Und bestrede dich mit Ernst, daß des Lebens letzte Zeit Wohl von dir geschlossen werde, daß du, was in deinem Leben Sünde war durch Uebertretung, mögst durch die Be- schaffenheit Eines guten Todes bessern. Gut zu sterben nun, ist eben Anders nichts, als willig sterben. Denn mit Andacht sich bequemen Zum Gebeth, auch wohl zum Singen, und das Sacra- ment zu nehmen, Dieß ist eine Vorbereitung. Wohl zum Sterben sich bereiten, Jst ein anders, als wohl sterben. Jenes muß zur Lebenszeit Billig noch gerechnet werden. Aber froh mit Dank- barkeit Willig aus der Welt zu schreiten, Dieß nur heiß ich wohl gestorben. Wenn ein Reisender den Port Nach vollbrachter langen Schiffahrt nun erreichet, freut er sich, Er besiehet voll Vergnügen diesen längst verlangten Ort, Er läßt sich nicht aus dem Schiff mit Gewalt erst reißen; fort Tritt er willig selbst heraus; dankt dem Schiffer; den Gefährten Sagt er freundlich: Lebet wohl, ihr bishero mir so Werthen!
Tritt
zum vergnuͤgten und gelaſſenen Sterben.
Und beſtrede dich mit Ernſt, daß des Lebens letzte Zeit Wohl von dir geſchloſſen werde, daß du, was in deinem Leben Suͤnde war durch Uebertretung, moͤgſt durch die Be- ſchaffenheit Eines guten Todes beſſern. Gut zu ſterben nun, iſt eben Anders nichts, als willig ſterben. Denn mit Andacht ſich bequemen Zum Gebeth, auch wohl zum Singen, und das Sacra- ment zu nehmen, Dieß iſt eine Vorbereitung. Wohl zum Sterben ſich bereiten, Jſt ein anders, als wohl ſterben. Jenes muß zur Lebenszeit Billig noch gerechnet werden. Aber froh mit Dank- barkeit Willig aus der Welt zu ſchreiten, Dieß nur heiß ich wohl geſtorben. Wenn ein Reiſender den Port Nach vollbrachter langen Schiffahrt nun erreichet, freut er ſich, Er beſiehet voll Vergnuͤgen dieſen laͤngſt verlangten Ort, Er laͤßt ſich nicht aus dem Schiff mit Gewalt erſt reißen; fort Tritt er willig ſelbſt heraus; dankt dem Schiffer; den Gefaͤhrten Sagt er freundlich: Lebet wohl, ihr bishero mir ſo Werthen!
Tritt
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zum vergnuͤgten und gelaſſenen Sterben.
Und beſtrede dich mit Ernſt, daß des Lebens letzte
Zeit
Wohl von dir geſchloſſen werde, daß du, was in deinem
Leben
Suͤnde war durch Uebertretung, moͤgſt durch die Be-
ſchaffenheit
Eines guten Todes beſſern. Gut zu ſterben nun,
iſt eben
Anders nichts, als willig ſterben. Denn mit
Andacht ſich bequemen
Zum Gebeth, auch wohl zum Singen, und das Sacra-
ment zu nehmen,
Dieß iſt eine Vorbereitung. Wohl zum Sterben
ſich bereiten,
Jſt ein anders, als wohl ſterben. Jenes muß
zur Lebenszeit
Billig noch gerechnet werden. Aber froh mit Dank-
barkeit
Willig aus der Welt zu ſchreiten,
Dieß nur heiß ich wohl geſtorben. Wenn ein
Reiſender den Port
Nach vollbrachter langen Schiffahrt nun erreichet, freut
er ſich,
Er beſiehet voll Vergnuͤgen dieſen laͤngſt verlangten
Ort,
Er laͤßt ſich nicht aus dem Schiff mit Gewalt erſt reißen;
fort
Tritt er willig ſelbſt heraus; dankt dem Schiffer; den
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Sagt er freundlich: Lebet wohl, ihr bishero mir ſo
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 619. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/639>, abgerufen am 22.11.2024.
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