Carnevals. Allein es dauerte einige Zeit, ehe die Glieder desselben wieder zu Verstande kommen konnten.
1716.
Am 14ten Januar 1716 starb Martha Apra- xin, verwittwete Czarinn, Wittwe des Czars Feodor, des Kaisers ältesten Bruders, im 51sten Jahre ihres Alters, welche nicht länger als vier Wochen im Ehe- stande gelebt hatte. Jhr Begräbniß geschahe bey Fackeln und ihrem hohen Stande gemäß. Der Leichnam wurde in die Kirche in der Festung beyge- setzt, wo bereits ein Prinz, zwey Prinzessinnen, des Czars Kinder, und die Kaiserliche Prinzessinn standen.
Verbesserun- gen im Rei- che und in der Haupt- stadt.
Während dieser Zeit war der Kaiser unermüdet, sein Land zu verbessern, und baute nicht allein Schiffe, Festungen und Häuser, sondern versah auch seine Akademie mit geschickten Lehrern, alle Zweige der zur Erziehung junger Edelleute nöthigen Wissenschaf- ten vorzutragen. Er errichtete auch Druckereyen, die mit geschickten Uebersetzern aus allen Sprachen verse- hen waren, die alle damals in Europa vorhandenen guten Bücher in die Russische Sprache übersetzten, und seine auswärtigen Agenten kauften in Auctionen die besten Bücher und ganze Bibliotheken. Man muß in der That erstaunen, daß man deren schon eine sol- che Menge in Petersburg siehet. Es befand sich hier auch bereits ein schönes Cabinet von Seltenhei- ten, worinn man alles fand, was in allen Theilen der Welt nur merkwürdiges vorhanden ist, wie auch eine schöne Sammlung von Münzen, Medaillen etc. wor- über Herr Schuhmacher, ein rechtschaffner und ge- lehrter Mann, der vor diesem bey dem Doctor Er- skine, dem Leibarzte des Kaisers, Secretair gewesen,
gesetzt
Carnevals. Allein es dauerte einige Zeit, ehe die Glieder deſſelben wieder zu Verſtande kommen konnten.
1716.
Am 14ten Januar 1716 ſtarb Martha Apra- xin, verwittwete Czarinn, Wittwe des Czars Feodor, des Kaiſers aͤlteſten Bruders, im 51ſten Jahre ihres Alters, welche nicht laͤnger als vier Wochen im Ehe- ſtande gelebt hatte. Jhr Begraͤbniß geſchahe bey Fackeln und ihrem hohen Stande gemaͤß. Der Leichnam wurde in die Kirche in der Feſtung beyge- ſetzt, wo bereits ein Prinz, zwey Prinzeſſinnen, des Czars Kinder, und die Kaiſerliche Prinzeſſinn ſtanden.
Verbeſſerun- gen im Rei- che und in der Haupt- ſtadt.
Waͤhrend dieſer Zeit war der Kaiſer unermuͤdet, ſein Land zu verbeſſern, und baute nicht allein Schiffe, Feſtungen und Haͤuſer, ſondern verſah auch ſeine Akademie mit geſchickten Lehrern, alle Zweige der zur Erziehung junger Edelleute noͤthigen Wiſſenſchaf- ten vorzutragen. Er errichtete auch Druckereyen, die mit geſchickten Ueberſetzern aus allen Sprachen verſe- hen waren, die alle damals in Europa vorhandenen guten Buͤcher in die Ruſſiſche Sprache uͤberſetzten, und ſeine auswaͤrtigen Agenten kauften in Auctionen die beſten Buͤcher und ganze Bibliotheken. Man muß in der That erſtaunen, daß man deren ſchon eine ſol- che Menge in Petersburg ſiehet. Es befand ſich hier auch bereits ein ſchoͤnes Cabinet von Seltenhei- ten, worinn man alles fand, was in allen Theilen der Welt nur merkwuͤrdiges vorhanden iſt, wie auch eine ſchoͤne Sammlung von Muͤnzen, Medaillen ꝛc. wor- uͤber Herr Schuhmacher, ein rechtſchaffner und ge- lehrter Mann, der vor dieſem bey dem Doctor Er- ſkine, dem Leibarzte des Kaiſers, Secretair geweſen,
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Carnevals. Allein es dauerte einige Zeit, ehe die
Glieder deſſelben wieder zu Verſtande kommen
konnten.
Am 14ten Januar 1716 ſtarb Martha Apra-
xin, verwittwete Czarinn, Wittwe des Czars Feodor,
des Kaiſers aͤlteſten Bruders, im 51ſten Jahre ihres
Alters, welche nicht laͤnger als vier Wochen im Ehe-
ſtande gelebt hatte. Jhr Begraͤbniß geſchahe bey
Fackeln und ihrem hohen Stande gemaͤß. Der
Leichnam wurde in die Kirche in der Feſtung beyge-
ſetzt, wo bereits ein Prinz, zwey Prinzeſſinnen, des
Czars Kinder, und die Kaiſerliche Prinzeſſinn ſtanden.
Waͤhrend dieſer Zeit war der Kaiſer unermuͤdet,
ſein Land zu verbeſſern, und baute nicht allein Schiffe,
Feſtungen und Haͤuſer, ſondern verſah auch ſeine
Akademie mit geſchickten Lehrern, alle Zweige der
zur Erziehung junger Edelleute noͤthigen Wiſſenſchaf-
ten vorzutragen. Er errichtete auch Druckereyen, die
mit geſchickten Ueberſetzern aus allen Sprachen verſe-
hen waren, die alle damals in Europa vorhandenen
guten Buͤcher in die Ruſſiſche Sprache uͤberſetzten,
und ſeine auswaͤrtigen Agenten kauften in Auctionen
die beſten Buͤcher und ganze Bibliotheken. Man muß
in der That erſtaunen, daß man deren ſchon eine ſol-
che Menge in Petersburg ſiehet. Es befand ſich
hier auch bereits ein ſchoͤnes Cabinet von Seltenhei-
ten, worinn man alles fand, was in allen Theilen der
Welt nur merkwuͤrdiges vorhanden iſt, wie auch eine
ſchoͤne Sammlung von Muͤnzen, Medaillen ꝛc. wor-
uͤber Herr Schuhmacher, ein rechtſchaffner und ge-
lehrter Mann, der vor dieſem bey dem Doctor Er-
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/186>, abgerufen am 18.12.2024.
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