Daß wir die Kraft der Phantasey und unsrer Einsicht mehr erwägen, Als wie bisher von uns geschehn, weil solche ganz allein geschickt Dadurch, daß sie Empfindungen, gut oder bös', uns eingedrückt, Uns unser Wollen zu erregen, Das denn, ohn weiters Ueberlegen, Zu wollen fast gezwungen wird, was wir auch sonst für Meynung hegen. Laßt uns denn den Verstand verbessern, Gedächtniß, nebst der Phantasey, So wird vermuthlich unser Wille, von allen Hindernis- sen frey, Das Gute von sich selber wählen. Die Eigenliebe wird nicht leiden, Daß wir das, so uns wirklich schädlich, wenn wir es wissen, nicht vermeiden.
B. Um selbst, nach deinen eignen Sätzen, der See- len Kräfte zu verbessern, Mußt du es ja vorhero wollen. A. O nein, ich seh es anders an, Jch muß noch, eh ich wollen kann, Die Kraft zu meynen erst vergrößern, Daß das, was ich will wollen, gut. Dann werden wir, so wie wir sollen, Hernach von selbsten denken wollen. Laß aber diesen meinen Satz dich ja im Gottesdienst nicht irren, Noch dich, in deiner vorgen Meynung, vom freyen Wil- len, so verwirren, Daß du nunmehro schließen wolltest: wofern wir keinen freyen Willen
Jn
G g 3
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Daß wir die Kraft der Phantaſey und unſrer Einſicht mehr erwaͤgen, Als wie bisher von uns geſchehn, weil ſolche ganz allein geſchickt Dadurch, daß ſie Empfindungen, gut oder boͤſ’, uns eingedruͤckt, Uns unſer Wollen zu erregen, Das denn, ohn weiters Ueberlegen, Zu wollen faſt gezwungen wird, was wir auch ſonſt fuͤr Meynung hegen. Laßt uns denn den Verſtand verbeſſern, Gedaͤchtniß, nebſt der Phantaſey, So wird vermuthlich unſer Wille, von allen Hinderniſ- ſen frey, Das Gute von ſich ſelber waͤhlen. Die Eigenliebe wird nicht leiden, Daß wir das, ſo uns wirklich ſchaͤdlich, wenn wir es wiſſen, nicht vermeiden.
B. Um ſelbſt, nach deinen eignen Saͤtzen, der See- len Kraͤfte zu verbeſſern, Mußt du es ja vorhero wollen. A. O nein, ich ſeh es anders an, Jch muß noch, eh ich wollen kann, Die Kraft zu meynen erſt vergroͤßern, Daß das, was ich will wollen, gut. Dann werden wir, ſo wie wir ſollen, Hernach von ſelbſten denken wollen. Laß aber dieſen meinen Satz dich ja im Gottesdienſt nicht irren, Noch dich, in deiner vorgen Meynung, vom freyen Wil- len, ſo verwirren, Daß du nunmehro ſchließen wollteſt: wofern wir keinen freyen Willen
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G g 3
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Daß wir die Kraft der Phantaſey und unſrer Einſicht
mehr erwaͤgen,
Als wie bisher von uns geſchehn, weil ſolche ganz allein
geſchickt
Dadurch, daß ſie Empfindungen, gut oder boͤſ’, uns
eingedruͤckt,
Uns unſer Wollen zu erregen,
Das denn, ohn weiters Ueberlegen,
Zu wollen faſt gezwungen wird, was wir auch ſonſt fuͤr
Meynung hegen.
Laßt uns denn den Verſtand verbeſſern, Gedaͤchtniß,
nebſt der Phantaſey,
So wird vermuthlich unſer Wille, von allen Hinderniſ-
ſen frey,
Das Gute von ſich ſelber waͤhlen. Die Eigenliebe wird
nicht leiden,
Daß wir das, ſo uns wirklich ſchaͤdlich, wenn wir es
wiſſen, nicht vermeiden.
B. Um ſelbſt, nach deinen eignen Saͤtzen, der See-
len Kraͤfte zu verbeſſern,
Mußt du es ja vorhero wollen. A. O nein, ich ſeh es
anders an,
Jch muß noch, eh ich wollen kann,
Die Kraft zu meynen erſt vergroͤßern,
Daß das, was ich will wollen, gut. Dann werden
wir, ſo wie wir ſollen,
Hernach von ſelbſten denken wollen.
Laß aber dieſen meinen Satz dich ja im Gottesdienſt nicht
irren,
Noch dich, in deiner vorgen Meynung, vom freyen Wil-
len, ſo verwirren,
Daß du nunmehro ſchließen wollteſt: wofern wir keinen
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/489>, abgerufen am 22.11.2024.
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