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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

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welches nahe bey ihm wächset, abfrißt, und, wenn es
abgepflückt wird, ein schönes Futter zu Mützen oder
Kleidern abgiebt. Da nun kein solches Kraut da-
selbst zu finden ist, so konnte ich nicht begreifen, wo-
her dieser Jrrthum entstanden sey. Nach einigen
Nachfragen wurde mir aber gesagt, daß diese Bara-
netz, oder Lämmchen, den Schafen, kurz vorher ehe
sie werfen, aus ihren Bäuchen geschnitten werden,
indem die Felle alsdann am schönsten sind, und die
Wolle in kurzen, glatten und schönen Locken liegt, wel-
che verschiedene Farben haben, und dunkel- und hell-
grau, schwarz und weiß sind. Die dunkelgrauen sind
die kostbarsten, und werden das Stück für 10 Schil-
linge, und die schwarzen für 5 Schillinge, die hellgrauen
aber und die weißen für eine halbe Krone verkauft. Die-
ser Zweig der Handlung trägt den Nogaischen Tar-
tarn viel ein, indem die Jndianer, Persianer und Rus-
sen so viel kaufen, als sie deren nur verschaffen können.
Jch kaufte deren für den Graf Bruce und den Gene-
ral le Fort fast für 200 Rubel von der besten Sorte.

Jch erhielt von dem General Matuskin Befehl,Rückreise
nach Mos-
kau.

so bald als möglich nach Moskau zu gehen, und dem
Kaiser meine Beschreibung des Caspischen Meeres
zu übergeben. Da es aber unmöglich ist, zu Lande
nach Saratof zu reisen, so mußte ich warten, bis die
Wolga zugefroren war. Jch fuhr den 8ten Januar
1724 in Gesellschaft verschiedener anderer von Astra-1724.
kan nach Moskau in Schlitten ab; wir waren über-
haupt 20 Mann, und alle mit Gewehren wohl ver-
sehen. Weil es aber sehr stark regnete, so fuhren
wir nur 10 Werste bis nach Saliterdwor. Da es
zwey Tage hirter einander regnete, so wurde das

Eis

welches nahe bey ihm waͤchſet, abfrißt, und, wenn es
abgepfluͤckt wird, ein ſchoͤnes Futter zu Muͤtzen oder
Kleidern abgiebt. Da nun kein ſolches Kraut da-
ſelbſt zu finden iſt, ſo konnte ich nicht begreifen, wo-
her dieſer Jrrthum entſtanden ſey. Nach einigen
Nachfragen wurde mir aber geſagt, daß dieſe Bara-
netz, oder Laͤmmchen, den Schafen, kurz vorher ehe
ſie werfen, aus ihren Baͤuchen geſchnitten werden,
indem die Felle alsdann am ſchoͤnſten ſind, und die
Wolle in kurzen, glatten und ſchoͤnen Locken liegt, wel-
che verſchiedene Farben haben, und dunkel- und hell-
grau, ſchwarz und weiß ſind. Die dunkelgrauen ſind
die koſtbarſten, und werden das Stuͤck fuͤr 10 Schil-
linge, und die ſchwarzen fuͤr 5 Schillinge, die hellgrauen
aber und die weißen fuͤr eine halbe Krone verkauft. Die-
ſer Zweig der Handlung traͤgt den Nogaiſchen Tar-
tarn viel ein, indem die Jndianer, Perſianer und Ruſ-
ſen ſo viel kaufen, als ſie deren nur verſchaffen koͤnnen.
Jch kaufte deren fuͤr den Graf Bruce und den Gene-
ral le Fort faſt fuͤr 200 Rubel von der beſten Sorte.

Jch erhielt von dem General Matuskin Befehl,Ruͤckreiſe
nach Mos-
kau.

ſo bald als moͤglich nach Moskau zu gehen, und dem
Kaiſer meine Beſchreibung des Caspiſchen Meeres
zu uͤbergeben. Da es aber unmoͤglich iſt, zu Lande
nach Saratof zu reiſen, ſo mußte ich warten, bis die
Wolga zugefroren war. Jch fuhr den 8ten Januar
1724 in Geſellſchaft verſchiedener anderer von Aſtra-1724.
kan nach Moskau in Schlitten ab; wir waren uͤber-
haupt 20 Mann, und alle mit Gewehren wohl ver-
ſehen. Weil es aber ſehr ſtark regnete, ſo fuhren
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[395/0405] welches nahe bey ihm waͤchſet, abfrißt, und, wenn es abgepfluͤckt wird, ein ſchoͤnes Futter zu Muͤtzen oder Kleidern abgiebt. Da nun kein ſolches Kraut da- ſelbſt zu finden iſt, ſo konnte ich nicht begreifen, wo- her dieſer Jrrthum entſtanden ſey. Nach einigen Nachfragen wurde mir aber geſagt, daß dieſe Bara- netz, oder Laͤmmchen, den Schafen, kurz vorher ehe ſie werfen, aus ihren Baͤuchen geſchnitten werden, indem die Felle alsdann am ſchoͤnſten ſind, und die Wolle in kurzen, glatten und ſchoͤnen Locken liegt, wel- che verſchiedene Farben haben, und dunkel- und hell- grau, ſchwarz und weiß ſind. Die dunkelgrauen ſind die koſtbarſten, und werden das Stuͤck fuͤr 10 Schil- linge, und die ſchwarzen fuͤr 5 Schillinge, die hellgrauen aber und die weißen fuͤr eine halbe Krone verkauft. Die- ſer Zweig der Handlung traͤgt den Nogaiſchen Tar- tarn viel ein, indem die Jndianer, Perſianer und Ruſ- ſen ſo viel kaufen, als ſie deren nur verſchaffen koͤnnen. Jch kaufte deren fuͤr den Graf Bruce und den Gene- ral le Fort faſt fuͤr 200 Rubel von der beſten Sorte. Jch erhielt von dem General Matuskin Befehl, ſo bald als moͤglich nach Moskau zu gehen, und dem Kaiſer meine Beſchreibung des Caspiſchen Meeres zu uͤbergeben. Da es aber unmoͤglich iſt, zu Lande nach Saratof zu reiſen, ſo mußte ich warten, bis die Wolga zugefroren war. Jch fuhr den 8ten Januar 1724 in Geſellſchaft verſchiedener anderer von Aſtra- kan nach Moskau in Schlitten ab; wir waren uͤber- haupt 20 Mann, und alle mit Gewehren wohl ver- ſehen. Weil es aber ſehr ſtark regnete, ſo fuhren wir nur 10 Werſte bis nach Saliterdwor. Da es zwey Tage hirter einander regnete, ſo wurde das Eis Ruͤckreiſe nach Mos- kau. 1724.

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Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/405>, abgerufen am 21.11.2024.