Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.zum irdischen Vergnügen in Gott. Der Geizhals. Mir ist ein alter Mann bekannt, dem Ansehn nach, ein guter Christ, Der Geld von Jugend auf gesammlet, und selbst nicht weis, wie reich er ist. So bald er Beutel voll gemacht, verschließt er sie in große Schranken, Und macht, wenn dieß geschehn, von ihnen sich keine wei- tere Gedanken. Jnzwischen hat er einen Knecht, der seines Herren Weise kennt, Und der dieß ungebrauchte Geld sich lieber selbst, als nie- mand, gönnt; Der öffnet, wenn es ihm beliebt, den Schranken am ver- borgnen Ort, Und nimmt nach eigenem Gefallen die größten Beutel mit sich fort, Ohn daß der Alte solches merkt. Der sammlet immer ohn Ermüden, Und wenn er sein Gesammletes verschlossen hat, ist er zu- frieden. Er geizet, karget, schindet, plaget die Armen, thut sich nichts zu Gut, Zuletzt stockt endlich dieses Schinders und ewgen Samm- lers altes Blut, Er stirbt, und man begräbet ihn. Nun sprecht, was soll man solchem Leben Und solchem alten Mammonsknecht für einen würdgen Namen geben? Mich F f 3
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott. Der Geizhals. Mir iſt ein alter Mann bekannt, dem Anſehn nach, ein guter Chriſt, Der Geld von Jugend auf geſammlet, und ſelbſt nicht weis, wie reich er iſt. So bald er Beutel voll gemacht, verſchließt er ſie in große Schranken, Und macht, wenn dieß geſchehn, von ihnen ſich keine wei- tere Gedanken. Jnzwiſchen hat er einen Knecht, der ſeines Herren Weiſe kennt, Und der dieß ungebrauchte Geld ſich lieber ſelbſt, als nie- mand, goͤnnt; Der oͤffnet, wenn es ihm beliebt, den Schranken am ver- borgnen Ort, Und nimmt nach eigenem Gefallen die groͤßten Beutel mit ſich fort, Ohn daß der Alte ſolches merkt. Der ſammlet immer ohn Ermuͤden, Und wenn er ſein Geſammletes verſchloſſen hat, iſt er zu- frieden. Er geizet, karget, ſchindet, plaget die Armen, thut ſich nichts zu Gut, Zuletzt ſtockt endlich dieſes Schinders und ewgen Samm- lers altes Blut, Er ſtirbt, und man begraͤbet ihn. Nun ſprecht, was ſoll man ſolchem Leben Und ſolchem alten Mammonsknecht fuͤr einen wuͤrdgen Namen geben? Mich F f 3
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Der Geizhals.
Mir iſt ein alter Mann bekannt, dem Anſehn nach,
ein guter Chriſt,
Der Geld von Jugend auf geſammlet, und ſelbſt nicht
weis, wie reich er iſt.
So bald er Beutel voll gemacht, verſchließt er ſie in große
Schranken,
Und macht, wenn dieß geſchehn, von ihnen ſich keine wei-
tere Gedanken.
Jnzwiſchen hat er einen Knecht, der ſeines Herren Weiſe
kennt,
Und der dieß ungebrauchte Geld ſich lieber ſelbſt, als nie-
mand, goͤnnt;
Der oͤffnet, wenn es ihm beliebt, den Schranken am ver-
borgnen Ort,
Und nimmt nach eigenem Gefallen die groͤßten Beutel
mit ſich fort,
Ohn daß der Alte ſolches merkt. Der ſammlet immer
ohn Ermuͤden,
Und wenn er ſein Geſammletes verſchloſſen hat, iſt er zu-
frieden.
Er geizet, karget, ſchindet, plaget die Armen, thut ſich
nichts zu Gut,
Zuletzt ſtockt endlich dieſes Schinders und ewgen Samm-
lers altes Blut,
Er ſtirbt, und man begraͤbet ihn. Nun ſprecht, was ſoll
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Und ſolchem alten Mammonsknecht fuͤr einen wuͤrdgen
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