Jch machte den Tag nach meiner Ankunft dem Fürsten Menzikof meine Aufwartung, der mir be- fahl, mit ihm zum Kaiser zu gehen. Nachdem ich eine Viertelstunde im Vorzimmer gewartet hatte, wurde ich hinein gerufen, und fand den Kaiser, nebst dem Herzoge von Holstein, den Admiral Apraxin, den Kanzler Golofkin, und die Fürsten Galitzin, Dolgoruki und Romadanofski, die ihm seine Auf- wartung machten. Der Kaiser gieng die Karte von dem Caspischen Meere, dessen Baien, Meerbu- sen und Tiefen sehr genau durch, und that viele Fra- gen an mich, besonders von dem Flusse Daria, von dem ich ihm eine Zeichnung vorlegte, mit der er sehr wohl zufrieden zu seyn schien, da sie ihm die Lage die- ses Flusses vorstellte, die sich sehr wohl zu einer Fe- stung und sichern Hafen schickte, die wider alle Unter- nehmungen der Usbeckischen Tartarn sicher genug seyn können. Der Kaiser erzählte hierauf dem Her- zoge von Holstein kürzlich den unglücklichen Zug des Fürsten von Beckewitz, und fügte hinzu, daß, wenn er Geduld gehabt hätte, bis er sich fest gesetzt gehabt, und sich nicht von den betrügerischen Tartarn hinter- gehen lassen, er jetzt diesen Fluß nebst den Goldgru- ben völlig in seiner Gewalt haben könne. Da er aber nunmehr die Provinzen auf der entgegengesetzten Seite des Caspischen Meeres völlig besetze, so sey er doch noch gesonnen, eine Colonie an diesem Orte zu errichten, und Festungen an den Ufern dieses Flusses bis an die Bergwerke, selbige zu decken, an- zulegen. Die Festungen könnten aus den benach- barten Provinzen leicht mit Proviant versehen wer- den, ohne im geringsten in Ansehung derselben von
den
Jch machte den Tag nach meiner Ankunft dem Fuͤrſten Menzikof meine Aufwartung, der mir be- fahl, mit ihm zum Kaiſer zu gehen. Nachdem ich eine Viertelſtunde im Vorzimmer gewartet hatte, wurde ich hinein gerufen, und fand den Kaiſer, nebſt dem Herzoge von Holſtein, den Admiral Apraxin, den Kanzler Golofkin, und die Fuͤrſten Galitzin, Dolgoruki und Romadanofski, die ihm ſeine Auf- wartung machten. Der Kaiſer gieng die Karte von dem Caspiſchen Meere, deſſen Baien, Meerbu- ſen und Tiefen ſehr genau durch, und that viele Fra- gen an mich, beſonders von dem Fluſſe Daria, von dem ich ihm eine Zeichnung vorlegte, mit der er ſehr wohl zufrieden zu ſeyn ſchien, da ſie ihm die Lage die- ſes Fluſſes vorſtellte, die ſich ſehr wohl zu einer Fe- ſtung und ſichern Hafen ſchickte, die wider alle Unter- nehmungen der Usbeckiſchen Tartarn ſicher genug ſeyn koͤnnen. Der Kaiſer erzaͤhlte hierauf dem Her- zoge von Holſtein kuͤrzlich den ungluͤcklichen Zug des Fuͤrſten von Beckewitz, und fuͤgte hinzu, daß, wenn er Geduld gehabt haͤtte, bis er ſich feſt geſetzt gehabt, und ſich nicht von den betruͤgeriſchen Tartarn hinter- gehen laſſen, er jetzt dieſen Fluß nebſt den Goldgru- ben voͤllig in ſeiner Gewalt haben koͤnne. Da er aber nunmehr die Provinzen auf der entgegengeſetzten Seite des Caspiſchen Meeres voͤllig beſetze, ſo ſey er doch noch geſonnen, eine Colonie an dieſem Orte zu errichten, und Feſtungen an den Ufern dieſes Fluſſes bis an die Bergwerke, ſelbige zu decken, an- zulegen. Die Feſtungen koͤnnten aus den benach- barten Provinzen leicht mit Proviant verſehen wer- den, ohne im geringſten in Anſehung derſelben von
den
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0416"n="406"/><p>Jch machte den Tag nach meiner Ankunft dem<lb/>
Fuͤrſten Menzikof meine Aufwartung, der mir be-<lb/>
fahl, mit ihm zum Kaiſer zu gehen. Nachdem ich<lb/>
