Und ich will dasselbe willig. Die Person im Lebens- spiel, Die der Schöpfer mir verliehen, ist gespielt und nun vorbey, Laßt uns die Theaterkleider denn nunmehro von uns le- gen, Mich verlanget aufgelöst und bey meinem Gott zu seyn. Meine Kräfte werden schwach, und es bricht der Tod herein. Scheide dann, geliebte Seele, traure nicht des Körpers wegen, Denn er war ja nur dein Kleid. Laßt uns uns nunmehr bemühn, Mit nicht wenigerm Vergnügen unsern Körper auszu- ziehn, Als des Abends unsre Kleider, darum weil man schla- fen soll, Werden wir nun auch entkleidet. Schwaches Fleisch, gehab dich wohl! Gute Nacht, beschwerlichs Fleisch! hast du gleich in meinem Leben Einen stetigen Begleiter und Gefährten abgegeben. Man wird dich nun in die Erde, deinen wahren Ur- sprung, bringen, Ruhe dort. Es wird nicht ewig der Vernichtigung ge- lingen, Uns zu trennen und zu scheiden. Nun, mein Körper, gu- te Nacht! Gute Nacht! doch nicht auf ewig. Gott hat dich her- vorgebracht:
Gott
Anleitung
Und ich will daſſelbe willig. Die Perſon im Lebens- ſpiel, Die der Schoͤpfer mir verliehen, iſt geſpielt und nun vorbey, Laßt uns die Theaterkleider denn nunmehro von uns le- gen, Mich verlanget aufgeloͤſt und bey meinem Gott zu ſeyn. Meine Kraͤfte werden ſchwach, und es bricht der Tod herein. Scheide dann, geliebte Seele, traure nicht des Koͤrpers wegen, Denn er war ja nur dein Kleid. Laßt uns uns nunmehr bemuͤhn, Mit nicht wenigerm Vergnuͤgen unſern Koͤrper auszu- ziehn, Als des Abends unſre Kleider, darum weil man ſchla- fen ſoll, Werden wir nun auch entkleidet. Schwaches Fleiſch, gehab dich wohl! Gute Nacht, beſchwerlichs Fleiſch! haſt du gleich in meinem Leben Einen ſtetigen Begleiter und Gefaͤhrten abgegeben. Man wird dich nun in die Erde, deinen wahren Ur- ſprung, bringen, Ruhe dort. Es wird nicht ewig der Vernichtigung ge- lingen, Uns zu trennen und zu ſcheiden. Nun, mein Koͤrper, gu- te Nacht! Gute Nacht! doch nicht auf ewig. Gott hat dich her- vorgebracht:
Gott
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Und ich will daſſelbe willig. Die Perſon im Lebens-
ſpiel,
Die der Schoͤpfer mir verliehen, iſt geſpielt und nun
vorbey,
Laßt uns die Theaterkleider denn nunmehro von uns le-
gen,
Mich verlanget aufgeloͤſt und bey meinem Gott zu
ſeyn.
Meine Kraͤfte werden ſchwach, und es bricht der Tod
herein.
Scheide dann, geliebte Seele, traure nicht des Koͤrpers
wegen,
Denn er war ja nur dein Kleid. Laßt uns uns nunmehr
bemuͤhn,
Mit nicht wenigerm Vergnuͤgen unſern Koͤrper auszu-
ziehn,
Als des Abends unſre Kleider, darum weil man ſchla-
fen ſoll,
Werden wir nun auch entkleidet. Schwaches Fleiſch,
gehab dich wohl!
Gute Nacht, beſchwerlichs Fleiſch! haſt du gleich in
meinem Leben
Einen ſtetigen Begleiter und Gefaͤhrten abgegeben.
Man wird dich nun in die Erde, deinen wahren Ur-
ſprung, bringen,
Ruhe dort. Es wird nicht ewig der Vernichtigung ge-
lingen,
Uns zu trennen und zu ſcheiden. Nun, mein Koͤrper, gu-
te Nacht!
Gute Nacht! doch nicht auf ewig. Gott hat dich her-
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 622. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/642>, abgerufen am 22.11.2024.
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