Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

daß er schwer sprach. Als er, da er noch sehr jung
war, mit seinem Vetter, dem Könige von Schwe-
den, eine Wintercampagne in Pohlen machte, wo es
sehr kalt war, und den König die Kälte so gleichgül-
tig ertragen sahe, schämte er sich, darüber zu klagen,
bis seine Zehen so erfroren waren, daß er sich etliche
derselben mußte ablösen lassen. Der Prinz war sehr
gesprächig und aufgeweckt, und zu allen Arten vom
Vergnügen geneigt. Er wohnte jetzt in der Jnoi-
semka Slaboda (oder der Gegend der Fremden).
Es wurden alle Arten von Vergnügen zu seinem
Zeitvertreibe angestellt; besonders hatte er einen gros-
sen Gefallen an englischen Bauertänzen, und da ich
diese sehr wohl konnte, so war ich bey denselben alle-
mal der nächste bey ihm.

Jch hatte das Glück ihm so zu gefallen, daß er
mich auch fragte, ob ich in seine Dienste gehen wollte.
Jch antwortete, daß ich die Ehre mit vielem Ver-
gnügen annehmen wolle, wenn ich meinen Abschied von
dem Kaiser bekommen könnte; er sagte hierauf, daß er
mit dem Fürsten Menzikof davon sprechen wollte, wel-
ches er auch den folgenden Tag that, und von dem
Fürsten die Antwort erhielt, daß es der Kaiser auf
sein Ansuchen thun würde, ob er gleich gesonnen sey,
mich zu einer Expedition über das Caspische Meer zu
schicken, den Hafen an der Mündung des Daria zu
befestigen und sicher zu machen, welche Nachricht mir
alle Hoffnung benahm. Dieses machte, daß ich den
Entschluß faßte, mich aus diesem Stande der Scla-
verey, aus welchem keiner, der nur einigen Nutzen
schaffte, mit Ehren kommen konnte, zu befreyen, es
möchte auch kosten, was es wolle.

Bey
C c 5

daß er ſchwer ſprach. Als er, da er noch ſehr jung
war, mit ſeinem Vetter, dem Koͤnige von Schwe-
den, eine Wintercampagne in Pohlen machte, wo es
ſehr kalt war, und den Koͤnig die Kaͤlte ſo gleichguͤl-
tig ertragen ſahe, ſchaͤmte er ſich, daruͤber zu klagen,
bis ſeine Zehen ſo erfroren waren, daß er ſich etliche
derſelben mußte abloͤſen laſſen. Der Prinz war ſehr
geſpraͤchig und aufgeweckt, und zu allen Arten vom
Vergnuͤgen geneigt. Er wohnte jetzt in der Jnoi-
ſemka Slaboda (oder der Gegend der Fremden).
Es wurden alle Arten von Vergnuͤgen zu ſeinem
Zeitvertreibe angeſtellt; beſonders hatte er einen groſ-
ſen Gefallen an engliſchen Bauertaͤnzen, und da ich
dieſe ſehr wohl konnte, ſo war ich bey denſelben alle-
mal der naͤchſte bey ihm.

Jch hatte das Gluͤck ihm ſo zu gefallen, daß er
mich auch fragte, ob ich in ſeine Dienſte gehen wollte.
Jch antwortete, daß ich die Ehre mit vielem Ver-
gnuͤgen annehmen wolle, wenn ich meinen Abſchied von
dem Kaiſer bekommen koͤnnte; er ſagte hierauf, daß er
mit dem Fuͤrſten Menzikof davon ſprechen wollte, wel-
ches er auch den folgenden Tag that, und von dem
Fuͤrſten die Antwort erhielt, daß es der Kaiſer auf
ſein Anſuchen thun wuͤrde, ob er gleich geſonnen ſey,
mich zu einer Expedition uͤber das Caspiſche Meer zu
ſchicken, den Hafen an der Muͤndung des Daria zu
befeſtigen und ſicher zu machen, welche Nachricht mir
alle Hoffnung benahm. Dieſes machte, daß ich den
Entſchluß faßte, mich aus dieſem Stande der Scla-
verey, aus welchem keiner, der nur einigen Nutzen
ſchaffte, mit Ehren kommen konnte, zu befreyen, es
moͤchte auch koſten, was es wolle.

