Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.zum irdischen Vergnügen in Gott. Betrachtungen über die Schön- heit der Blumen im Winter. Mein Gärtner brachte mir, jüngst, schon zur Weih- nachtzeit, Jn einem Blumentopf, ein' aufgeblühte Menge Von Hyacinthen, Mayenblumen, bey deren schimmern- dem Gepränge Auch Lilien-Convaljen glänzten, in gar besondrer Lieb- lichkeit, Die, da sie mir so Geist als Auge rührten, Zu folgenden Betrachtungen mich führten: Jch sah die Blümchen ernstlich an, Und sucht' erwägend nachzuspüren, Auf welche Weise sie den Geist mit solcher süßen Anmuth rühren, Und wodurch er denn eigentlich an ihnen sich ergetzen kann, Auch wie so mancherley dazu gehöre, Daß eine Blum' uns eine Lust gewehre. Da ich zu anfangs denn entdecke, Daß eine Kraft in unsrer Seele stecke, Die fühlend und empfindend ist. Die Kraft scheint eigentlich das Leben Der Seelen, und ein' Eigenschaft, Die an derselben Wesen haft't, Die ihr zu diesem Zweck gegeben, Daß sie durch Theile, die gefügt, Vom körperlichen Stoff der Erden, Ver-
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott. Betrachtungen uͤber die Schoͤn- heit der Blumen im Winter. Mein Gaͤrtner brachte mir, juͤngſt, ſchon zur Weih- nachtzeit, Jn einem Blumentopf, ein’ aufgebluͤhte Menge Von Hyacinthen, Mayenblumen, bey deren ſchimmern- dem Gepraͤnge Auch Lilien-Convaljen glaͤnzten, in gar beſondrer Lieb- lichkeit, Die, da ſie mir ſo Geiſt als Auge ruͤhrten, Zu folgenden Betrachtungen mich fuͤhrten: Jch ſah die Bluͤmchen ernſtlich an, Und ſucht’ erwaͤgend nachzuſpuͤren, Auf welche Weiſe ſie den Geiſt mit ſolcher ſuͤßen Anmuth ruͤhren, Und wodurch er denn eigentlich an ihnen ſich ergetzen kann, Auch wie ſo mancherley dazu gehoͤre, Daß eine Blum’ uns eine Luſt gewehre. Da ich zu anfangs denn entdecke, Daß eine Kraft in unſrer Seele ſtecke, Die fuͤhlend und empfindend iſt. Die Kraft ſcheint eigentlich das Leben Der Seelen, und ein’ Eigenſchaft, Die an derſelben Weſen haft’t, Die ihr zu dieſem Zweck gegeben, Daß ſie durch Theile, die gefuͤgt, Vom koͤrperlichen Stoff der Erden, Ver-
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Betrachtungen uͤber die Schoͤn-
heit der Blumen im
Winter.
Mein Gaͤrtner brachte mir, juͤngſt, ſchon zur Weih-
nachtzeit,
Jn einem Blumentopf, ein’ aufgebluͤhte Menge
Von Hyacinthen, Mayenblumen, bey deren ſchimmern-
dem Gepraͤnge
Auch Lilien-Convaljen glaͤnzten, in gar beſondrer Lieb-
lichkeit,
Die, da ſie mir ſo Geiſt als Auge ruͤhrten,
Zu folgenden Betrachtungen mich fuͤhrten:
Jch ſah die Bluͤmchen ernſtlich an,
Und ſucht’ erwaͤgend nachzuſpuͤren,
Auf welche Weiſe ſie den Geiſt mit ſolcher ſuͤßen Anmuth
ruͤhren,
Und wodurch er denn eigentlich an ihnen ſich ergetzen
kann,
Auch wie ſo mancherley dazu gehoͤre,
Daß eine Blum’ uns eine Luſt gewehre.
Da ich zu anfangs denn entdecke,
Daß eine Kraft in unſrer Seele ſtecke,
Die fuͤhlend und empfindend iſt. Die Kraft ſcheint
eigentlich das Leben
Der Seelen, und ein’ Eigenſchaft,
Die an derſelben Weſen haft’t,
Die ihr zu dieſem Zweck gegeben,
Daß ſie durch Theile, die gefuͤgt,
Vom koͤrperlichen Stoff der Erden,
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