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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

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zum irdischen Vergnügen in Gott.
Unterscheid zwischen einem Träumen-
den und Wachenden.
Es fragt sich, da wir schlafend träumen, ob wir auch,
wenn wir wachen, nicht
Auf gleiche Weise träumen würden, durch der Jdeen
großes Heer,
Und durch die ungezählte Vorwürf, (worinn wir schwim-
men wie im Meer)
Sowohl als in der Nacht verwirrt? Daß aber dieses
nicht geschicht,
Scheint bloß hiedurch allein behindert, da unsern Seelen
eine Kraft,
Das, was unordentlich, zu ordnen, ist zugetheilt, ein'
Eigenschaft,
Das, was zu viel ist, zu entfernen, durch diese Richter-
kraft allein
Kann alles, was wir denken, recht und ordentlich gewir-
ket seyn.
Wir scheinen denn, so lange wir in dieser Welt sind, so
geschaffen,
Daß, wenn wir in der Nuhe liegen, auch diese Richter-
kräfte schlafen.


Gebeth.
C c 3
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Unterſcheid zwiſchen einem Traͤumen-
den und Wachenden.
Es fragt ſich, da wir ſchlafend traͤumen, ob wir auch,
wenn wir wachen, nicht
Auf gleiche Weiſe traͤumen wuͤrden, durch der Jdeen
großes Heer,
Und durch die ungezaͤhlte Vorwuͤrf, (worinn wir ſchwim-
men wie im Meer)
Sowohl als in der Nacht verwirrt? Daß aber dieſes
nicht geſchicht,
Scheint bloß hiedurch allein behindert, da unſern Seelen
eine Kraft,
Das, was unordentlich, zu ordnen, iſt zugetheilt, ein’
Eigenſchaft,
Das, was zu viel iſt, zu entfernen, durch dieſe Richter-
kraft allein
Kann alles, was wir denken, recht und ordentlich gewir-
ket ſeyn.
Wir ſcheinen denn, ſo lange wir in dieſer Welt ſind, ſo
geſchaffen,
Daß, wenn wir in der Nuhe liegen, auch dieſe Richter-
kraͤfte ſchlafen.


Gebeth.
C c 3
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[405/0425] zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott. Unterſcheid zwiſchen einem Traͤumen- den und Wachenden. Es fragt ſich, da wir ſchlafend traͤumen, ob wir auch, wenn wir wachen, nicht Auf gleiche Weiſe traͤumen wuͤrden, durch der Jdeen großes Heer, Und durch die ungezaͤhlte Vorwuͤrf, (worinn wir ſchwim- men wie im Meer) Sowohl als in der Nacht verwirrt? Daß aber dieſes nicht geſchicht, Scheint bloß hiedurch allein behindert, da unſern Seelen eine Kraft, Das, was unordentlich, zu ordnen, iſt zugetheilt, ein’ Eigenſchaft, Das, was zu viel iſt, zu entfernen, durch dieſe Richter- kraft allein Kann alles, was wir denken, recht und ordentlich gewir- ket ſeyn. Wir ſcheinen denn, ſo lange wir in dieſer Welt ſind, ſo geſchaffen, Daß, wenn wir in der Nuhe liegen, auch dieſe Richter- kraͤfte ſchlafen. Gebeth. C c 3

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/425>, abgerufen am 22.11.2024.