Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

sere Degen wieder gegeben, und uns erlaubet wurde,
dem Kaiser die Hände zu küßen, der uns sagte, daß
er bloß die Officiers von seinen Garden bestraft habe,
weil sie allen andern bey der Armee ein gutes Beyspiel
geben sollten. Dieses war Strafe mit Rache. Der
arme Capitain der Grenadiers starb den folgenden
Tag von dieser Strafe, weil er sehr dick war, und vie-
le andere wurden krank, davon ebenfalls auch etliche
starben. An eben diesem Tage verlohren wir auch
viel Pferde, theils aus Mangel an Wasser, theils
weil sie ein giftiges Kraut gefressen hatten. Aber
den Kameelen und Ochsen widerfuhr nichts, und ich
schloß daher, daß sie nicht von diesem Kraute gefres-
sen hätten.

Den 12ten marschirten wir 10 Werste, undAnkunft zu
Tarku.

kamen nach der Stadt Tarku. Der Schafkal kam
dem Kaiser auf dem halben Wege entgegen, und führ-
te ihn in die Stadt. Sie liegt an der Seite einer An-
höhe, ist ganz offen und hat keine Mauern, und un-
sere Armee campirte in einer großen Ebene unter der
Stadt. Da ich jetzt in der Hauptstadt der Dagesta-Dagestani-
sche Tar-
tarn.

nischen Tartarey angekommen bin, so will ich mich
bemühen, die Provinz so wohl als die Stadt, so viel
ich davon erfahren können, zu beschreiben. Jhr Ge-
biete gehet vom Flusse Bustrow, ihrer Gränze an
Circaßien, längs dem Berge Caucasus bis nach Der-
bent, und sie sind weder den Türken noch den Persia-
nern unterthan, sondern werden von einem Schafkal
regieret, der ihr Oberhaupt ist. Seine Würde ist
nicht erblich, sondern er wird erwählet. Das ganze
Land Dagestan ist in zwey kleine Districte oder Herr-
schaften abgetheilet, wovon jede unter der Gerichts-

barkeit

ſere Degen wieder gegeben, und uns erlaubet wurde,
dem Kaiſer die Haͤnde zu kuͤßen, der uns ſagte, daß
er bloß die Officiers von ſeinen Garden beſtraft habe,
weil ſie allen andern bey der Armee ein gutes Beyſpiel
geben ſollten. Dieſes war Strafe mit Rache. Der
arme Capitain der Grenadiers ſtarb den folgenden
Tag von dieſer Strafe, weil er ſehr dick war, und vie-
le andere wurden krank, davon ebenfalls auch etliche
ſtarben. An eben dieſem Tage verlohren wir auch
viel Pferde, theils aus Mangel an Waſſer, theils
weil ſie ein giftiges Kraut gefreſſen hatten. Aber
den Kameelen und Ochſen widerfuhr nichts, und ich
ſchloß daher, daß ſie nicht von dieſem Kraute gefreſ-
ſen haͤtten.

Den 12ten marſchirten wir 10 Werſte, undAnkunft zu
Tarku.

kamen nach der Stadt Tarku. Der Schafkal kam
dem Kaiſer auf dem halben Wege entgegen, und fuͤhr-
te ihn in die Stadt. Sie liegt an der Seite einer An-
hoͤhe, iſt ganz offen und hat keine Mauern, und un-
ſere Armee campirte in einer großen Ebene unter der
Stadt. Da ich jetzt in der Hauptſtadt der Dageſta-Dageſtani-
ſche Tar-
tarn.

niſchen Tartarey angekommen bin, ſo will ich mich
bemuͤhen, die Provinz ſo wohl als die Stadt, ſo viel
ich davon erfahren koͤnnen, zu beſchreiben. Jhr Ge-
biete gehet vom Fluſſe Buſtrow, ihrer Graͤnze an
Circaßien, laͤngs dem Berge Caucaſus bis nach Der-
bent, und ſie ſind weder den Tuͤrken noch den Perſia-
nern unterthan, ſondern werden von einem Schafkal
regieret, der ihr Oberhaupt iſt. Seine Wuͤrde iſt
nicht erblich, ſondern er wird erwaͤhlet. Das ganze
Land Dageſtan iſt in zwey kleine Diſtricte oder Herr-
ſchaften abgetheilet, wovon jede unter der Gerichts-

