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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

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Menge der Thürme, die noch vorhanden sind, sind ein
hinlänglicher Beweis von ihrem ehemaligen Glanze,
und daß ihre gegenwärtige Beschaffenheit keine Aehn-
lichkeit mehr mit dem hat, was sie vor ihrer Einäsche-
rung gewesen ist, indem sie jetzt nur mit einer hölzer-
ner Mauer umgeben ist, und lauter hölzerne Häuser
hat. Der Stadt gegenüber, jenseits des Flusses,
stehet eine Festung, die durch eine Brücke mit der
Stadt verbunden ist. Diese Festung hat eine starke
Mauer von Steinen, und ist die Wohnung des Gou-
verneurs und des Erzbischofs. Jn dieser Stadt,
dem Schlosse gegen über, ist ein Kloster, welches
dem Heil. Antonius gewidmet ist, von dem sie sehr gros-
se Wunder erzählen. Unter andern zeigen sie an der
Mauer des Klosters einen großen Mühlstein, auf
welchem der Heil. Antonius, wie sie sagen, seine Rei-
se von Rom bis hieher gethan hat. Sie versichern,
daß er auf diesem Steine die Tiber herunter ins Mittel-
ländische Meer, durch die Meerengen, über alle Seen,
über die er auf seinem Wege in das Baltische Meer
mußte, gegangen, und auf der Wologda herauf ge-
kommen ist, und sich endlich in Novogorod niederge-
lassen hat. Nach seiner Ankunft ist er mit etlichen
Fischern um den ersten Zug ihres Netzes einig gewor-
den, da sie denn einen großen Kasten heraus zogen,
worinn dieses Heiligen Kleider, Bücher und Geld
waren, wovon er denn dieses Kloster bauete, und dar-
inn sein Leben endigte, wie denn auch sein Körper da-
selbst noch unverweset vorhanden seyn soll. Als ich
den Mönch, der mir dieses erzählte, fragte, in wel-
chem Schiffe dieser Heilige auf seinem Mühlsteine an-
gekommen sey, und wie er da über die Wasserfälle in

der

Menge der Thuͤrme, die noch vorhanden ſind, ſind ein
hinlaͤnglicher Beweis von ihrem ehemaligen Glanze,
und daß ihre gegenwaͤrtige Beſchaffenheit keine Aehn-
lichkeit mehr mit dem hat, was ſie vor ihrer Einaͤſche-
rung geweſen iſt, indem ſie jetzt nur mit einer hoͤlzer-
ner Mauer umgeben iſt, und lauter hoͤlzerne Haͤuſer
hat. Der Stadt gegenuͤber, jenſeits des Fluſſes,
ſtehet eine Feſtung, die durch eine Bruͤcke mit der
Stadt verbunden iſt. Dieſe Feſtung hat eine ſtarke
Mauer von Steinen, und iſt die Wohnung des Gou-
verneurs und des Erzbiſchofs. Jn dieſer Stadt,
dem Schloſſe gegen uͤber, iſt ein Kloſter, welches
dem Heil. Antonius gewidmet iſt, von dem ſie ſehr groſ-
ſe Wunder erzaͤhlen. Unter andern zeigen ſie an der
Mauer des Kloſters einen großen Muͤhlſtein, auf
welchem der Heil. Antonius, wie ſie ſagen, ſeine Rei-
ſe von Rom bis hieher gethan hat. Sie verſichern,
daß er auf dieſem Steine die Tiber herunter ins Mittel-
laͤndiſche Meer, durch die Meerengen, uͤber alle Seen,
uͤber die er auf ſeinem Wege in das Baltiſche Meer
mußte, gegangen, und auf der Wologda herauf ge-
kommen iſt, und ſich endlich in Novogorod niederge-
laſſen hat. Nach ſeiner Ankunft iſt er mit etlichen
Fiſchern um den erſten Zug ihres Netzes einig gewor-
den, da ſie denn einen großen Kaſten heraus zogen,
worinn dieſes Heiligen Kleider, Buͤcher und Geld
waren, wovon er denn dieſes Kloſter bauete, und dar-
inn ſein Leben endigte, wie denn auch ſein Koͤrper da-
ſelbſt noch unverweſet vorhanden ſeyn ſoll. Als ich
den Moͤnch, der mir dieſes erzaͤhlte, fragte, in wel-
chem Schiffe dieſer Heilige auf ſeinem Muͤhlſteine an-
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[128/0138] Menge der Thuͤrme, die noch vorhanden ſind, ſind ein hinlaͤnglicher Beweis von ihrem ehemaligen Glanze, und daß ihre gegenwaͤrtige Beſchaffenheit keine Aehn- lichkeit mehr mit dem hat, was ſie vor ihrer Einaͤſche- rung geweſen iſt, indem ſie jetzt nur mit einer hoͤlzer- ner Mauer umgeben iſt, und lauter hoͤlzerne Haͤuſer hat. Der Stadt gegenuͤber, jenſeits des Fluſſes, ſtehet eine Feſtung, die durch eine Bruͤcke mit der Stadt verbunden iſt. Dieſe Feſtung hat eine ſtarke Mauer von Steinen, und iſt die Wohnung des Gou- verneurs und des Erzbiſchofs. Jn dieſer Stadt, dem Schloſſe gegen uͤber, iſt ein Kloſter, welches dem Heil. Antonius gewidmet iſt, von dem ſie ſehr groſ- ſe Wunder erzaͤhlen. Unter andern zeigen ſie an der Mauer des Kloſters einen großen Muͤhlſtein, auf welchem der Heil. Antonius, wie ſie ſagen, ſeine Rei- ſe von Rom bis hieher gethan hat. Sie verſichern, daß er auf dieſem Steine die Tiber herunter ins Mittel- laͤndiſche Meer, durch die Meerengen, uͤber alle Seen, uͤber die er auf ſeinem Wege in das Baltiſche Meer mußte, gegangen, und auf der Wologda herauf ge- kommen iſt, und ſich endlich in Novogorod niederge- laſſen hat. Nach ſeiner Ankunft iſt er mit etlichen Fiſchern um den erſten Zug ihres Netzes einig gewor- den, da ſie denn einen großen Kaſten heraus zogen, worinn dieſes Heiligen Kleider, Buͤcher und Geld waren, wovon er denn dieſes Kloſter bauete, und dar- inn ſein Leben endigte, wie denn auch ſein Koͤrper da- ſelbſt noch unverweſet vorhanden ſeyn ſoll. Als ich den Moͤnch, der mir dieſes erzaͤhlte, fragte, in wel- chem Schiffe dieſer Heilige auf ſeinem Muͤhlſteine an- gekommen ſey, und wie er da uͤber die Waſſerfaͤlle in der

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Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/138>, abgerufen am 25.11.2024.