Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Betrachtungen
Es war in den vor'gen Zeiten
Aller Pflanzen Art und Stand,
Kräft' und Mannichfaltigkeiten
Durch die Menge unbekannt,
Da man sie itzt durch der Kenner
Und verschied'ner großer Männer
Kunst und unverdross'nen Fleiß
Ziemlich einzutheilen weis.
Jn die zwey und zwanzig Arten
Trifft, mit viel Verwundrung, man
Auf dem Feld und in dem Garten
So von Bäum- als Pflanzen an.
Laßt uns nach der Ordnung gehen,
Und von Blumen erstlich sehen,
Die bey einem Blatt allein
Dennoch glockenförmig seyn.
Diese, wenn wir sie ergründen,
Theilen auf das neue sich,
Da sich unterschied'ne finden,
Die den Glocken eigentlich
Und in allen Stücken gleichen;
Jhrer viel' hingegen reichen
Nicht an ganzer Aehnlichkeit,
Da die Röhren nicht so weit.
And're sind hingegen breiter,
Gleichen dannenhero bald,
Da sie allenthalben weiter,
Einer Schüssel an Gestalt;
Noch sind andere zu finden,
Die sich in der Mitte ründen,
Wie man dieß an Glöckleinkraut,
Eibisch, Kürbs und Pappeln schaut.
Dieser
Betrachtungen
Es war in den vor’gen Zeiten
Aller Pflanzen Art und Stand,
Kraͤft’ und Mannichfaltigkeiten
Durch die Menge unbekannt,
Da man ſie itzt durch der Kenner
Und verſchied’ner großer Maͤnner
Kunſt und unverdroſſ’nen Fleiß
Ziemlich einzutheilen weis.
Jn die zwey und zwanzig Arten
Trifft, mit viel Verwundrung, man
Auf dem Feld und in dem Garten
So von Baͤum- als Pflanzen an.
Laßt uns nach der Ordnung gehen,
Und von Blumen erſtlich ſehen,
Die bey einem Blatt allein
Dennoch glockenfoͤrmig ſeyn.
Dieſe, wenn wir ſie ergruͤnden,
Theilen auf das neue ſich,
Da ſich unterſchied’ne finden,
Die den Glocken eigentlich
Und in allen Stuͤcken gleichen;
Jhrer viel’ hingegen reichen
Nicht an ganzer Aehnlichkeit,
Da die Roͤhren nicht ſo weit.
And’re ſind hingegen breiter,
Gleichen dannenhero bald,
Da ſie allenthalben weiter,
Einer Schuͤſſel an Geſtalt;
Noch ſind andere zu finden,
Die ſich in der Mitte ruͤnden,
Wie man dieß an Gloͤckleinkraut,
Eibiſch, Kuͤrbs und Pappeln ſchaut.
Dieſer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0148" n="128"/>
        <fw place="top" type="header">Betrachtungen</fw><lb/>
        <lg n="495">
          <l>Es war in den vor&#x2019;gen Zeiten</l><lb/>
          <l>Aller Pflanzen Art und Stand,</l><lb/>
          <l>Kra&#x0364;ft&#x2019; und Mannichfaltigkeiten</l><lb/>
          <l>Durch die Menge unbekannt,</l><lb/>
          <l>Da man &#x017F;ie itzt durch der Kenner</l><lb/>
          <l>Und ver&#x017F;chied&#x2019;ner großer Ma&#x0364;nner</l><lb/>
          <l>Kun&#x017F;t und unverdro&#x017F;&#x017F;&#x2019;nen Fleiß</l><lb/>
          <l>Ziemlich einzutheilen weis.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="496">
          <l>Jn die zwey und zwanzig Arten</l><lb/>
          <l>Trifft, mit viel Verwundrung, man</l><lb/>
          <l>Auf dem Feld und in dem Garten</l><lb/>
          <l>So von Ba&#x0364;um- als Pflanzen an.</l><lb/>
          <l>Laßt uns nach der Ordnung gehen,</l><lb/>
          <l>Und von Blumen er&#x017F;tlich &#x017F;ehen,</l><lb/>
          <l>Die bey einem Blatt allein</l><lb/>
          <l>Dennoch glockenfo&#x0364;rmig &#x017F;eyn.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="497">
          <l>Die&#x017F;e, wenn wir &#x017F;ie ergru&#x0364;nden,</l><lb/>
          <l>Theilen auf das neue &#x017F;ich,</l><lb/>
          <l>Da &#x017F;ich unter&#x017F;chied&#x2019;ne finden,</l><lb/>
          <l>Die den Glocken eigentlich</l><lb/>
          <l>Und in allen Stu&#x0364;cken gleichen;</l><lb/>
          <l>Jhrer viel&#x2019; hingegen reichen</l><lb/>
          <l>Nicht an ganzer Aehnlichkeit,</l><lb/>
          <l>Da die Ro&#x0364;hren nicht &#x017F;o weit.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="498">
          <l>And&#x2019;re &#x017F;ind hingegen breiter,</l><lb/>
          <l>Gleichen dannenhero bald,</l><lb/>
          <l>Da &#x017F;ie allenthalben weiter,</l><lb/>
          <l>Einer Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el an Ge&#x017F;talt;</l><lb/>
          <l>Noch &#x017F;ind andere zu finden,</l><lb/>
          <l>Die &#x017F;ich in der Mitte ru&#x0364;nden,</l><lb/>
          <l>Wie man dieß an Glo&#x0364;ckleinkraut,</l><lb/>
          <l>Eibi&#x017F;ch, Ku&#x0364;rbs und Pappeln &#x017F;chaut.</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Die&#x017F;er</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0148] Betrachtungen Es war in den vor’gen Zeiten Aller Pflanzen Art und Stand, Kraͤft’ und Mannichfaltigkeiten Durch die Menge unbekannt, Da man ſie itzt durch der Kenner Und verſchied’ner großer Maͤnner Kunſt und unverdroſſ’nen Fleiß Ziemlich einzutheilen weis. Jn die zwey und zwanzig Arten Trifft, mit viel Verwundrung, man Auf dem Feld und in dem Garten So von Baͤum- als Pflanzen an. Laßt uns nach der Ordnung gehen, Und von Blumen erſtlich ſehen, Die bey einem Blatt allein Dennoch glockenfoͤrmig ſeyn. Dieſe, wenn wir ſie ergruͤnden, Theilen auf das neue ſich, Da ſich unterſchied’ne finden, Die den Glocken eigentlich Und in allen Stuͤcken gleichen; Jhrer viel’ hingegen reichen Nicht an ganzer Aehnlichkeit, Da die Roͤhren nicht ſo weit. And’re ſind hingegen breiter, Gleichen dannenhero bald, Da ſie allenthalben weiter, Einer Schuͤſſel an Geſtalt; Noch ſind andere zu finden, Die ſich in der Mitte ruͤnden, Wie man dieß an Gloͤckleinkraut, Eibiſch, Kuͤrbs und Pappeln ſchaut. Dieſer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/148
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/148>, abgerufen am 15.05.2024.