barkeit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0327" n="317"/>
&#x017F;ere Degen wieder gegeben, und uns erlaubet wurde,<lb/>
dem Kai&#x017F;er die Ha&#x0364;nde zu ku&#x0364;ßen, der uns &#x017F;agte, daß<lb/>
er bloß die Officiers von &#x017F;einen Garden be&#x017F;traft habe,<lb/>
weil &#x017F;ie allen andern bey der Armee ein gutes Bey&#x017F;piel<lb/>
geben &#x017F;ollten. Die&#x017F;es war Strafe mit Rache. Der<lb/>
arme Capitain der Grenadiers &#x017F;tarb den folgenden<lb/>
Tag von die&#x017F;er Strafe, weil er &#x017F;ehr dick war, und vie-<lb/>
le andere wurden krank, davon ebenfalls auch etliche<lb/>
&#x017F;tarben. An eben die&#x017F;em Tage verlohren wir auch<lb/>
viel Pferde, theils aus Mangel an Wa&#x017F;&#x017F;er, theils<lb/>
weil &#x017F;ie ein giftiges Kraut gefre&#x017F;&#x017F;en hatten. Aber<lb/>
den Kameelen und Och&#x017F;en widerfuhr nichts, und ich<lb/>
&#x017F;chloß daher, daß &#x017F;ie nicht von die&#x017F;em Kraute gefre&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en ha&#x0364;tten.</p><lb/>
        <p>Den 12ten mar&#x017F;chirten wir 10 Wer&#x017F;te, und<note place="right">Ankunft zu<lb/>
Tarku.</note><lb/>
kamen nach der Stadt <hi rendition="#fr">Tarku.</hi> Der Schafkal kam<lb/>
dem Kai&#x017F;er auf dem halben Wege entgegen, und fu&#x0364;hr-<lb/>
te ihn in die Stadt. Sie liegt an der Seite einer An-<lb/>
ho&#x0364;he, i&#x017F;t ganz offen und hat keine Mauern, und un-<lb/>
&#x017F;ere Armee campirte in einer großen Ebene unter der<lb/>
Stadt. Da ich jetzt in der Haupt&#x017F;tadt der Dage&#x017F;ta-<note place="right">Dage&#x017F;tani-<lb/>
&#x017F;che Tar-<lb/>
tarn.</note><lb/>
ni&#x017F;chen Tartarey angekommen bin, &#x017F;o will ich mich<lb/>
bemu&#x0364;hen, die Provinz &#x017F;o wohl als die Stadt, &#x017F;o viel<lb/>
ich davon erfahren ko&#x0364;nnen, zu be&#x017F;chreiben. Jhr Ge-<lb/>
biete gehet vom Flu&#x017F;&#x017F;e Bu&#x017F;trow, ihrer Gra&#x0364;nze an<lb/>
Circaßien, la&#x0364;ngs dem Berge Cauca&#x017F;us bis nach Der-<lb/>
bent, und &#x017F;ie &#x017F;ind weder den Tu&#x0364;rken noch den Per&#x017F;ia-<lb/>
nern unterthan, &#x017F;ondern werden von einem Schafkal<lb/>
regieret, der ihr Oberhaupt i&#x017F;t. Seine Wu&#x0364;rde i&#x017F;t<lb/>
nicht erblich, &#x017F;ondern er wird erwa&#x0364;hlet. Das ganze<lb/>
Land Dage&#x017F;tan i&#x017F;t in zwey kleine Di&#x017F;tricte oder Herr-<lb/>
&#x017F;chaften abgetheilet, wovon jede unter der Gerichts-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">barkeit</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[317/0327] ſere Degen wieder gegeben, und uns erlaubet wurde, dem Kaiſer die Haͤnde zu kuͤßen, der uns ſagte, daß er bloß die Officiers von ſeinen Garden beſtraft habe, weil ſie allen andern bey der Armee ein gutes Beyſpiel geben ſollten. Dieſes war Strafe mit Rache. Der arme Capitain der Grenadiers ſtarb den folgenden Tag von dieſer Strafe, weil er ſehr dick war, und vie- le andere wurden krank, davon ebenfalls auch etliche ſtarben. An eben dieſem Tage verlohren wir auch viel Pferde, theils aus Mangel an Waſſer, theils weil ſie ein giftiges Kraut gefreſſen hatten. Aber den Kameelen und Ochſen widerfuhr nichts, und ich ſchloß daher, daß ſie nicht von dieſem Kraute gefreſ- ſen haͤtten. Den 12ten marſchirten wir 10 Werſte, und kamen nach der Stadt Tarku. Der Schafkal kam dem Kaiſer auf dem halben Wege entgegen, und fuͤhr- te ihn in die Stadt. Sie liegt an der Seite einer An- hoͤhe, iſt ganz offen und hat keine Mauern, und un- ſere Armee campirte in einer großen Ebene unter der Stadt. Da ich jetzt in der Hauptſtadt der Dageſta- niſchen Tartarey angekommen bin, ſo will ich mich bemuͤhen, die Provinz ſo wohl als die Stadt, ſo viel ich davon erfahren koͤnnen, zu beſchreiben. Jhr Ge- biete gehet vom Fluſſe Buſtrow, ihrer Graͤnze an Circaßien, laͤngs dem Berge Caucaſus bis nach Der- bent, und ſie ſind weder den Tuͤrken noch den Perſia- nern unterthan, ſondern werden von einem Schafkal regieret, der ihr Oberhaupt iſt. Seine Wuͤrde iſt nicht erblich, ſondern er wird erwaͤhlet. Das ganze Land Dageſtan iſt in zwey kleine Diſtricte oder Herr- ſchaften abgetheilet, wovon jede unter der Gerichts- barkeit Ankunft zu Tarku. Dageſtani- ſche Tar- tarn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/327
Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/327>, abgerufen am 21.11.2024.