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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

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Betrachtungen
Der Affe.
Scheinet nun von allen Thieren eins zu unsrer Lust
geschaffen
Und zum Vorwurf der Bewundrung, so sind es gewiß
die Affen.
Nicht nur in des Körpers Bau, auch in Mienen und Ge-
berden,
Jn behenden Handlungen, Munterkeit und Schlauigkeit,
Jn der seltsamen Bewegung Arten und Verschiedenheit
Müssen sie im ersten Grad fast von uns gerechnet werden:
Ja für einen Philosophen, da sein Thun so ungemein,
Dürft ein Aff zur Ueberlegung wohl ein würd'ger Vorwurf
seyn.
Wenn man recht die Trieb' erwägt, die in Affen zu entdecken,
Wie so fern am Leib und Geist sich die Fähigkeiten strecken,
Wird fast unsere Vernunft über diese Thiere stutzen,
Und darinn von der Natur Ordnungen und Graden sehn,
Wodurch gleichsam auch die Thiere sich zu uns noch mehr
erhöhn,
Als es fast der Stolz erlaubet: Also kann ein Aff auch nutzen
Und zur Demuth gleichsam leiten. Billig fällt hiebey uns ein:
Was für eine Geisterleiter muß wohl nicht vorhanden seyn,
Die von uns hinab- auch aufwerts mit so manchen Staffeln
führt,
Daß weil wir kein End erblicken, die Vernunft sich fast
verliert.
Was sie all für Handlungen künstlich nachzuahmen wissen,
Auch was sie von selbsten thun, davon werd' ich schweigen
müssen,
Weil die Vielheit gar zu groß. Dieses macht, daß ich allein
Zur Betrachtung, daß auch sie uns zu Gut erschaffen seyn,
Zur Bewunderung und Dank, wie ich schuldig bin, mich kehre
Und so, wie in allen Werken, auch in ihm, den Schöpfer ehre.
Das
Betrachtungen
Der Affe.
Scheinet nun von allen Thieren eins zu unſrer Luſt
geſchaffen
Und zum Vorwurf der Bewundrung, ſo ſind es gewiß
die Affen.
Nicht nur in des Koͤrpers Bau, auch in Mienen und Ge-
berden,
Jn behenden Handlungen, Munterkeit und Schlauigkeit,
Jn der ſeltſamen Bewegung Arten und Verſchiedenheit
Muͤſſen ſie im erſten Grad faſt von uns gerechnet werden:
Ja fuͤr einen Philoſophen, da ſein Thun ſo ungemein,
Duͤrft ein Aff zur Ueberlegung wohl ein wuͤrd’ger Vorwurf
ſeyn.
Wenn man recht die Trieb’ erwaͤgt, die in Affen zu entdecken,
Wie ſo fern am Leib und Geiſt ſich die Faͤhigkeiten ſtrecken,
Wird faſt unſere Vernunft uͤber dieſe Thiere ſtutzen,
Und darinn von der Natur Ordnungen und Graden ſehn,
Wodurch gleichſam auch die Thiere ſich zu uns noch mehr
erhoͤhn,
Als es faſt der Stolz erlaubet: Alſo kann ein Aff auch nutzen
Und zur Demuth gleichſam leiten. Billig faͤllt hiebey uns ein:
Was fuͤr eine Geiſterleiter muß wohl nicht vorhanden ſeyn,
Die von uns hinab- auch aufwerts mit ſo manchen Staffeln
fuͤhrt,
Daß weil wir kein End erblicken, die Vernunft ſich faſt
verliert.
Was ſie all fuͤr Handlungen kuͤnſtlich nachzuahmen wiſſen,
Auch was ſie von ſelbſten thun, davon werd’ ich ſchweigen
muͤſſen,
Weil die Vielheit gar zu groß. Dieſes macht, daß ich allein
Zur Betrachtung, daß auch ſie uns zu Gut erſchaffen ſeyn,
Zur Bewunderung und Dank, wie ich ſchuldig bin, mich kehre
Und ſo, wie in allen Werken, auch in ihm, den Schoͤpfer ehre.
Das
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[282/0302] Betrachtungen Der Affe. Scheinet nun von allen Thieren eins zu unſrer Luſt geſchaffen Und zum Vorwurf der Bewundrung, ſo ſind es gewiß die Affen. Nicht nur in des Koͤrpers Bau, auch in Mienen und Ge- berden, Jn behenden Handlungen, Munterkeit und Schlauigkeit, Jn der ſeltſamen Bewegung Arten und Verſchiedenheit Muͤſſen ſie im erſten Grad faſt von uns gerechnet werden: Ja fuͤr einen Philoſophen, da ſein Thun ſo ungemein, Duͤrft ein Aff zur Ueberlegung wohl ein wuͤrd’ger Vorwurf ſeyn. Wenn man recht die Trieb’ erwaͤgt, die in Affen zu entdecken, Wie ſo fern am Leib und Geiſt ſich die Faͤhigkeiten ſtrecken, Wird faſt unſere Vernunft uͤber dieſe Thiere ſtutzen, Und darinn von der Natur Ordnungen und Graden ſehn, Wodurch gleichſam auch die Thiere ſich zu uns noch mehr erhoͤhn, Als es faſt der Stolz erlaubet: Alſo kann ein Aff auch nutzen Und zur Demuth gleichſam leiten. Billig faͤllt hiebey uns ein: Was fuͤr eine Geiſterleiter muß wohl nicht vorhanden ſeyn, Die von uns hinab- auch aufwerts mit ſo manchen Staffeln fuͤhrt, Daß weil wir kein End erblicken, die Vernunft ſich faſt verliert. Was ſie all fuͤr Handlungen kuͤnſtlich nachzuahmen wiſſen, Auch was ſie von ſelbſten thun, davon werd’ ich ſchweigen muͤſſen, Weil die Vielheit gar zu groß. Dieſes macht, daß ich allein Zur Betrachtung, daß auch ſie uns zu Gut erſchaffen ſeyn, Zur Bewunderung und Dank, wie ich ſchuldig bin, mich kehre Und ſo, wie in allen Werken, auch in ihm, den Schoͤpfer ehre. Das

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/302>, abgerufen am 22.11.2024.