Wie Gras und Kräuter unsre Thiere, die Thiere Gras und Kräuter speisen. Daß diesem Wechselzirkel nun nur bloß die gröbern Theil' allein, Und nicht der Thiergeist und der Geist der Nerven un- terwürfig seyn, Zusammt des Samens geistig Feuer, kömmt, aus verschied'- nen Gründen, mir Bey reifer Ueberlegung glaublich, und mehr noch, als wahrscheinlich, für.
Wie wenig wir nun das Geheimniß von zweyerley Ge- schlechtern fassen, So soll man doch dieß große Wunder nicht gänzlich un- erörtert lassen. Denn ob wir gleich vorher begreifen, daß man es nicht begreifen kann, Sieht man es doch von der Bewundrung als einen würd'gen Vorwurf an, Und scheinen wir, wird gleich der Grund von diesem Wunder nicht gefunden, Zu einer ehrerbietigen Bewunderung dennoch verbunden.
So viel uns die Erfahrung zeigt, scheint zur Vermeh- rung ganz allein, Und zwar zu einer angenehmen, ein zwiefachs Ein be- stimmt zu seyn; Denn so viel können wir aufs mindste von dieser Absicht doch verstehen, Die so bewundernswerthe Theilung sey zu dem Endzweck bloß geschehen, Zwo Hälften, durch sich, zu vergnügen. Wer nimmt nicht Weisheit, Güte, Macht,
Und
Betrachtungen
Wie Gras und Kraͤuter unſre Thiere, die Thiere Gras und Kraͤuter ſpeiſen. Daß dieſem Wechſelzirkel nun nur bloß die groͤbern Theil’ allein, Und nicht der Thiergeiſt und der Geiſt der Nerven un- terwuͤrfig ſeyn, Zuſammt des Samens geiſtig Feuer, koͤmmt, aus verſchied’- nen Gruͤnden, mir Bey reifer Ueberlegung glaublich, und mehr noch, als wahrſcheinlich, fuͤr.
Wie wenig wir nun das Geheimniß von zweyerley Ge- ſchlechtern faſſen, So ſoll man doch dieß große Wunder nicht gaͤnzlich un- eroͤrtert laſſen. Denn ob wir gleich vorher begreifen, daß man es nicht begreifen kann, Sieht man es doch von der Bewundrung als einen wuͤrd’gen Vorwurf an, Und ſcheinen wir, wird gleich der Grund von dieſem Wunder nicht gefunden, Zu einer ehrerbietigen Bewunderung dennoch verbunden.
So viel uns die Erfahrung zeigt, ſcheint zur Vermeh- rung ganz allein, Und zwar zu einer angenehmen, ein zwiefachs Ein be- ſtimmt zu ſeyn; Denn ſo viel koͤnnen wir aufs mindſte von dieſer Abſicht doch verſtehen, Die ſo bewundernswerthe Theilung ſey zu dem Endzweck bloß geſchehen, Zwo Haͤlften, durch ſich, zu vergnuͤgen. Wer nimmt nicht Weisheit, Guͤte, Macht,
Und
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Betrachtungen
Wie Gras und Kraͤuter unſre Thiere, die Thiere Gras und
Kraͤuter ſpeiſen.
Daß dieſem Wechſelzirkel nun nur bloß die groͤbern Theil’
allein,
Und nicht der Thiergeiſt und der Geiſt der Nerven un-
terwuͤrfig ſeyn,
Zuſammt des Samens geiſtig Feuer, koͤmmt, aus verſchied’-
nen Gruͤnden, mir
Bey reifer Ueberlegung glaublich, und mehr noch, als
wahrſcheinlich, fuͤr.
Wie wenig wir nun das Geheimniß von zweyerley Ge-
ſchlechtern faſſen,
So ſoll man doch dieß große Wunder nicht gaͤnzlich un-
eroͤrtert laſſen.
Denn ob wir gleich vorher begreifen, daß man es nicht
begreifen kann,
Sieht man es doch von der Bewundrung als einen
wuͤrd’gen Vorwurf an,
Und ſcheinen wir, wird gleich der Grund von dieſem
Wunder nicht gefunden,
Zu einer ehrerbietigen Bewunderung dennoch verbunden.
So viel uns die Erfahrung zeigt, ſcheint zur Vermeh-
rung ganz allein,
Und zwar zu einer angenehmen, ein zwiefachs Ein be-
ſtimmt zu ſeyn;
Denn ſo viel koͤnnen wir aufs mindſte von dieſer Abſicht
doch verſtehen,
Die ſo bewundernswerthe Theilung ſey zu dem Endzweck
bloß geſchehen,
Zwo Haͤlften, durch ſich, zu vergnuͤgen. Wer nimmt
nicht Weisheit, Guͤte, Macht,
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/246>, abgerufen am 16.07.2024.
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