͤrte, Farb und Staͤrke
So gar unterſchieden ſey.
Jn den Wurzeln, Stamm und Rinden
Kann man manche Schoͤnheit finden,
So an Farben, als Figur,
Man betrachte ſolches nur.
Ferner ſehn wir auf den Zweigen,
Augen.Mit Vergnuͤgen, Augen ſtehn,

Die ſo viele Wunder zeigen,
Wenn wir ſie genau beſehn,
Daß kein Menſch auf Erden lebet,
Der die Weisheit gnug erhebet,
Welche Gott, der alles ſchenkt,
Jn ſo kleinen Raum geſenkt.
Kno-
ſpen.
Dieſe Augen an den Baͤumen
Sind, wie Kinder, anzuſehn
Die aus ihren Muͤttern keimen,
Und im Winter ſtille ſtehn.
Da ſie dann in vielen Decken,
Vor den Froſt beſchuͤtzet, ſtecken;
Ja man ſiehet ſie ſo gar
Eingehuͤllt in zartem Haar.
Dieſe
G 5
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[105/0125] uͤber das Reich der Pflanzen. Wie viel Adern, Streife, Maſern, Zirkelzuͤge, Wirbelſtrich, Winkel, klein’ und große Faſern Sieht man, mit Verwundrung, ſich Jn den Staͤmmen, in den Zweigen, Sonderlich in Wurzeln, zeigen; Ein vernuͤnftiges Geſicht Sieht dieß ohn Vergnuͤgen nicht. Man erwaͤge doch und merke, Wie das Holz ſo mancherley, Und an Haͤrte, Farb und Staͤrke So gar unterſchieden ſey. Jn den Wurzeln, Stamm und Rinden Kann man manche Schoͤnheit finden, So an Farben, als Figur, Man betrachte ſolches nur. Ferner ſehn wir auf den Zweigen, Mit Vergnuͤgen, Augen ſtehn, Die ſo viele Wunder zeigen, Wenn wir ſie genau beſehn, Daß kein Menſch auf Erden lebet, Der die Weisheit gnug erhebet, Welche Gott, der alles ſchenkt, Jn ſo kleinen Raum geſenkt. Dieſe Augen an den Baͤumen Sind, wie Kinder, anzuſehn Die aus ihren Muͤttern keimen, Und im Winter ſtille ſtehn. Da ſie dann in vielen Decken, Vor den Froſt beſchuͤtzet, ſtecken; Ja man ſiehet ſie ſo gar Eingehuͤllt in zartem Haar. Dieſe G 5

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/125>, abgerufen am 21.11.2024.