Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
über das Reich der Thiere.
Er macht sich selbst zum Spanschenreuter; er pflanzet ei-
nen Zaun von Dornen
Jm Augenblick um sich herum; er ist von hinten und
von vornen
Jn seiner scharfen Schanze sicher, und er verlässet sich
darauf.
Droht ihm von außen wo ein Feind, Thier oder Mensch,
ihn anzufallen,
Verändert er gleich seine Form und wird zu einem runden
Ballen.
Das, so an ihm verletzbar ist, den Kopf, die Füße, zieht
er ein,
Und dadurch wird er unerkannt, ja, auch erkannt doch
sicher seyn.
Was fast noch stärker zu bewundern, so braucht er diese
seine Waffen,
Um, ohne Hände, doch zu sammeln und sich die Nah-
rung zu verschaffen.
Wo abgefallne Früchte liegen, da welzt er sich; ein' jede
Spitz
Jst dann, dieselben zu bekommen, so gut, als eine Hand,
ihm nütz.
Der Stachel dringet in die Frucht,
Die Frucht bleibt auf derselben feste,
Da wandert er, mit reicher Beute beladen, bald nach sei-
nem Neste.
Uns wird von diesem kleinen Thier auch mancher Vor-
theil noch gewehrt,
Jndem es Mäuse, Frösche, Kröten, und mancherley Ge-
würm verzehrt.
Sie wissen sich wohl zu verbergen, so daß man sie nicht
leicht erkennet.
Man
uͤber das Reich der Thiere.
Er macht ſich ſelbſt zum Spanſchenreuter; er pflanzet ei-
nen Zaun von Dornen
Jm Augenblick um ſich herum; er iſt von hinten und
von vornen
Jn ſeiner ſcharfen Schanze ſicher, und er verlaͤſſet ſich
darauf.
Droht ihm von außen wo ein Feind, Thier oder Menſch,
ihn anzufallen,
Veraͤndert er gleich ſeine Form und wird zu einem runden
Ballen.
Das, ſo an ihm verletzbar iſt, den Kopf, die Fuͤße, zieht
er ein,
Und dadurch wird er unerkannt, ja, auch erkannt doch
ſicher ſeyn.
Was faſt noch ſtaͤrker zu bewundern, ſo braucht er dieſe
ſeine Waffen,
Um, ohne Haͤnde, doch zu ſammeln und ſich die Nah-
rung zu verſchaffen.
Wo abgefallne Fruͤchte liegen, da welzt er ſich; ein’ jede
Spitz
Jſt dann, dieſelben zu bekommen, ſo gut, als eine Hand,
ihm nuͤtz.
Der Stachel dringet in die Frucht,
Die Frucht bleibt auf derſelben feſte,
Da wandert er, mit reicher Beute beladen, bald nach ſei-
nem Neſte.
Uns wird von dieſem kleinen Thier auch mancher Vor-
theil noch gewehrt,
Jndem es Maͤuſe, Froͤſche, Kroͤten, und mancherley Ge-
wuͤrm verzehrt.
Sie wiſſen ſich wohl zu verbergen, ſo daß man ſie nicht
leicht erkennet.
Man
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0323" n="303"/>
          <fw place="top" type="header">u&#x0364;ber das Reich der Thiere.</fw><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Er macht &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zum Span&#x017F;chenreuter; er pflanzet ei-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">nen Zaun von Dornen</hi> </l><lb/>
            <l>Jm Augenblick um &#x017F;ich herum; er i&#x017F;t von hinten und</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">von vornen</hi> </l><lb/>
            <l>Jn &#x017F;einer &#x017F;charfen Schanze &#x017F;icher, und er verla&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">darauf.</hi> </l><lb/>
            <l>Droht ihm von außen wo ein Feind, Thier oder Men&#x017F;ch,</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">ihn anzufallen,</hi> </l><lb/>
            <l>Vera&#x0364;ndert er gleich &#x017F;eine Form und wird zu einem runden</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Ballen.</hi> </l><lb/>
            <l>Das, &#x017F;o an ihm verletzbar i&#x017F;t, den Kopf, die Fu&#x0364;ße, zieht</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">er ein,</hi> </l><lb/>
            <l>Und dadurch wird er unerkannt, ja, auch erkannt doch</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">&#x017F;icher &#x017F;eyn.</hi> </l><lb/>
            <l>Was fa&#x017F;t noch &#x017F;ta&#x0364;rker zu bewundern, &#x017F;o braucht er die&#x017F;e</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">&#x017F;eine Waffen,</hi> </l><lb/>
            <l>Um, ohne Ha&#x0364;nde, doch zu &#x017F;ammeln und &#x017F;ich die Nah-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">rung zu ver&#x017F;chaffen.</hi> </l><lb/>
            <l>Wo abgefallne Fru&#x0364;chte liegen, da welzt er &#x017F;ich; ein&#x2019; jede</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Spitz</hi> </l><lb/>
            <l>J&#x017F;t dann, die&#x017F;elben zu bekommen, &#x017F;o gut, als eine Hand,</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">ihm nu&#x0364;tz.</hi> </l><lb/>
            <l>Der Stachel dringet in die Frucht,</l><lb/>
            <l>Die Frucht bleibt auf der&#x017F;elben fe&#x017F;te,</l><lb/>
            <l>Da wandert er, mit reicher Beute beladen, bald nach &#x017F;ei-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">nem Ne&#x017F;te.</hi> </l><lb/>
            <l>Uns wird von die&#x017F;em kleinen Thier auch mancher Vor-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">theil noch gewehrt,</hi> </l><lb/>
            <l>Jndem es Ma&#x0364;u&#x017F;e, Fro&#x0364;&#x017F;che, Kro&#x0364;ten, und mancherley Ge-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">wu&#x0364;rm verzehrt.</hi> </l><lb/>
            <l>Sie wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich wohl zu verbergen, &#x017F;o daß man &#x017F;ie nicht</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">leicht erkennet.</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Man</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[303/0323] uͤber das Reich der Thiere. Er macht ſich ſelbſt zum Spanſchenreuter; er pflanzet ei- nen Zaun von Dornen Jm Augenblick um ſich herum; er iſt von hinten und von vornen Jn ſeiner ſcharfen Schanze ſicher, und er verlaͤſſet ſich darauf. Droht ihm von außen wo ein Feind, Thier oder Menſch, ihn anzufallen, Veraͤndert er gleich ſeine Form und wird zu einem runden Ballen. Das, ſo an ihm verletzbar iſt, den Kopf, die Fuͤße, zieht er ein, Und dadurch wird er unerkannt, ja, auch erkannt doch ſicher ſeyn. Was faſt noch ſtaͤrker zu bewundern, ſo braucht er dieſe ſeine Waffen, Um, ohne Haͤnde, doch zu ſammeln und ſich die Nah- rung zu verſchaffen. Wo abgefallne Fruͤchte liegen, da welzt er ſich; ein’ jede Spitz Jſt dann, dieſelben zu bekommen, ſo gut, als eine Hand, ihm nuͤtz. Der Stachel dringet in die Frucht, Die Frucht bleibt auf derſelben feſte, Da wandert er, mit reicher Beute beladen, bald nach ſei- nem Neſte. Uns wird von dieſem kleinen Thier auch mancher Vor- theil noch gewehrt, Jndem es Maͤuſe, Froͤſche, Kroͤten, und mancherley Ge- wuͤrm verzehrt. Sie wiſſen ſich wohl zu verbergen, ſo daß man ſie nicht leicht erkennet. Man

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/323
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/323>, abgerufen am 22.11.2024.