eine Viertelſtunde im Vorzimmer gewartet hatte,<lb/>
wurde ich hinein gerufen, und fand den Kaiſer, nebſt<lb/>
dem Herzoge von Holſtein, den Admiral Apraxin,<lb/>
den Kanzler Golofkin, und die Fuͤrſten Galitzin,<lb/>
Dolgoruki und Romadanofski, die ihm ſeine Auf-<lb/>
wartung machten. Der Kaiſer gieng die Karte<lb/>
von dem Caspiſchen Meere, deſſen Baien, Meerbu-<lb/>ſen und Tiefen ſehr genau durch, und that viele Fra-<lb/>
gen an mich, beſonders von dem Fluſſe Daria, von<lb/>
dem ich ihm eine Zeichnung vorlegte, mit der er ſehr<lb/>
wohl zufrieden zu ſeyn ſchien, da ſie ihm die Lage die-<lb/>ſes Fluſſes vorſtellte, die ſich ſehr wohl zu einer Fe-<lb/>ſtung und ſichern Hafen ſchickte, die wider alle Unter-<lb/>
nehmungen der Usbeckiſchen Tartarn ſicher genug<lb/>ſeyn koͤnnen. Der Kaiſer erzaͤhlte hierauf dem Her-<lb/>
zoge von Holſtein kuͤrzlich den ungluͤcklichen Zug des<lb/>
Fuͤrſten von Beckewitz, und fuͤgte hinzu, daß, wenn<lb/>
er Geduld gehabt haͤtte, bis er ſich feſt geſetzt gehabt,<lb/>
und ſich nicht von den betruͤgeriſchen Tartarn hinter-<lb/>
gehen laſſen, er jetzt dieſen Fluß nebſt den Goldgru-<lb/>
ben voͤllig in ſeiner Gewalt haben koͤnne. Da er<lb/>
aber nunmehr die Provinzen auf der entgegengeſetzten<lb/>
Seite des Caspiſchen Meeres voͤllig beſetze, ſo ſey<lb/>
er doch noch geſonnen, eine Colonie an dieſem Orte<lb/>
zu errichten, und Feſtungen an den Ufern dieſes<lb/>
Fluſſes bis an die Bergwerke, ſelbige zu decken, an-<lb/>
zulegen. Die Feſtungen koͤnnten aus den benach-<lb/>
barten Provinzen leicht mit Proviant verſehen wer-<lb/>
den, ohne im geringſten in Anſehung derſelben von<lb/><fwplace="bottom"type="catch">den</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[406/0416]
Jch machte den Tag nach meiner Ankunft dem
Fuͤrſten Menzikof meine Aufwartung, der mir be-
fahl, mit ihm zum Kaiſer zu gehen. Nachdem ich
eine Viertelſtunde im Vorzimmer gewartet hatte,
wurde ich hinein gerufen, und fand den Kaiſer, nebſt
dem Herzoge von Holſtein, den Admiral Apraxin,
den Kanzler Golofkin, und die Fuͤrſten Galitzin,
Dolgoruki und Romadanofski, die ihm ſeine Auf-
wartung machten. Der Kaiſer gieng die Karte
von dem Caspiſchen Meere, deſſen Baien, Meerbu-
ſen und Tiefen ſehr genau durch, und that viele Fra-
gen an mich, beſonders von dem Fluſſe Daria, von
dem ich ihm eine Zeichnung vorlegte, mit der er ſehr
wohl zufrieden zu ſeyn ſchien, da ſie ihm die Lage die-
ſes Fluſſes vorſtellte, die ſich ſehr wohl zu einer Fe-
ſtung und ſichern Hafen ſchickte, die wider alle Unter-
nehmungen der Usbeckiſchen Tartarn ſicher genug
ſeyn koͤnnen. Der Kaiſer erzaͤhlte hierauf dem Her-
zoge von Holſtein kuͤrzlich den ungluͤcklichen Zug des
Fuͤrſten von Beckewitz, und fuͤgte hinzu, daß, wenn
er Geduld gehabt haͤtte, bis er ſich feſt geſetzt gehabt,
und ſich nicht von den betruͤgeriſchen Tartarn hinter-
gehen laſſen, er jetzt dieſen Fluß nebſt den Goldgru-
ben voͤllig in ſeiner Gewalt haben koͤnne. Da er
aber nunmehr die Provinzen auf der entgegengeſetzten
Seite des Caspiſchen Meeres voͤllig beſetze, ſo ſey
er doch noch geſonnen, eine Colonie an dieſem Orte
zu errichten, und Feſtungen an den Ufern dieſes
Fluſſes bis an die Bergwerke, ſelbige zu decken, an-
zulegen. Die Feſtungen koͤnnten aus den benach-
barten Provinzen leicht mit Proviant verſehen wer-
den, ohne im geringſten in Anſehung derſelben von
den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/416>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.