Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.über das Reich der Pflanzen. Wer in dem, was hier sich weiset, Den, der solche Wunder macht, Nicht mit froher Ehrfurcht preiset, Und dadurch zugleich veracht, Was wir bloß durch Jhn empfangen: Wie kann der mit Recht verlangen, Daß vor einem andern Thier Jhm ein Vorzugsrecht gebühr. Wo kömmt in der Menschen Seelen Solch ein fühllos Wesen her? Kann was Göttlichs ihr nur fehlen, Da sonst nichts von Gottheit leer? Da von Gott, obgleich verhüllet, Erd' und Himmel angefüllet? Alles ist voll Gott und Licht, Nur solch eine Seele nicht. Fast erstaunt von süssem Schrecken, Heiliger Verwundrung voll Kann ein frommer Geist entdecken, Wie so herrlich, wie so wohl Gott sich hier verbirgt und zeiget. Da wir, billig tiefgebeuget, Jhn verstehn und nicht verstehn, Jhn nicht sehen, und doch sehn. Herr! wie groß sind deine Werke! Ruft hier mein erstaunter Mund; Deine Weisheit, deine Stärke Machet jedes Sämlein kund! Solche Bilder zu erdenken, Solche Größe zu verschrenken Jn so kleinem Platz und Ort, Wirkt bloß dein allmächtig Wort. Ob H 3
uͤber das Reich der Pflanzen. Wer in dem, was hier ſich weiſet, Den, der ſolche Wunder macht, Nicht mit froher Ehrfurcht preiſet, Und dadurch zugleich veracht, Was wir bloß durch Jhn empfangen: Wie kann der mit Recht verlangen, Daß vor einem andern Thier Jhm ein Vorzugsrecht gebuͤhr. Wo koͤmmt in der Menſchen Seelen Solch ein fuͤhllos Weſen her? Kann was Goͤttlichs ihr nur fehlen, Da ſonſt nichts von Gottheit leer? Da von Gott, obgleich verhuͤllet, Erd’ und Himmel angefuͤllet? Alles iſt voll Gott und Licht, Nur ſolch eine Seele nicht. Faſt erſtaunt von ſuͤſſem Schrecken, Heiliger Verwundrung voll Kann ein frommer Geiſt entdecken, Wie ſo herrlich, wie ſo wohl Gott ſich hier verbirgt und zeiget. Da wir, billig tiefgebeuget, Jhn verſtehn und nicht verſtehn, Jhn nicht ſehen, und doch ſehn. Herr! wie groß ſind deine Werke! Ruft hier mein erſtaunter Mund; Deine Weisheit, deine Staͤrke Machet jedes Saͤmlein kund! Solche Bilder zu erdenken, Solche Groͤße zu verſchrenken Jn ſo kleinem Platz und Ort, Wirkt bloß dein allmaͤchtig Wort. Ob H 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0137" n="117"/> <fw place="top" type="header">uͤber das Reich der Pflanzen.</fw><lb/> <lg n="451"> <l>Wer in dem, was hier ſich weiſet,</l><lb/> <l>Den, der ſolche Wunder macht,</l><lb/> <l>Nicht mit froher Ehrfurcht preiſet,</l><lb/> <l>Und dadurch zugleich veracht,</l><lb/> <l>Was wir bloß durch Jhn empfangen:</l><lb/> <l>Wie kann der mit Recht verlangen,</l><lb/> <l>Daß vor einem andern Thier</l><lb/> <l>Jhm ein Vorzugsrecht gebuͤhr.</l> </lg><lb/> <lg n="452"> <l>Wo koͤmmt in der Menſchen Seelen</l><lb/> <l>Solch ein fuͤhllos Weſen her?</l><lb/> <l>Kann was Goͤttlichs ihr nur fehlen,</l><lb/> <l>Da ſonſt nichts von Gottheit leer?</l><lb/> <l>Da von Gott, obgleich verhuͤllet,</l><lb/> <l>Erd’ und Himmel angefuͤllet?</l><lb/> <l>Alles iſt voll Gott und Licht,</l><lb/> <l>Nur ſolch eine Seele nicht.</l> </lg><lb/> <lg n="453"> <l>Faſt erſtaunt von ſuͤſſem Schrecken,</l><lb/> <l>Heiliger Verwundrung voll</l><lb/> <l>Kann ein frommer Geiſt entdecken,</l><lb/> <l>Wie ſo herrlich, wie ſo wohl</l><lb/> <l>Gott ſich hier verbirgt und zeiget.</l><lb/> <l>Da wir, billig tiefgebeuget,</l><lb/> <l>Jhn verſtehn und nicht verſtehn,</l><lb/> <l>Jhn nicht ſehen, und doch ſehn.</l> </lg><lb/> <lg n="454"> <l>Herr! wie groß ſind deine Werke!</l><lb/> <l>Ruft hier mein erſtaunter Mund;</l><lb/> <l>Deine Weisheit, deine Staͤrke</l><lb/> <l>Machet jedes Saͤmlein kund!</l><lb/> <l>Solche Bilder zu erdenken,</l><lb/> <l>Solche Groͤße zu verſchrenken</l><lb/> <l>Jn ſo kleinem Platz und Ort,</l><lb/> <l>Wirkt bloß dein allmaͤchtig Wort.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">H 3</fw> <fw place="bottom" type="catch">Ob</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [117/0137]
uͤber das Reich der Pflanzen.
Wer in dem, was hier ſich weiſet,
Den, der ſolche Wunder macht,
Nicht mit froher Ehrfurcht preiſet,
Und dadurch zugleich veracht,
Was wir bloß durch Jhn empfangen:
Wie kann der mit Recht verlangen,
Daß vor einem andern Thier
Jhm ein Vorzugsrecht gebuͤhr.
Wo koͤmmt in der Menſchen Seelen
Solch ein fuͤhllos Weſen her?
Kann was Goͤttlichs ihr nur fehlen,
Da ſonſt nichts von Gottheit leer?
Da von Gott, obgleich verhuͤllet,
Erd’ und Himmel angefuͤllet?
Alles iſt voll Gott und Licht,
Nur ſolch eine Seele nicht.
Faſt erſtaunt von ſuͤſſem Schrecken,
Heiliger Verwundrung voll
Kann ein frommer Geiſt entdecken,
Wie ſo herrlich, wie ſo wohl
Gott ſich hier verbirgt und zeiget.
Da wir, billig tiefgebeuget,
Jhn verſtehn und nicht verſtehn,
Jhn nicht ſehen, und doch ſehn.
Herr! wie groß ſind deine Werke!
Ruft hier mein erſtaunter Mund;
Deine Weisheit, deine Staͤrke
Machet jedes Saͤmlein kund!
Solche Bilder zu erdenken,
Solche Groͤße zu verſchrenken
Jn ſo kleinem Platz und Ort,
Wirkt bloß dein allmaͤchtig Wort.
Ob
H 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |