Wann sich die kaum Kirschen gleichen; Dürfen die, an Größe, kaum Kleinen Straußeneyern weichen. Wie ist doch ein Pflaumenbaum Voller reif- und großen Früchte, Dem betrachtenden Gesichte, Wenn wir ihn mit Andacht sehn, So bewundernswerth, so schön!
Wenn bey mancherley Figuren Auch die Farben mancherley; Sehn wir abermal die Spuren, Daß es Gottes Finger sey, Der sowohl sie farbt, als bildet. Bald sind sie wie übergüldet, Da man oft an ihrer Haut Einen Glanz, wie gülden, schaut.
Andre glühen recht, und stehen Jn so gelb- als rother Glut, Noch an andern kann man sehen, Daß sie gänzlich roth, wie Blut; Braun sind viele; oftermalen Grün auch, wenn sie reif, die Schalen; Und ein Duft, als wie ein Thau, Färbt die meisten lieblichblau?
Diese Frucht erquickt und stärket, Wenn sie frisch ist, nicht allein; Sondern, wie man's wohl bemerket, Auch, wenn sie getrocknet seyn. Zur Gesundheit ist sie nütze, Denn sie dämpft zu starke Hitze. Sonderlich hat sie die Kraft, Daß sie Oeffnung uns verschafft.
Auf
L 2
uͤber das Reich der Pflanzen.
Wann ſich die kaum Kirſchen gleichen; Duͤrfen die, an Groͤße, kaum Kleinen Straußeneyern weichen. Wie iſt doch ein Pflaumenbaum Voller reif- und großen Fruͤchte, Dem betrachtenden Geſichte, Wenn wir ihn mit Andacht ſehn, So bewundernswerth, ſo ſchoͤn!
Wenn bey mancherley Figuren Auch die Farben mancherley; Sehn wir abermal die Spuren, Daß es Gottes Finger ſey, Der ſowohl ſie farbt, als bildet. Bald ſind ſie wie uͤberguͤldet, Da man oft an ihrer Haut Einen Glanz, wie guͤlden, ſchaut.
Andre gluͤhen recht, und ſtehen Jn ſo gelb- als rother Glut, Noch an andern kann man ſehen, Daß ſie gaͤnzlich roth, wie Blut; Braun ſind viele; oftermalen Gruͤn auch, wenn ſie reif, die Schalen; Und ein Duft, als wie ein Thau, Faͤrbt die meiſten lieblichblau?
Dieſe Frucht erquickt und ſtaͤrket, Wenn ſie friſch iſt, nicht allein; Sondern, wie man’s wohl bemerket, Auch, wenn ſie getrocknet ſeyn. Zur Geſundheit iſt ſie nuͤtze, Denn ſie daͤmpft zu ſtarke Hitze. Sonderlich hat ſie die Kraft, Daß ſie Oeffnung uns verſchafft.
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uͤber das Reich der Pflanzen.
Wann ſich die kaum Kirſchen gleichen;
Duͤrfen die, an Groͤße, kaum
Kleinen Straußeneyern weichen.
Wie iſt doch ein Pflaumenbaum
Voller reif- und großen Fruͤchte,
Dem betrachtenden Geſichte,
Wenn wir ihn mit Andacht ſehn,
So bewundernswerth, ſo ſchoͤn!
Wenn bey mancherley Figuren
Auch die Farben mancherley;
Sehn wir abermal die Spuren,
Daß es Gottes Finger ſey,
Der ſowohl ſie farbt, als bildet.
Bald ſind ſie wie uͤberguͤldet,
Da man oft an ihrer Haut
Einen Glanz, wie guͤlden, ſchaut.
Andre gluͤhen recht, und ſtehen
Jn ſo gelb- als rother Glut,
Noch an andern kann man ſehen,
Daß ſie gaͤnzlich roth, wie Blut;
Braun ſind viele; oftermalen
Gruͤn auch, wenn ſie reif, die Schalen;
Und ein Duft, als wie ein Thau,
Faͤrbt die meiſten lieblichblau?
Dieſe Frucht erquickt und ſtaͤrket,
Wenn ſie friſch iſt, nicht allein;
Sondern, wie man’s wohl bemerket,
Auch, wenn ſie getrocknet ſeyn.
Zur Geſundheit iſt ſie nuͤtze,
Denn ſie daͤmpft zu ſtarke Hitze.
Sonderlich hat ſie die Kraft,
Daß ſie Oeffnung uns verſchafft.
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/183>, abgerufen am 16.07.2024.
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