Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Vermischte Gedichte
Verweis wegen unserer Unerkennt-
lichkeit gegen den Schöpfer.
So bald wir ein Gemähld', das schön,
Erblicken, wird man es besehn;
Man pflegt sich nah hinbey zu fügen,
Man wird sich sehr daran vergnügen,
Gleich nach des Meisters Namen fragen,
Und viel zu seinem Ruhme sagen.
Wenn aber wir von Berg und Thal,
Bestralt vom wahren Sonnenstral,
Das herrlichste Original,
Von Gottes Finger selbst gezieret,
So wird man kaum dadurch gerühret,
Wobey die trefflichste Copey
Nur eine schlechte Schmiererey,
Viel minder, daß man ein Behagen
An solchen Wundern sollte tragen.
Wer wird nach dem, der diese Pracht
So wunderbar hervorgebracht,
Wer nach des Meisters Namen fragen?

Erinne-
Vermiſchte Gedichte
Verweis wegen unſerer Unerkennt-
lichkeit gegen den Schoͤpfer.
So bald wir ein Gemaͤhld’, das ſchoͤn,
Erblicken, wird man es beſehn;
Man pflegt ſich nah hinbey zu fuͤgen,
Man wird ſich ſehr daran vergnuͤgen,
Gleich nach des Meiſters Namen fragen,
Und viel zu ſeinem Ruhme ſagen.
Wenn aber wir von Berg und Thal,
Beſtralt vom wahren Sonnenſtral,
Das herrlichſte Original,
Von Gottes Finger ſelbſt gezieret,
So wird man kaum dadurch geruͤhret,
Wobey die trefflichſte Copey
Nur eine ſchlechte Schmiererey,
Viel minder, daß man ein Behagen
An ſolchen Wundern ſollte tragen.
Wer wird nach dem, der dieſe Pracht
So wunderbar hervorgebracht,
Wer nach des Meiſters Namen fragen?

Erinne-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0420" n="400"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Gedichte</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#b">Verweis wegen un&#x017F;erer Unerkennt-</hi><lb/>
lichkeit gegen den Scho&#x0364;pfer.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">S</hi>o bald wir ein Gema&#x0364;hld&#x2019;, das &#x017F;cho&#x0364;n,</l><lb/>
            <l>Erblicken, wird man es be&#x017F;ehn;</l><lb/>
            <l>Man pflegt &#x017F;ich nah hinbey zu fu&#x0364;gen,</l><lb/>
            <l>Man wird &#x017F;ich &#x017F;ehr daran vergnu&#x0364;gen,</l><lb/>
            <l>Gleich nach des Mei&#x017F;ters Namen fragen,</l><lb/>
            <l>Und viel zu &#x017F;einem Ruhme &#x017F;agen.</l><lb/>
            <l>Wenn aber wir von Berg und Thal,</l><lb/>
            <l>Be&#x017F;tralt vom wahren Sonnen&#x017F;tral,</l><lb/>
            <l>Das herrlich&#x017F;te Original,</l><lb/>
            <l>Von Gottes Finger &#x017F;elb&#x017F;t gezieret,</l><lb/>
            <l>So wird man kaum dadurch geru&#x0364;hret,</l><lb/>
            <l>Wobey die trefflich&#x017F;te Copey</l><lb/>
            <l>Nur eine &#x017F;chlechte Schmiererey,</l><lb/>
            <l>Viel minder, daß man ein Behagen</l><lb/>
            <l>An &#x017F;olchen Wundern &#x017F;ollte tragen.</l><lb/>
            <l>Wer wird nach dem, der die&#x017F;e Pracht</l><lb/>
            <l>So wunderbar hervorgebracht,</l><lb/>
            <l>Wer nach des Mei&#x017F;ters Namen fragen?</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Erinne-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[400/0420] Vermiſchte Gedichte Verweis wegen unſerer Unerkennt- lichkeit gegen den Schoͤpfer. So bald wir ein Gemaͤhld’, das ſchoͤn, Erblicken, wird man es beſehn; Man pflegt ſich nah hinbey zu fuͤgen, Man wird ſich ſehr daran vergnuͤgen, Gleich nach des Meiſters Namen fragen, Und viel zu ſeinem Ruhme ſagen. Wenn aber wir von Berg und Thal, Beſtralt vom wahren Sonnenſtral, Das herrlichſte Original, Von Gottes Finger ſelbſt gezieret, So wird man kaum dadurch geruͤhret, Wobey die trefflichſte Copey Nur eine ſchlechte Schmiererey, Viel minder, daß man ein Behagen An ſolchen Wundern ſollte tragen. Wer wird nach dem, der dieſe Pracht So wunderbar hervorgebracht, Wer nach des Meiſters Namen fragen? Erinne-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/420
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/420>, abgerufen am 22.11.2024.