Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

neur übergaben. Da die geplünderten Kaufleute bey
ihrem Verhör sagten, daß er wirklich das Haupt der
Bande sey, so befahl der Gouverneur, ihn auf die
Tortur zu bringen, und zu einem Geständnisse zu
zwingen, wo die übrigen von seinen Mitgenossen an-
zutreffen wären; er war aber so halsstarrig, daß er
nicht auf eine einzige an ihn gethane Frage antwor-
tete. Hierauf erboten sich zwey von den beraubten
Kaufleuten, daß sie selbige aufsuchen wollten, wenn
ihnen der Gouverneur Soldaten mitgeben wollte,
und sagten, daß sie wegen des Schnees jetzt leicht
ausgespüret werden könnten. Der Gouverneur wil-
ligte sogleich darein, und gab 50 Dragonern und
eben so vielen Kosaken Befehl, aufzusitzen, und sie
zu begleiten. Sie kamen den folgenden Tag zurück
und brachten 23 Räuber nebst den den Kaufleuten gehö-
rigen Schlitten und Pferden zurück, welche sie in ei-
nem dicken Walde in Hütten nicht über 3 Meilen
weit von dem oben erwähnten Hause gefunden hatten.
Dieser Wald gehet von Osten und Westen etliche
hundert Werste in der Länge, und ist, wo er am
schmalesten ist, und wo wir durchgefahren waren,
160 Werste breit, und wird von keinem Menschen
bewohnet.

Merkwurdi-
ge Entde-
ckung einer
Stadt.

Der Gouverneur erzählte mir, daß vor ohnge-
fähr 6 Monaten ein großes Dorf oder Stadt von ih-
ren eigenen Einwohnern entdecket worden, die deswe-
gen eine Deputation an den Kaiser geschickt hätten.
Diese Stadt liegt 200 Meilen von Pense gegen
Westen, und eben so weit von jedem andern bewohn-
ten Orte. Sie liegt mitten in diesem großen Wal-
de an einem See, und hat über 2000 Familien.

Die

neur uͤbergaben. Da die gepluͤnderten Kaufleute bey
ihrem Verhoͤr ſagten, daß er wirklich das Haupt der
Bande ſey, ſo befahl der Gouverneur, ihn auf die
Tortur zu bringen, und zu einem Geſtaͤndniſſe zu
zwingen, wo die uͤbrigen von ſeinen Mitgenoſſen an-
zutreffen waͤren; er war aber ſo halsſtarrig, daß er
nicht auf eine einzige an ihn gethane Frage antwor-
tete. Hierauf erboten ſich zwey von den beraubten
Kaufleuten, daß ſie ſelbige aufſuchen wollten, wenn
ihnen der Gouverneur Soldaten mitgeben wollte,
und ſagten, daß ſie wegen des Schnees jetzt leicht
ausgeſpuͤret werden koͤnnten. Der Gouverneur wil-
ligte ſogleich darein, und gab 50 Dragonern und
eben ſo vielen Koſaken Befehl, aufzuſitzen, und ſie
zu begleiten. Sie kamen den folgenden Tag zuruͤck
und brachten 23 Raͤuber nebſt den den Kaufleuten gehoͤ-
rigen Schlitten und Pferden zuruͤck, welche ſie in ei-
nem dicken Walde in Huͤtten nicht uͤber 3 Meilen
weit von dem oben erwaͤhnten Hauſe gefunden hatten.
Dieſer Wald gehet von Oſten und Weſten etliche
hundert Werſte in der Laͤnge, und iſt, wo er am
ſchmaleſten iſt, und wo wir durchgefahren waren,
160 Werſte breit, und wird von keinem Menſchen
bewohnet.

Merkwůrdi-
ge Entde-
ckung einer
Stadt.

Der Gouverneur erzaͤhlte mir, daß vor ohnge-
faͤhr 6 Monaten ein großes Dorf oder Stadt von ih-
ren eigenen Einwohnern entdecket worden, die deswe-
gen eine Deputation an den Kaiſer geſchickt haͤtten.
Dieſe Stadt liegt 200 Meilen von Penſe gegen
Weſten, und eben ſo weit von jedem andern bewohn-
ten Orte. Sie liegt mitten in dieſem großen Wal-
de an einem See, und hat uͤber 2000 Familien.

Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0412" n="402"/>
neur u&#x0364;bergaben. Da die geplu&#x0364;nderten Kaufleute bey<lb/>
ihrem Verho&#x0364;r &#x017F;agten, daß er wirklich das Haupt der<lb/>
Bande &#x017F;ey, &#x017F;o befahl der Gouverneur, ihn auf die<lb/>
Tortur zu bringen, und zu einem Ge&#x017F;ta&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;e zu<lb/>
zwingen, wo die u&#x0364;brigen von &#x017F;einen Mitgeno&#x017F;&#x017F;en an-<lb/>
zutreffen wa&#x0364;ren; er war aber &#x017F;o hals&#x017F;tarrig, daß er<lb/>
nicht auf eine einzige an ihn gethane Frage antwor-<lb/>
tete. Hierauf erboten &#x017F;ich zwey von den beraubten<lb/>
Kaufleuten, daß &#x017F;ie &#x017F;elbige auf&#x017F;uchen wollten, wenn<lb/>
ihnen der Gouverneur Soldaten mitgeben wollte,<lb/>
und &#x017F;agten, daß &#x017F;ie wegen des Schnees jetzt leicht<lb/>
ausge&#x017F;pu&#x0364;ret werden ko&#x0364;nnten. Der Gouverneur wil-<lb/>
ligte &#x017F;ogleich darein, und gab 50 Dragonern und<lb/>
eben &#x017F;o vielen Ko&#x017F;aken Befehl, aufzu&#x017F;itzen, und &#x017F;ie<lb/>
zu begleiten. Sie kamen den folgenden Tag zuru&#x0364;ck<lb/>
und brachten 23 Ra&#x0364;uber neb&#x017F;t den den Kaufleuten geho&#x0364;-<lb/>
rigen Schlitten und Pferden zuru&#x0364;ck, welche &#x017F;ie in ei-<lb/>
nem dicken Walde in Hu&#x0364;tten nicht u&#x0364;ber 3 Meilen<lb/>
weit von dem oben erwa&#x0364;hnten Hau&#x017F;e gefunden hatten.<lb/>
Die&#x017F;er Wald gehet von O&#x017F;ten und We&#x017F;ten etliche<lb/>
hundert Wer&#x017F;te in der La&#x0364;nge, und i&#x017F;t, wo er am<lb/>
&#x017F;chmale&#x017F;ten i&#x017F;t, und wo wir durchgefahren waren,<lb/>
160 Wer&#x017F;te breit, und wird von keinem Men&#x017F;chen<lb/>
bewohnet.</p><lb/>
        <note place="left">Merkw&#x016F;rdi-<lb/>
ge Entde-<lb/>
ckung einer<lb/>
Stadt.</note>
        <p>Der Gouverneur erza&#x0364;hlte mir, daß vor ohnge-<lb/>
fa&#x0364;hr 6 Monaten ein großes Dorf oder Stadt von ih-<lb/>
ren eigenen Einwohnern entdecket worden, die deswe-<lb/>
gen eine Deputation an den Kai&#x017F;er ge&#x017F;chickt ha&#x0364;tten.<lb/>
Die&#x017F;e Stadt liegt 200 Meilen von Pen&#x017F;e gegen<lb/>
We&#x017F;ten, und eben &#x017F;o weit von jedem andern bewohn-<lb/>
ten Orte. Sie liegt mitten in die&#x017F;em großen Wal-<lb/>
de an einem See, und hat u&#x0364;ber 2000 Familien.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[402/0412] neur uͤbergaben. Da die gepluͤnderten Kaufleute bey ihrem Verhoͤr ſagten, daß er wirklich das Haupt der Bande ſey, ſo befahl der Gouverneur, ihn auf die Tortur zu bringen, und zu einem Geſtaͤndniſſe zu zwingen, wo die uͤbrigen von ſeinen Mitgenoſſen an- zutreffen waͤren; er war aber ſo halsſtarrig, daß er nicht auf eine einzige an ihn gethane Frage antwor- tete. Hierauf erboten ſich zwey von den beraubten Kaufleuten, daß ſie ſelbige aufſuchen wollten, wenn ihnen der Gouverneur Soldaten mitgeben wollte, und ſagten, daß ſie wegen des Schnees jetzt leicht ausgeſpuͤret werden koͤnnten. Der Gouverneur wil- ligte ſogleich darein, und gab 50 Dragonern und eben ſo vielen Koſaken Befehl, aufzuſitzen, und ſie zu begleiten. Sie kamen den folgenden Tag zuruͤck und brachten 23 Raͤuber nebſt den den Kaufleuten gehoͤ- rigen Schlitten und Pferden zuruͤck, welche ſie in ei- nem dicken Walde in Huͤtten nicht uͤber 3 Meilen weit von dem oben erwaͤhnten Hauſe gefunden hatten. Dieſer Wald gehet von Oſten und Weſten etliche hundert Werſte in der Laͤnge, und iſt, wo er am ſchmaleſten iſt, und wo wir durchgefahren waren, 160 Werſte breit, und wird von keinem Menſchen bewohnet. Der Gouverneur erzaͤhlte mir, daß vor ohnge- faͤhr 6 Monaten ein großes Dorf oder Stadt von ih- ren eigenen Einwohnern entdecket worden, die deswe- gen eine Deputation an den Kaiſer geſchickt haͤtten. Dieſe Stadt liegt 200 Meilen von Penſe gegen Weſten, und eben ſo weit von jedem andern bewohn- ten Orte. Sie liegt mitten in dieſem großen Wal- de an einem See, und hat uͤber 2000 Familien. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/412
Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/412>, abgerufen am 24.11.2024.