Bey
C c 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0419" n="409"/>
daß er &#x017F;chwer &#x017F;prach. Als er, da er noch &#x017F;ehr jung<lb/>
war, mit &#x017F;einem Vetter, dem Ko&#x0364;nige von Schwe-<lb/>
den, eine Wintercampagne in Pohlen machte, wo es<lb/>
&#x017F;ehr kalt war, und den Ko&#x0364;nig die Ka&#x0364;lte &#x017F;o gleichgu&#x0364;l-<lb/>
tig ertragen &#x017F;ahe, &#x017F;cha&#x0364;mte er &#x017F;ich, daru&#x0364;ber zu klagen,<lb/>
bis &#x017F;eine Zehen &#x017F;o erfroren waren, daß er &#x017F;ich etliche<lb/>
der&#x017F;elben mußte ablo&#x0364;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en. Der Prinz war &#x017F;ehr<lb/>
ge&#x017F;pra&#x0364;chig und aufgeweckt, und zu allen Arten vom<lb/>
Vergnu&#x0364;gen geneigt. Er wohnte jetzt in der Jnoi-<lb/>
&#x017F;emka Slaboda (oder der Gegend der Fremden).<lb/>
Es wurden alle Arten von Vergnu&#x0364;gen zu &#x017F;einem<lb/>
Zeitvertreibe ange&#x017F;tellt; be&#x017F;onders hatte er einen gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Gefallen an engli&#x017F;chen Bauerta&#x0364;nzen, und da ich<lb/>
die&#x017F;e &#x017F;ehr wohl konnte, &#x017F;o war ich bey den&#x017F;elben alle-<lb/>
mal der na&#x0364;ch&#x017F;te bey ihm.</p><lb/>
        <p>Jch hatte das Glu&#x0364;ck ihm &#x017F;o zu gefallen, daß er<lb/>
mich auch fragte, ob ich in &#x017F;eine Dien&#x017F;te gehen wollte.<lb/>
Jch antwortete, daß ich die Ehre mit vielem Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gen annehmen wolle, wenn ich meinen Ab&#x017F;chied von<lb/>
dem Kai&#x017F;er bekommen ko&#x0364;nnte; er &#x017F;agte hierauf, daß er<lb/>
mit dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten Menzikof davon &#x017F;prechen wollte, wel-<lb/>
ches er auch den folgenden Tag that, und von dem<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten die Antwort erhielt, daß es der Kai&#x017F;er auf<lb/>
&#x017F;ein An&#x017F;uchen thun wu&#x0364;rde, ob er gleich ge&#x017F;onnen &#x017F;ey,<lb/>
mich zu einer Expedition u&#x0364;ber das Caspi&#x017F;che Meer zu<lb/>
&#x017F;chicken, den Hafen an der Mu&#x0364;ndung des Daria zu<lb/>
befe&#x017F;tigen und &#x017F;icher zu machen, welche Nachricht mir<lb/>
alle Hoffnung benahm. Die&#x017F;es machte, daß ich den<lb/>
Ent&#x017F;chluß faßte, mich aus die&#x017F;em Stande der Scla-<lb/>
verey, aus welchem keiner, der nur einigen Nutzen<lb/>
&#x017F;chaffte, mit Ehren kommen konnte, zu befreyen, es<lb/>
mo&#x0364;chte auch ko&#x017F;ten, was es wolle.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">C c 5</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Bey</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[409/0419] daß er ſchwer ſprach. Als er, da er noch ſehr jung war, mit ſeinem Vetter, dem Koͤnige von Schwe- den, eine Wintercampagne in Pohlen machte, wo es ſehr kalt war, und den Koͤnig die Kaͤlte ſo gleichguͤl- tig ertragen ſahe, ſchaͤmte er ſich, daruͤber zu klagen, bis ſeine Zehen ſo erfroren waren, daß er ſich etliche derſelben mußte abloͤſen laſſen. Der Prinz war ſehr geſpraͤchig und aufgeweckt, und zu allen Arten vom Vergnuͤgen geneigt. Er wohnte jetzt in der Jnoi- ſemka Slaboda (oder der Gegend der Fremden). Es wurden alle Arten von Vergnuͤgen zu ſeinem Zeitvertreibe angeſtellt; beſonders hatte er einen groſ- ſen Gefallen an engliſchen Bauertaͤnzen, und da ich dieſe ſehr wohl konnte, ſo war ich bey denſelben alle- mal der naͤchſte bey ihm. Jch hatte das Gluͤck ihm ſo zu gefallen, daß er mich auch fragte, ob ich in ſeine Dienſte gehen wollte. Jch antwortete, daß ich die Ehre mit vielem Ver- gnuͤgen annehmen wolle, wenn ich meinen Abſchied von dem Kaiſer bekommen koͤnnte; er ſagte hierauf, daß er mit dem Fuͤrſten Menzikof davon ſprechen wollte, wel- ches er auch den folgenden Tag that, und von dem Fuͤrſten die Antwort erhielt, daß es der Kaiſer auf ſein Anſuchen thun wuͤrde, ob er gleich geſonnen ſey, mich zu einer Expedition uͤber das Caspiſche Meer zu ſchicken, den Hafen an der Muͤndung des Daria zu befeſtigen und ſicher zu machen, welche Nachricht mir alle Hoffnung benahm. Dieſes machte, daß ich den Entſchluß faßte, mich aus dieſem Stande der Scla- verey, aus welchem keiner, der nur einigen Nutzen ſchaffte, mit Ehren kommen konnte, zu befreyen, es moͤchte auch koſten, was es wolle. Bey C c 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/419
Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/419>, abgerufen am 21.11.2024.