Verändern sich die Nahrungsgänge. Was sonst sich an- derwerts ergoß, Und für die Mutter bloß allein in ganz verschiednen Röh- ren floß, Davon bemüht sich dann ein Theil zum neuen Gaste zu gelangen, Um ihn auf eine Art zu nähren, die nimmermehr beque- mer seyn Und besser könnt erfunden werden. Wird auch hieraus nicht ein Verstand, Der aller Künstler Witz und Einsicht unendlich übertrifft, erkannt? Wenn Thiere nun gebohren worden, die sonsten Hunger sterben müßten, Verändern sich die Säft' aufs neue, und ziehn sich nach der Mutter Brüsten, Wornach sich denn das junge Thier aus innerlichem Trie- be lenkt, Und sich, als aus stetsvollen Krügen, mit sanfter Wol- lust nährt und tränkt. Sind dieß nicht neue Wunderwerke, und auch, wie tau- send andre, werth, Daß man des wunderbaren Schöpfers Macht, Lieb' und Vorsicht dabey ehrt? Da Thierchen, die noch nichts begreifen, und doch durch Saugen leben müssen, Die Werkzeug zu dem Saugen haben, noch mehr, da sie zu saugen wissen! Wobey besonders noch zu merken, daß bey den Thieren allemal Die Zahl der Eyter eingerichtet nach der vorhandnen Jungen Zahl.
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Betrachtungen
Veraͤndern ſich die Nahrungsgaͤnge. Was ſonſt ſich an- derwerts ergoß, Und fuͤr die Mutter bloß allein in ganz verſchiednen Roͤh- ren floß, Davon bemuͤht ſich dann ein Theil zum neuen Gaſte zu gelangen, Um ihn auf eine Art zu naͤhren, die nimmermehr beque- mer ſeyn Und beſſer koͤnnt erfunden werden. Wird auch hieraus nicht ein Verſtand, Der aller Kuͤnſtler Witz und Einſicht unendlich uͤbertrifft, erkannt? Wenn Thiere nun gebohren worden, die ſonſten Hunger ſterben muͤßten, Veraͤndern ſich die Saͤft’ aufs neue, und ziehn ſich nach der Mutter Bruͤſten, Wornach ſich denn das junge Thier aus innerlichem Trie- be lenkt, Und ſich, als aus ſtetsvollen Kruͤgen, mit ſanfter Wol- luſt naͤhrt und traͤnkt. Sind dieß nicht neue Wunderwerke, und auch, wie tau- ſend andre, werth, Daß man des wunderbaren Schoͤpfers Macht, Lieb’ und Vorſicht dabey ehrt? Da Thierchen, die noch nichts begreifen, und doch durch Saugen leben muͤſſen, Die Werkzeug zu dem Saugen haben, noch mehr, da ſie zu ſaugen wiſſen! Wobey beſonders noch zu merken, daß bey den Thieren allemal Die Zahl der Eyter eingerichtet nach der vorhandnen Jungen Zahl.
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Betrachtungen
Veraͤndern ſich die Nahrungsgaͤnge. Was ſonſt ſich an-
derwerts ergoß,
Und fuͤr die Mutter bloß allein in ganz verſchiednen Roͤh-
ren floß,
Davon bemuͤht ſich dann ein Theil zum neuen Gaſte zu
gelangen,
Um ihn auf eine Art zu naͤhren, die nimmermehr beque-
mer ſeyn
Und beſſer koͤnnt erfunden werden. Wird auch hieraus
nicht ein Verſtand,
Der aller Kuͤnſtler Witz und Einſicht unendlich uͤbertrifft,
erkannt?
Wenn Thiere nun gebohren worden, die ſonſten Hunger
ſterben muͤßten,
Veraͤndern ſich die Saͤft’ aufs neue, und ziehn ſich nach
der Mutter Bruͤſten,
Wornach ſich denn das junge Thier aus innerlichem Trie-
be lenkt,
Und ſich, als aus ſtetsvollen Kruͤgen, mit ſanfter Wol-
luſt naͤhrt und traͤnkt.
Sind dieß nicht neue Wunderwerke, und auch, wie tau-
ſend andre, werth,
Daß man des wunderbaren Schoͤpfers Macht, Lieb’ und
Vorſicht dabey ehrt?
Da Thierchen, die noch nichts begreifen, und doch durch
Saugen leben muͤſſen,
Die Werkzeug zu dem Saugen haben, noch mehr, da
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/256>, abgerufen am 16.07.2024.
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