Am Körper, ohn ihn umzustürzen. Ja, wenn sich auch die letzte zeigt, Zerbricht doch diese nicht den Bau. Es war der Grund schon untergraben, Die Mauren waren ausgefressen. Daher sichs leicht zum Fallen neigt, Der Sturz ist schnell, doch kam er langsam. So geht es zu, allmählig werden Des Körpers Kräfte selbst verzehrt in der Benutzung, es vergehn, Durch steten Wechselkampf, die Säfte, bey Menschen, da sie gehn und stehn. Jm Essen, Wirken und Studiren, und manchem red- lichen Geschäffte, Weit mehr noch durch die Lasterhafte, die schädlicher, sind unsre Kräfte Zerrieben, sammt den Lebensgeistern, die Nerv' und Hirn zur Nahrung braucht. Ein schlechter Blut, da von dem bessern die besten Dünste schon verraucht, Tritt allgemach an seine Stelle. Der Säfte Mischung ist verkehrt, Das Blut ist dick, auch wohl verbrannt: Auf diese Weise folglich hört Der schöne Bau allmählig auf, und die Maschine wird zerstört, So, wie sie erst gefüget worden. Kann der denn über Krankheit klagen, Dem wissend ist, daß er ein Mensch? B. "Allein die Schmerzen zu ertragen, "Jst gar zu schwer und allzuhart." A. Bey allen sind sie es doch nicht; Doch, wenn die deinen sehr beschwerlich und heftiger sind, dieß geschicht
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Anleitung
Am Koͤrper, ohn ihn umzuſtuͤrzen. Ja, wenn ſich auch die letzte zeigt, Zerbricht doch dieſe nicht den Bau. Es war der Grund ſchon untergraben, Die Mauren waren ausgefreſſen. Daher ſichs leicht zum Fallen neigt, Der Sturz iſt ſchnell, doch kam er langſam. So geht es zu, allmaͤhlig werden Des Koͤrpers Kraͤfte ſelbſt verzehrt in der Benutzung, es vergehn, Durch ſteten Wechſelkampf, die Saͤfte, bey Menſchen, da ſie gehn und ſtehn. Jm Eſſen, Wirken und Studiren, und manchem red- lichen Geſchaͤffte, Weit mehr noch durch die Laſterhafte, die ſchaͤdlicher, ſind unſre Kraͤfte Zerrieben, ſammt den Lebensgeiſtern, die Nerv’ und Hirn zur Nahrung braucht. Ein ſchlechter Blut, da von dem beſſern die beſten Duͤnſte ſchon verraucht, Tritt allgemach an ſeine Stelle. Der Saͤfte Miſchung iſt verkehrt, Das Blut iſt dick, auch wohl verbrannt: Auf dieſe Weiſe folglich hoͤrt Der ſchoͤne Bau allmaͤhlig auf, und die Maſchine wird zerſtoͤrt, So, wie ſie erſt gefuͤget worden. Kann der denn uͤber Krankheit klagen, Dem wiſſend iſt, daß er ein Menſch? B. „Allein die Schmerzen zu ertragen, „Jſt gar zu ſchwer und allzuhart.“ A. Bey allen ſind ſie es doch nicht; Doch, wenn die deinen ſehr beſchwerlich und heftiger ſind, dieß geſchicht
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Am Koͤrper, ohn ihn umzuſtuͤrzen. Ja, wenn ſich auch
die letzte zeigt,
Zerbricht doch dieſe nicht den Bau. Es war der Grund
ſchon untergraben,
Die Mauren waren ausgefreſſen. Daher ſichs leicht
zum Fallen neigt,
Der Sturz iſt ſchnell, doch kam er langſam. So geht
es zu, allmaͤhlig werden
Des Koͤrpers Kraͤfte ſelbſt verzehrt in der Benutzung,
es vergehn,
Durch ſteten Wechſelkampf, die Saͤfte, bey Menſchen,
da ſie gehn und ſtehn.
Jm Eſſen, Wirken und Studiren, und manchem red-
lichen Geſchaͤffte,
Weit mehr noch durch die Laſterhafte, die ſchaͤdlicher,
ſind unſre Kraͤfte
Zerrieben, ſammt den Lebensgeiſtern, die Nerv’ und Hirn
zur Nahrung braucht.
Ein ſchlechter Blut, da von dem beſſern die beſten Duͤnſte
ſchon verraucht,
Tritt allgemach an ſeine Stelle. Der Saͤfte Miſchung
iſt verkehrt,
Das Blut iſt dick, auch wohl verbrannt: Auf dieſe
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Der ſchoͤne Bau allmaͤhlig auf, und die Maſchine wird
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 594. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/614>, abgerufen am 22.11.2024.
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