Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.Betrachtungen Es wird von allem, was da lebet, nichts als auf diese Art gezeuget, Nichts als von Zweyen fortgebracht. Ob dieß nun auch zu Geistern steiget Jn einer geistigen Vermählung; davon, weil nichts es deutlich zeiget, Schweigt billig mein gescheuchter Kiel. Zumal zeucht mein geblendter Blick Vom Vorwurf einer ew'gen Zeugung in tiefster Ehrfurcht sich zurück, Und zieh ich von so hoher Fahrt mit allem Recht die Se- gel ein. Doch dürfte diese Frage hier vielleicht zu untersuchen seyn: Ob wir, wenn anderer Gedanken mit unserm Geiste sich verbinden, Auch in denselbigen nicht gleichsam ein geistiges Vermi- schen finden, Und ob wir selbiges dafür mit allem Recht nicht achten können, Zumal wir sie Conceptiones schon ohnedas gewohnt zu nennen? Hat unser Geist die Kraft, Jdeen zu zeugen, die ihm Gott geschenkt; So ist vielleicht dem Geist, im Samen, die Bildungs- kraft auch eingesenkt, Nach den Jdeen, die er hatte, und nach des Stoffs Beschaffenheit Jhn nach Vermögen einzurichten. Ein Maler, welcher was erfinden Und Bilder figuriren will, den führet, zu der Aehn- lichkeit Die
Betrachtungen Es wird von allem, was da lebet, nichts als auf dieſe Art gezeuget, Nichts als von Zweyen fortgebracht. Ob dieß nun auch zu Geiſtern ſteiget Jn einer geiſtigen Vermaͤhlung; davon, weil nichts es deutlich zeiget, Schweigt billig mein geſcheuchter Kiel. Zumal zeucht mein geblendter Blick Vom Vorwurf einer ew’gen Zeugung in tiefſter Ehrfurcht ſich zuruͤck, Und zieh ich von ſo hoher Fahrt mit allem Recht die Se- gel ein. Doch duͤrfte dieſe Frage hier vielleicht zu unterſuchen ſeyn: Ob wir, wenn anderer Gedanken mit unſerm Geiſte ſich verbinden, Auch in denſelbigen nicht gleichſam ein geiſtiges Vermi- ſchen finden, Und ob wir ſelbiges dafuͤr mit allem Recht nicht achten koͤnnen, Zumal wir ſie Conceptiones ſchon ohnedas gewohnt zu nennen? Hat unſer Geiſt die Kraft, Jdeen zu zeugen, die ihm Gott geſchenkt; So iſt vielleicht dem Geiſt, im Samen, die Bildungs- kraft auch eingeſenkt, Nach den Jdeen, die er hatte, und nach des Stoffs Beſchaffenheit Jhn nach Vermoͤgen einzurichten. Ein Maler, welcher was erfinden Und Bilder figuriren will, den fuͤhret, zu der Aehn- lichkeit Die
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Betrachtungen
Es wird von allem, was da lebet, nichts als auf
dieſe Art gezeuget,
Nichts als von Zweyen fortgebracht. Ob dieß nun auch
zu Geiſtern ſteiget
Jn einer geiſtigen Vermaͤhlung; davon, weil nichts es
deutlich zeiget,
Schweigt billig mein geſcheuchter Kiel. Zumal zeucht
mein geblendter Blick
Vom Vorwurf einer ew’gen Zeugung in tiefſter Ehrfurcht
ſich zuruͤck,
Und zieh ich von ſo hoher Fahrt mit allem Recht die Se-
gel ein.
Doch duͤrfte dieſe Frage hier vielleicht zu unterſuchen
ſeyn:
Ob wir, wenn anderer Gedanken mit unſerm Geiſte ſich
verbinden,
Auch in denſelbigen nicht gleichſam ein geiſtiges Vermi-
ſchen finden,
Und ob wir ſelbiges dafuͤr mit allem Recht nicht achten
koͤnnen,
Zumal wir ſie Conceptiones ſchon ohnedas gewohnt zu
nennen?
Hat unſer Geiſt die Kraft, Jdeen zu zeugen, die ihm
Gott geſchenkt;
So iſt vielleicht dem Geiſt, im Samen, die Bildungs-
kraft auch eingeſenkt,
Nach den Jdeen, die er hatte, und nach des Stoffs
Beſchaffenheit
Jhn nach Vermoͤgen einzurichten. Ein Maler, welcher
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Und Bilder figuriren will, den fuͤhret, zu der Aehn-
lichkeit
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