Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
Betrachtungen
Der Esel.
Auch der Esel, ob man ihn sonder Ursach oft verach-
tet,
Jst, wenn man sein ganzes Wesen ohne Vorurtheil be-
trachtet,
Ein besonders nützlichs Thier. Jst sein Geist gleich dumm
und träge,
Läßt er sich gleich zu der Arbeit selten leiten, als durch
Schläge;
Jst er dennoch sehr geduldig, dauerhaft, und stark da-
bey,
Große Lasten wegzutragen: daß auch in der Arzeney
Dieses Thieres Milch besonders von dem stärksten Nutzen
sey;
Zeiget die Erfahrung täglich. Womit man ihn hält und
nährt,
Jst von so geringen Kosten, daß sein Futter fast nichts
werth:
Dorn und Diesteln, Stroh und Spreu, was so Pferd
als Rindvieh liegen,
Fallen lassen und zertreten, frißt der Esel mit Vergnü-
gen.
Außer daß er Lasten trägt, brauchet man ihn auch zum
Pflügen,
Karrenziehen und zum Egen. Seine Milch dient nicht
allein
Jn der Schwindsucht, auch zur Gicht und zum Poda-
gra; sie heilet
Jnnere Entzündungen, sie soll gar vortrefflich seyn,
Eine schöne Haut zu machen, sie ergänzet und ertheilet
Hülf
Betrachtungen
Der Eſel.
Auch der Eſel, ob man ihn ſonder Urſach oft verach-
tet,
Jſt, wenn man ſein ganzes Weſen ohne Vorurtheil be-
trachtet,
Ein beſonders nuͤtzlichs Thier. Jſt ſein Geiſt gleich dumm
und traͤge,
Laͤßt er ſich gleich zu der Arbeit ſelten leiten, als durch
Schlaͤge;
Jſt er dennoch ſehr geduldig, dauerhaft, und ſtark da-
bey,
Große Laſten wegzutragen: daß auch in der Arzeney
Dieſes Thieres Milch beſonders von dem ſtaͤrkſten Nutzen
ſey;
Zeiget die Erfahrung taͤglich. Womit man ihn haͤlt und
naͤhrt,
Jſt von ſo geringen Koſten, daß ſein Futter faſt nichts
werth:
Dorn und Dieſteln, Stroh und Spreu, was ſo Pferd
als Rindvieh liegen,
Fallen laſſen und zertreten, frißt der Eſel mit Vergnuͤ-
gen.
Außer daß er Laſten traͤgt, brauchet man ihn auch zum
Pfluͤgen,
Karrenziehen und zum Egen. Seine Milch dient nicht
allein
Jn der Schwindſucht, auch zur Gicht und zum Poda-
gra; ſie heilet
Jnnere Entzuͤndungen, ſie ſoll gar vortrefflich ſeyn,
Eine ſchoͤne Haut zu machen, ſie ergaͤnzet und ertheilet
Huͤlf
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0292" n="272"/>
        <fw place="top" type="header">Betrachtungen</fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Der E&#x017F;el.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">A</hi>uch der E&#x017F;el, ob man ihn &#x017F;onder Ur&#x017F;ach oft verach-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">tet,</hi> </l><lb/>
            <l>J&#x017F;t, wenn man &#x017F;ein ganzes We&#x017F;en ohne Vorurtheil be-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">trachtet,</hi> </l><lb/>
            <l>Ein be&#x017F;onders nu&#x0364;tzlichs Thier. J&#x017F;t &#x017F;ein Gei&#x017F;t gleich dumm</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">und tra&#x0364;ge,</hi> </l><lb/>
            <l>La&#x0364;ßt er &#x017F;ich gleich zu der Arbeit &#x017F;elten leiten, als durch</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Schla&#x0364;ge;</hi> </l><lb/>
            <l>J&#x017F;t er dennoch &#x017F;ehr geduldig, dauerhaft, und &#x017F;tark da-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">bey,</hi> </l><lb/>
            <l>Große La&#x017F;ten wegzutragen: daß auch in der Arzeney</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;es Thieres Milch be&#x017F;onders von dem &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten Nutzen</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">&#x017F;ey;</hi> </l><lb/>
            <l>Zeiget die Erfahrung ta&#x0364;glich. Womit man ihn ha&#x0364;lt und</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">na&#x0364;hrt,</hi> </l><lb/>
            <l>J&#x017F;t von &#x017F;o geringen Ko&#x017F;ten, daß &#x017F;ein Futter fa&#x017F;t nichts</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">werth:</hi> </l><lb/>
            <l>Dorn und Die&#x017F;teln, Stroh und Spreu, was &#x017F;o Pferd</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">als Rindvieh liegen,</hi> </l><lb/>
            <l>Fallen la&#x017F;&#x017F;en und zertreten, frißt der E&#x017F;el mit Vergnu&#x0364;-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">gen.</hi> </l><lb/>
            <l>Außer daß er La&#x017F;ten tra&#x0364;gt, brauchet man ihn auch zum</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Pflu&#x0364;gen,</hi> </l><lb/>
            <l>Karrenziehen und zum Egen. Seine Milch dient nicht</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">allein</hi> </l><lb/>
            <l>Jn der Schwind&#x017F;ucht, auch zur Gicht und zum Poda-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">gra; &#x017F;ie heilet</hi> </l><lb/>
            <l>Jnnere Entzu&#x0364;ndungen, &#x017F;ie &#x017F;oll gar vortrefflich &#x017F;eyn,</l><lb/>
            <l>Eine &#x017F;cho&#x0364;ne Haut zu machen, &#x017F;ie erga&#x0364;nzet und ertheilet</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Hu&#x0364;lf</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[272/0292] Betrachtungen Der Eſel. Auch der Eſel, ob man ihn ſonder Urſach oft verach- tet, Jſt, wenn man ſein ganzes Weſen ohne Vorurtheil be- trachtet, Ein beſonders nuͤtzlichs Thier. Jſt ſein Geiſt gleich dumm und traͤge, Laͤßt er ſich gleich zu der Arbeit ſelten leiten, als durch Schlaͤge; Jſt er dennoch ſehr geduldig, dauerhaft, und ſtark da- bey, Große Laſten wegzutragen: daß auch in der Arzeney Dieſes Thieres Milch beſonders von dem ſtaͤrkſten Nutzen ſey; Zeiget die Erfahrung taͤglich. Womit man ihn haͤlt und naͤhrt, Jſt von ſo geringen Koſten, daß ſein Futter faſt nichts werth: Dorn und Dieſteln, Stroh und Spreu, was ſo Pferd als Rindvieh liegen, Fallen laſſen und zertreten, frißt der Eſel mit Vergnuͤ- gen. Außer daß er Laſten traͤgt, brauchet man ihn auch zum Pfluͤgen, Karrenziehen und zum Egen. Seine Milch dient nicht allein Jn der Schwindſucht, auch zur Gicht und zum Poda- gra; ſie heilet Jnnere Entzuͤndungen, ſie ſoll gar vortrefflich ſeyn, Eine ſchoͤne Haut zu machen, ſie ergaͤnzet und ertheilet Huͤlf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/292
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/292>, abgerufen am 22.11.2024.